Eigentlich könnte sich Dortmunds Trainer nach dem lockeren 4:0-Sieg seiner Borussen ausnahmslos freuen. Doch die Platzverhältnisse in Kiel lassen Jürgen Klopp keine Ruhe.

Kiel. David gegen Goliath - diese DFB-Pokal spezifische Konstellation führte am Dienstag zwar zu keiner von vielen Fußballfans ersehnten Überraschung, dafür aber für Diskussionen im Nachhinein. Denn obwohl Trainer Jürgen Klopp angesichts seiner siegreichen Borussen eigentlich rundum zufrieden sein könnte, nimmt er die Umstände des 4:0 (2:0)-Siegs von Dortmund bei Viertligist Holstein Kiel zum Anlass, sowohl den Gegner als auch den Deutschen Fußball-Bund zu kritisieren.

"Der Platz war unter diesen Bedinungen nicht bespielbar. Da muss man im Februar woanders spielen, wo es eine Rasenheizung gibt", echauffierte sich Klopp nach dem Spiel. "Man spielt auch nicht Eishockey auf Rasen. Das ist im Profi-Fußball nicht in Ordnung." Letztlich zeigte sich der Meister-Trainer jedoch "froh, dass es keine schweren Verletzungen gab." Dennoch nahm Klopp nach dem Abpfiff vor allem den DFB in die Pflicht und forderte in Zukunft adäquate Bedingungen für solch ein "Hochglanzspiel".

BVB-Verteidiger Mats Hummels sprang seinem Coach bei: "In der Bundesliga wäre nicht angepfiffen worden, es war sehr schwierig heute", sagte Hummels. "Aber wir haben den Platz so angenommen, wie er war. Wir haben den Kampf angenommen, das war der entscheidende Punkt.“ Kiels Fiete Sykora zollte derweil dem Gegner Lob. "Die Dortmunder haben uns mit dem ersten Tor den Zahn gezogen. Im Großen und Ganzen waren sie besser“, sagte der Angreifer.

Bei teilweise irregulären Platzverhältnissen und minus fünf Grad trafen der Pole Robert Lewandowski (11.) mit seinem vierten Pokal-Tor, Shinji Kagawa (18.), Lucas Barrios (80.) und Ivan Perisic (87.) für den überlegenen Tabellenführer der Bundesliga. Nach den überraschenden Zu-Null-Siegen gegen den Bundesligisten Mainz 05 (2:0) und davor gegen die Zweitligisten Energie Cottbus (3:0) und MSV Duisburg (2:0) fehlte dem kämpferisch überzeugenden Pokalschreck aus Kiel vor 11.522 Zuschauern im ausverkauften Holstein-Stadion diesmal ganz einfach die Klasse.

Kiels Trainer Thorsten Gutzeit hatte gehofft, dass der knochenharte Boden die Spiellust der kombinationssicheren Dortmunder negativ beeinflussen würde. Erst drei Stunden vor dem Anpfiff war ein 8000 Quadratmeter großes Klima-Zelt über dem neu verlegten Rasen entfernt worden, das ein Anfrieren des Bodens hätte verhindern sollen - vergeblich. Ohne Rasenheizung glich der Untergrund an vielen Stellen einer Betonpiste.

Seit ihrem Pokal-Coup am 21. Dezember gegen Mainz hatten die Kieler kein Pflichtspiel mehr bestritten. Erst am Sonntag geht der Alltag für den Zweiten der Regionalliga Nord mit der Dienstreise zum SV Meppen weiter.

Diesem Spiel gelte ab sofort "die volle Konzentration", sagte Gutzeit nach dem Dortmund-Spiel. "Bei uns wird jetzt wieder Normalität Einzug halten. Es muss in die Köpfe der Spieler hinein, dass sie auch in der Liga Präsenz zeigen. Denn wichtigstes Ziel war, ist und bleibt der Aufstieg“, betonte Gutzeit.

