Die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes steht ganz oben an der Tabelle. Absolut verdient. Doch in Leverkusen weiß man: Das heißt nichts.

Leverkusen. Das muss alles noch nichts heißen. Nirgends weiß man das besser als in Leverkusen. Am Ende werden sie doch wieder nur Zweiter. Vizekusen, so wie in den Jahren 1997, 1999, 2000 und 2002.

Jetzt ist Leverkusen Meister, Herbstmeister. Und in dieser Winterpause bleibt mehr als nur eine leise Ahnung, dass die Mannschaft auch am Ende der Saison den Titel holt. Seit dem achten Spieltag steht Leverkusen ganz oben an der Tabelle, die gesamte Hinrunde konnte sie keine Mannschaft schlagen.

Man könnte diese Erfolgsgeschichte allein entlang des 64 Jahre alten Jupp Heynckes erzählen, der als Trainer zu Beginn der Saison von Bayern München zu Bayer Leverkusen kam. Damals galt der älteste Coach der Liga als Auslaufmodell. Ein Experiment, das sowieso scheitern würde. Doch in der Hinrunde war er für Leverkusen vor allem eines: Ein Glücksfall. "Jupp hat den Spielern Selbstvertrauen eingeimpft. Die Mannschaft glaubt an sich", sagt Bayers Sportdirektor Rudi Völler. Und der einstige Hitzkopf, den sie ob seines roten Kopfes nur "Osram" nannten, brachte Ruhe und Entspannung in eine junge Rasselbande. Er regiert mit Milde statt mit Autorität. Und seine Taktik ist der kontrollierte Ballbesitzfußball, wie ihn auch der FC Barcelona spielt.

Vor allem in der Defensive fängt für den Trainer diese neue Kontrolle in Leverkusens Spiel an. Und da landet man zwangsläufig bei Sami Hyypiä. Zu Beginn der Saison kam der Verteidiger ablösefrei von Liverpool. Mittlerweile hat er einen Marktwert von knapp drei Millionen Euro. Hyypiä organisiert eine Abwehr, die bisher nur 13 Gegentore kassierte. "Der Kerl ist einmalig", schwärmt sogar Franz Beckenbauer. An der Seite des 36 Jahre alten Hyypiä spielt auch Manuel Friedrich deutlich stärker als in den vergangenen Jahren.

Die 18. Spielminute beim Sieg gegen Gladbach führte zwei Leistungsträger der Leverkusener zusammen. Sami Hyypiä passte den Ball auf Toni Kroos - und der traf zur Führung. Der Oldie und der junge Star, der dann auch noch den entscheidenden Treffer zum 3:2-Endstand schoss. "Wenn er so ein Spiel öfter macht, wird es schwer, ihn zu halten", sagte Völler. Sechs Tore erzielte Kroos für Leverkusen. Noch bis zum Ende der Saison ist Kroos ausgeliehen, dann soll er zurück zum FC Bayern. Dass Kroos viel lieber in Leverkusen bleiben würde, liegt auch dem guten Verhältnis zum Trainer.

Doch genauso wenig wie sich Leverkusens Erfolgsgeschichte ohne Jupp Heynckes erzählen ließe, kommt sie nicht ohne Stefan Kießling aus. Er spielt so stark wie noch nie - und hat jetzt schon so oft getroffen wie in der gesamten letzten Saison. Mit zwölf Toren ist er momentan Torschützenkönig der Liga. Das gelang auch Ulf Kirsten mit 22 Toren im Jahr 1997. Doch in Leverkusen weiß man: Das muss nichts heißen. Am Ende stand Kirsten auf dem Torjäger-Thron. Leverkusen aber war nur Vize.