Der DFB-Sportdirektor wechselt zum FC Bayern und ersetzt dort Christian Nerlinger, der nach zwei Jahren keinen Titel verbuchen konnte.

München. Nach zwei Jahren ohne Titelgewinn beginnt der FC Bayern München die neue Saison mit einem Paukenschlag. Matthias Sammer, 44, wird ab sofort als neuer Sportvorstand die Geschicke beim deutschen Rekordmeister in die Hand nehmen. 53 Tage vor der neuen Saison überraschten die Münchner gestern mit der brisantesten Personalie des Fußballsommers und forcierten ihren Großangriff auf Double-Gewinner Borussia Dortmund. Sammer hatte seit dem 1. April 2006 als Sportdirektor für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) gearbeitet. Beim FC Bayern wird der Europameister von 1996 Nachfolger von Christian Nerlinger, 39, der intern schon seit längerer Zeit in der Kritik stand.

Gestern teilte der Verein mit, dass "bei der Aufarbeitung der zurückliegenden Saison zwischen Aufsichtsrat und Vorstand sowie Sportdirektor Christian Nerlinger unterschiedliche Auffassungen über das Konzept für die Zukunft der Mannschaft deutlich" geworden seien. Die Entscheidung, sich von Nerlinger zu trennen, sei schon vor der EM gefallen, man habe die Nachricht jedoch zurückgehalten, um keine Unruhe aufkommen zu lassen. Die abschließenden Gespräche mit Sammer seien am vergangenen Wochenende geführt worden, hieß es in einer Mitteilung der Bayern.

"Ich möchte mich im Namen des Klubs bei Christian Nerlinger ausdrücklich für seine Arbeit in den vergangenen vier Jahren beim FC Bayern bedanken", sagte Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender Uli Hoeneß. "Ich hoffe sehr, dass unser aller gutes persönliches Verhältnis auch weiterhin Bestand hat."

+++ Paukenschlag beim FC Bayern: Sammer wird neuer Sportdirektor +++

Der DFB erteilte Sammer umgehend die Freigabe. Präsident Wolfgang Niersbach betonte jedoch, dass sie "Matthias Sammer nur sehr schweren Herzens gehen" ließen. Sammer, dessen Vertrag mit dem DFB bis 31. März 2016 gelaufen wäre, habe "mit seiner Kompetenz und Leidenschaft viel für die Talentförderung in Deutschland bewegt und dem Verband mit seiner Art unglaublich gutgetan. Gleichzeitig respektieren wir seinen Wunsch und möchten seinen weiteren Plänen nicht im Wege stehen. Die enge Verbindung zu ihm wird auch in Zukunft erhalten bleiben", ergänzte Niersbach, der nun selbst einen neuen Sportdirektor braucht. Bei der Nachfolgersuche wolle sich der Verband jedoch keinen Zeitdruck auferlegen, kommentierte Generalsekretär Helmut Sandrock.

Sammer hatte den neu geschaffenen Posten des DFB-Sportdirektors vor sechs Jahren gegen den Widerstand des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann übernommen. Seit 2010 war Sammer auch als Nachwuchskoordinator des Verbandes für den Ausbau der Talentförderung zuständig. Damit passt er in das neue Konzept der Bayern, die sich in Zukunft intensiver auf die Talentförderung in der eigenen Jugend konzentrieren wollen und unter anderem das Scouting in Südamerika eingestellt haben.

Als Spieler war der gebürtige Dresdner für seinen Willen und seinen Kampfgeist bekannt. Regelmäßig bekam er Wutanfälle auf dem Spielfeld, handelte sich deshalb den Spitznamen "Motzki" ein. Sammer gab auf dem Platz immer den Chef, und nach seiner aktiven Karriere hat er immer einen Chef auf dem Platz eingefordert. "Die Mannschaft ist der Star? Dieses Denken ist gefährlich", sagte Sammer einmal. Sein langjähriges und immer wieder propagiertes Motto: Für zweite Plätze braucht man sich nicht feiern zu lassen. Das klingt im Nachhinein wie eine Bewerbung für den Job beim FC Bayern, der mit zweiten Plätzen in der jüngsten Vergangenheit öfter Bekanntschaft gemacht hat, als ihm lieb war.


Als Sportvorstand, genauer gesagt "Vorstand für Lizenzspielerangelegenheiten", dürfte der eigenwillige Sammer auch ein mächtiges Wörtchen bei der Trainerfrage mitreden. Die Bayern gehen zunächst in eine zweite und letzte Saison mit Jupp Heynckes, doch der Coach wackelt bereits, bevor die Saison begonnen hat. Beim Saisonstart heute muss der 67-Jährige noch ohne die bei der EM im Einsatz gewesenen Nationalspieler einschließlich Neuzugang Mario Mandzukic, der für 13 Millionen Euro Ablöse vom VfL Wolfsburg verpflichtet wurde, auskommen, dafür mit hohen Erwartungen und vielen Problemen fertig werden. Der Druck ist riesig.

Eine drittes Jahr ohne Titel würde die Welt des Abonnementmeisters endgültig aus den Angeln heben. Sollte die Saison nicht nach Wunsch verlaufen, könnte Sammer notfalls sogar als Trainer einspringen. Mit Borussia Dortmund wurde er 2002 als jüngster Trainer der Bundesliga-Geschichte deutscher Meister. Darüber hinaus trainierte er den VfB Stuttgart.

Erschwert wird die Aufgabe von Heynckes, weil Hoeneß unlängst schon eine Trainerdiskussion begonnen hat. "Erst einmal tun wir alles dafür, dass Jupp Heynckes mit der Mannschaft erfolgreich ist. Und danach schauen wir: Holen wir einen Neuen oder nicht?", sagte Hoeneß und schob hinterher: "Höchstwahrscheinlich holen wir einen." Doch zunächst gilt es für Heynckes den Alltag zu meistern. Mit Sammers Unterstützung.