Nach einem dreitägigen Kurz-Trainingslager im dänischen Lögumkloster war von fehlender Spielpraxis beim Außenseiter allerdings nichts zu sehen. Gleich in der achten Minute vergab Marc Heider einen Hochkaräter, als er allein vor dem BVB-Tor auftauchte und aus acht Metern an BVB-Schlussmann Mitchell Langerak scheiterte. Wie abgesprochen durfte der australische Ersatzkeeper für Roman Weidenfeller ran.

"Geht Heiders Schuss rein, geht für uns vielleicht was. Mit dem 0:1 hat Dortmund uns aber den Zahn gezogen, und nach dem zweiten Gegentor war das Ding praktisch gegessen“, fasste Kiels Mittelfeldmotor Sykora das Geschehen zusammen.

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Vier Tage nach der Rückkehr an die Bundesliga-Tabellenspitze sorgte der Meister früh für klare Verhältnisse. In der elften Minute gelang Lewandowski nach artistischer Vorarbeit des starken Perisic das 1:0. Nur sieben Minuten später veredelte Kagawa eine schöne Ballstafette über Kapitän Sebastian Kehl und Lukasz Piszczek zum 2:0. Genauso hatte es sich BVB-Coach Jürgen Klopp gewünscht. Im Energiesparmodus die Pflicht erfüllen und Kraft sparen für die nächste Liga-Aufgabe am Samstag gegen Bayer Leverkusen.

Souverän und hochkonzentriert spulte das Dortmunder Starensemble sein Pensum ab und brachte die Gastgeber immer wieder in Verlegenheit. Kagawa (22.) und Moritz Leitner (35.) ließen jedoch gute Gelegenheiten liegen. Die mangelnde Chancenverwertung nahm BVB-Sportdirektor Michael Zorc noch relativ gelassen, dafür wetterte er gegen den Platz. „Teilweise sind es irreguläre Bedingungen. Besonders auf den Außenbahnen ist kein vernünftiger Fußball möglich. Die Verletzungsgefahr ist sehr groß“, kommentierte Zorc und forderte entsprechende Regeländerungen, damit ein DFB-Pokal-Viertelfinale in vernünftigem Rahmen stattfinden könne.

Auch nach dem Wechsel behielten die Dortmunder ihr Übergewicht im Mittelfeld. Seit 14 Spielen in der Liga ungeschlagen, demonstrierte die Dortmunder Disziplin im Defensivverhalten die nötige Ernsthaftigkeit für diesen Pokal-Abend. Der eingewechselte Barrios und Perisic setzten die Schlusspointen. Direkt nach der Partie flogen die Dortmunder Richtung Heimat. Am Samstag wird das Halbfinale ausgelost.

Während die Westfalen im Halbfinale am 20./21. März Anlauf auf ihre fünfte Endspielteilnahme nehmen, kann sich der Viertligist mit Pokal-Einnahmen von knapp drei Millionen Euro trösten. 71 Jahre nach dem letzten Halbfinaleinzug kann sich das Team von Trainer Thorsten Gutzeit ganz auf den Aufstieg in die 3. Liga konzentrieren.

Statistik

Holstein Kiel: M. Jensen – P. Herrmann, Berzel, Jürgensen, Poggenberg – Steve Müller, Kazior – Sofien Chahed (81. Sachs), Sykora, J. Lindner (86. Wetter) – Heider (83. Wulff)

Borussia Dortmund: Langerak – Piszczek, Subotic, M. Hummels, Schmelzer – Leitner, Kehl – Blaszczykowski (69. K. Großkreutz), Kagawa (82. Gündogan), Perisic – Lewandowski (69. Barrios)

Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)

Zuschauer: 11.522

Tore: 0:1 Lewandowski (11.), 0:2 Kagawa (18.), 0:3 Barrios (80.), 0:4 Perisic (87.)

Gelbe Karten: Keine – Keine

Mit Material von sid und dpa