Tiflis . Nach dem 2:0 in der EM-Qualifikation gegen Georgien sieht der Bundestrainer den Weltmeister wieder auf Kurs. Aber ein Ärgernis bleibt.

Abhaken und angreifen: Auf dem vierstündigen Rückflug aus dem Regen in Georgien ins sonnige Frankfurt diskutierten die Fußball-Weltmeister schon wieder andere Themen als den Pflichtsieg in Tiflis. Mit drei Punkten im Gepäck und der Zugabe des für die eigenen EM-Ambitionen günstigen 1:1 zwischen Polen und Irland konnte die deutsche Nationalmannschaft die Reise nach Vorderasien als gelungen verbuchen, auch wenn der Glanz aus dem WM-Sommer weiter fehlte. „Gegen Gibraltar werden wir gewinnen. Und dann werden die Kräfte bei uns wieder gebündelt im zweiten halben Jahr, wenn wir im September, Oktober und November die Spiele haben. Erfahrungsgemäß sind wir dann besser in Form“, sagte Joachim Löw beim Blick voraus auf die nächsten Pflichtspiele in der Qualifikation für die EM 2016.

Der Bundestrainer konnte nach der ersten Länderspiel-Woche des Jahres sein Personal um den zurückgekehrten Kapitän Bastian Schweinsteiger entspannt in die anstehenden Club-Aufgaben verabschieden. „Jetzt geht es um die Endphase, alle haben Ziele, die sie erreichen müssen“, erklärte Löw, der sich selbst zunächst wieder in die Beobachterrolle zurückziehen muss.

Bayern holt Spieler per Learjet zurück

Die Dortmunder Fraktion um Marco Reus, der nicht nur durch sein wichtiges 1:0 in der Boris Paichadze Dinamo Arena der beste Spieler war, und die Münchner Gruppe um den zweiten Torschützen Thomas Müller kämpfen am Sonnabend in der Bundesliga wieder gegeneinander. Der FC Bayern holte zur besseren Vorbereitung seine fünf Spieler schon am Sonntagabend mit einem Learjet aus Tiflis zurück nach München.

+++ Die Einzelkritik der DFB-Elf +++

Das 900. Länderspiel sorgte dafür, dass Schweinsteiger und Co. auf dem Weg zur EM 2016 alles selbst in der Hand haben. „Es war ein guter Schritt. Aber es ist erst der Anfang, mehr nicht“, sagte der Münchner Jérome Boateng, der mit dem BVB-Kollegen Mats Hummels die Offensivkräfte in Georgien wirkungsvoll abgesichert hatte. Zur Halbzeit der EM-Qualifikation liegt Deutschland nun mit zehn Punkten nur noch einen Zähler hinter Spitzenreiter Polen (11) und gleichauf mit dem Zweiten Schottland. Irland (8) fiel auf Platz vier zurück. „Wir wollen Tabellenführer werden. Wir sind Weltmeister, wir wissen, was wir können. Jetzt kommen wichtige Spiele, die wir auch erfolgreich bestreiten wollen und das werden wir auch tun“, betonte Boateng.

Löw mit der ersten Hälfte zufrieden

Vor allem mit der Vorstellung in der ersten Hälfte vor den 54.549 Zuschauern im später merklich abgekühlten Hexenkessel von Tiflis zeigte sich Löw „sehr zufrieden, weil die Mannschaft da sehr konsequent nach vorne agiert hat, sehr dynamisch gespielt hat mit viel Druck aufs Tor“, analysierte er den Auftritt beim 126. der Weltrangliste. „Wir hätten vielleicht früher noch das 3:0 machen müssen, den Sack zumachen müssen. Dann könnten wir noch zufriedener sein als wir es sind“, sagte WM-Finaltorschütze Mario Götze.

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Sein Zusammenspiel mit Reus war einer der Schlüssel zum dritten Sieg in der laufenden EM-Ausscheidung. „Wir verstehen uns gut auf dem Platz und neben dem Platz. Aber auch mit Mesut Özil ist es super zu spielen, mit Thomas Müller. Man hat gesehen, dass wir Spaß hatten. Wir hätten gerne noch höher gewonnen“, resümierte Götze. An der Problematik der fehlenden Abschluss-Effektivität muss und will Löw noch intensiv arbeiten. „Wir spielen jetzt im Sommer einen Test gegen die USA. Da ist für mich wieder die Möglichkeit, das eine oder andere auszuprobieren“, bemerkte der 55-Jährige.

Schweinsteiger und Kroos fehlt Inspiration

„Gegen eine sehr tief stehende Mannschaft ist es immer schwer zu spielen. Wir müssen uns noch verbessern, gerade für die nächsten Aufgaben. Aber wir haben noch Zeit und ich bin guter Dinge“, meinte Schweinsteiger. Wie sein Mittelfeld-Nebenmann Toni Kroos fehlte dem 30 Jahre alten Münchner die Inspiration aus den WM-Tagen von Brasilien. Löw aber sieht weiter vor allem Schweinsteigers Wert für kommende große Spiele: „Er hat jetzt wieder diesen Rhythmus und die Erfahrung. Damit kann er der Mannschaft schon entscheidend helfen. Er ist der Kapitän, er hat natürlich viel Einfluss in der Mannschaft.“

Deutschland fährt Pflichtsieg in Georgien ein

Minütlich grüßt der Flitzer: Entfesselte georgische Fans sorgten im EM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland für eine skurrile Randnote
Minütlich grüßt der Flitzer: Entfesselte georgische Fans sorgten im EM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland für eine skurrile Randnote © dpa
Thomas Müller erzielte kurz vor der Pause das 2:0 für Deutschland in Georgien. Es war zugleich der Endstand
Thomas Müller erzielte kurz vor der Pause das 2:0 für Deutschland in Georgien. Es war zugleich der Endstand © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Zuvor erzielte Marco Reus in der 39. Minute die überfällige Führung
Zuvor erzielte Marco Reus in der 39. Minute die überfällige Führung © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Jubel bei der deutschen Nationalmannschaft über den dritten Sieg in der EM-Qualifikation
Jubel bei der deutschen Nationalmannschaft über den dritten Sieg in der EM-Qualifikation © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Bastian Schweinsteiger führte Deutschland erstmals als Kapitän an
Bastian Schweinsteiger führte Deutschland erstmals als Kapitän an © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Thomas Müller im Kopfballduell mit Georgiens Lasha Dvali
Thomas Müller im Kopfballduell mit Georgiens Lasha Dvali © dpa | Arne Dedert
Jerome Boateng räumt gegen Levan Mchedlidze ab. Der Münchner machte ein starkes Spiel in der Innenverteidigung
Jerome Boateng räumt gegen Levan Mchedlidze ab. Der Münchner machte ein starkes Spiel in der Innenverteidigung © dpa | Arne Dedert
Gemeinsam mit Abwehrpartner Mats Hummels sorgte Boateng (nicht im Bild) dafür, dass hinten die Null stand
Gemeinsam mit Abwehrpartner Mats Hummels sorgte Boateng (nicht im Bild) dafür, dass hinten die Null stand © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Mario Götze war die Sturmspitze einer offensivfreudigen deutschen Mannschaft
Mario Götze war die Sturmspitze einer offensivfreudigen deutschen Mannschaft © Bongarts/Getty Images | Matthias Hangst
Toni Kroos spielte auf der Doppel-Sechs an der Seite von Schweinsteiger
Toni Kroos spielte auf der Doppel-Sechs an der Seite von Schweinsteiger © AFP | PATRIK STOLLARZ
Georgien in Ballbesitz - ein seltenes Bild
Georgien in Ballbesitz - ein seltenes Bild © dpa | Zurab Kurtsikidze
Jonas Hector und Marco Reus setzen Mchedlidze unter Druck. Das Pressing der deutschen Nationalmannschaft klappte hervorragend
Jonas Hector und Marco Reus setzen Mchedlidze unter Druck. Das Pressing der deutschen Nationalmannschaft klappte hervorragend © dpa | Zurab Kurtsikidze
Marco Reus vergab in der Anfangsphase zwei Reisenchancen
Marco Reus vergab in der Anfangsphase zwei Reisenchancen © dpa | Arne Dedert
Thomas Müller war sehr präsent auf dem Platz
Thomas Müller war sehr präsent auf dem Platz © dpa | Arne Dedert
Sebastian Rudy verfolgt Tornike Okriashvili
Sebastian Rudy verfolgt Tornike Okriashvili © dpa | Arne Dedert
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Der Bundestrainer versprach für den „heißen Herbst“ in der EM-Ausscheidung mit den Auswärtsspielen in Schottland und Irland sowie dem Heimmatch gegen Polen Besserung in allen Bereichen: „Weil wir mehr Möglichkeiten haben, zusammenzuspielen und zu trainieren.“ Allerdings sieht Löw den nächsten Termin unmittelbar nach der Saison und dem Pokalfinale sowie dem Champions-League-Endspiel „nicht unbedingt als glücklich“ an, „weil die Spieler, die gerade bei der WM dabei waren, normalerweise einen längeren Urlaub verdient hätten“.

Neuer will genau so weitermachen

Doch die Champions von Rio kennen ihre Aufgabe: „Im Juni sind noch mal die drei Punkte gegen Gibraltar wichtig, dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus“, sagte Götze zum Abschied. Bayern-Kollege Manuel Neuer ergänzte: „So müssen wir in der Qualifikation weitermachen. Anfang der neuen Saison werden wir dann die frischen Kräfte brauchen, um gegen stärkere Gegner zu bestehen.“

Das Schema

Georgien: Loria/OF Iraklion (29 Jahre/31 Länderspiele) - Lobjanidse/Omonia Nikosia (28/40), Kwerkwelia/Rubin Kasan (23/9), Amisulaschwili/Inter Baku(32/37) ab 4. Dwali/Kasimpasa Istanbul (19/1), Kaschia/Vitesse Arnheim (27/35), Nawalowski/FK Tosno (28/4) - Kankawa/Dnejpr Dnjepropetrowsk (29/54), Macharadse/Paschaktor Taschkent (27/2) ab 63. Kenia/Slavia Prag (24/24) - Kobachidse/Wolin Lusk (28/24), Mschedlidse/FC Empoli (25/25), Okriaschwili/KRC Genk (23/20) ab 46. Tschanturia/CFR Cluj (21/6). - Trainer: Zachadse

Deutschland: Neuer (29 Jahre/58 Länderspiele) - Rudy/1899 Hoffenheim (25/7), 17 Jerome Boateng/Bayern München (26/51), Hummels/Borussia Dortmund (26/39), Hector/1. FC Köln (24/3) - Schweinsteiger/Bayern München (30/109), Kroos/Real Madrid (25/58) - Müller/Bayern (25/63) ab 86. Schürrle/VfL Wolfsburg (24/44), Özil/FC Arsenal (26/64), Reus/Borussia Dortmund (25/25) - Götze/Bayern München (22/43) ab 87. Podolski/Inter Mailand (29/123). - Trainer: Löw

Schiedsrichter: Clément Turpin (Frankreich)

Tore: 0:1 Reus (39.), 0:2 Müller (44.)

Zuschauer: 54.549 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Macharadse, Tschanturia -