Die Fußball-Nationalmannschaft ist knapp an einer Blamage vorbeigeschlittert. Das stark ersatzgeschwächte Team kam in Shanghai gegen China über ein 1:1 nicht hinaus.

Shanghai. Ohne Führungspersönlichkeit ist das Rumpf-Team von Joachim Löw auf der ersten Station der Asienreise an einer Blamage vorbei geschlittert. Beim 1:1 (1:1) gegen Fußball- Entwicklungsland China konnte die deutsche Nationalmannschaft nach 17 Spieler-Ausfällen und den widrigen Umständen der Fernost-Mission nicht die erhoffte Werbung für „Fußball Made in Germany“ betreiben. Lukas Podolski (8. Minute) verhinderte mit seinem 33. Länderspieltor, durch das er in der Bestenliste mit dem legendären Fritz Walter gleichzog, immerhin eine Niederlage. Hao Junmin (5.) hatte die Chinesen am Freitagabend (Ortszeit) vor etwa 25.000 Zuschauern in Shanghai in Führung gebracht.

Spielprägende Figuren wie Michael Ballack, Miroslav Klose und Per Mertesacker wurden beim EM-Zweiten spürbar vermisst. „Wir haben alle gesehen, dass einige Dinge nicht so reibungslos gelaufen sind. Die Mannschaft war sehr bemüht, aber nicht in der Lage, gelungene Aktionen nach vorne vorzutragen. Einige waren nicht in der Lage, ein hohes Tempo zu gehen“, sagte Löw. „Wir haben uns in manchen Phasen durch das Spiel geschleppt. Die Spieler wollten, aber sie konnten nicht so.“

Trotz des müden Auftritts wollte der DFB-Coach nicht den Stab über seine Akteure brechen. „Von Gewinnern oder Verlierern zu sprechen, wäre heute fehl am Platze. Wir haben wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse sammeln können.“ Am Sonnabend fliegt die DFB-Auswahl nach Dubai, wo am Dienstag (20 Uhr) gegen die wie die Chinesen zweitklassigen Vereinigten Arabischen Emirate in der Wüste ein versöhnlicher Saisonausklang gelingen soll.

„Natürlich haben wir uns das anders vorgestellt. Wir sind auf eine Mannschaft getroffen, die spritziger war. Sie haben deshalb dieses Unentschieden verdient“, sagte der nun in 15 Länderspielen und 795 Minuten torlose Mario Gomez. Seine Flaute wollte der Neu-Münchner nicht überbewerten. „Dass ich nicht getroffen habe, ist kein Problem. Ich habe es versucht, aber es sollte nicht sein. Irgendwann wird es schon wieder passieren.“

Bahnbrechende Erkenntnisse auf dem Weg zur WM 2010 in Südafrika konnte Löw in Fernost nicht gewinnen. Nach den zahlreichen Absagen für den Asien-Trip konnte der DFB-Chefcoach immerhin seine Wunsch- Notelf aufbieten. Arne Friedrich meldete sich für einen Einsatz im Defensivzentrum neben Rückkehrer Robert Huth fit – als Dauerlösung empfahl sich das Duo aber nicht. Erstmals seit der EM rückte Philipp Lahm wieder auf die rechte Abwehrseite – und trug dort in Abwesenheit von Ballack zudem die Kapitänsbinde. Auf links verteidigte Marcel Schäfer. Da Christian Gentner im defensiven Mittelfeld zum 25. Länderspiel-Debütanten unter Löw avancierte, standen gleich zwei Spieler vom VfL Wolfsburg in der Startformation.

Der Bundestrainer setzte neben einem 4-2-3-1-System auch auf Energie und Schwung der frisch gekürten deutschen Meister. Die vielen Umstellungen und Personalveränderungen brachten jedoch keine positive Wirkung. Gerade der „Transfer“ von Lahm und Mittelfeldmann Piotr Trochowski auf die rechte Spielseite zahlte sich nicht aus. Trochowski konnte seine gefährlichen Vorstöße nicht vortragen und dem früh verwarnten Lahm, der mit Jiang Ning erstaunliche Probleme hatte, drohte nach unkontrolliertem Einsteigen sogar ein Platzverweis.

In der riesigen – aber nur zu rund einem Viertel gefüllten – Betonschüssel setzten die Hausherren den ersten Glanzpunkt. Zhao Xuri spielte Hao Junmin frei, der Huth in dessen ersten Länderspiel seit der WM 2006 schlecht aussehen ließ und aus spitzem Winkel einschoss. Die Antwort der DFB-Elf ließ nur drei Minuten auf sich warten. Nach einem Pass des hinter der einzigen Spitze Gomez mit Freiraum ausgestatteten Bastian Schweinsteiger schoss Podolski zum Ausgleich ein.

Die leichtfüßigen Chinesen stellten die deutsche Defensive vor manch unangenehme Situation und hatten überraschend viel Ballbesitz. Zhao Xuri (24.) prüfte Torwart Robert Enke mit einem Distanzschuss. Gao Lin bot sich eine Kopfball-Chance (37.). Löw verzichtete zum Seitenwechsel noch auf personelle Veränderungen – und auch am Spielrhythmus änderte sich nichts. Die weiterhin emsig agierenden Chinesen hatten mehr von der Partie. Huth konnte einen Schuss von Jiang Ning (58.) gerade noch abblocken. Die Deutschen versuchten es mit Karacho. Einen Freistoß von Thomas Hitzlsperger (60.) konnte China-Keeper Yang Zhi gerade noch abwehren.

Gomez verabschiedete sich mit einem Abseitstreffer und machte nach 62 Minuten für seinen Noch-Teamkollegen Cacau Platz – dem 26. Neuling unter Löw. Mit der Einwechslung des gebürtigen Brasilianers stellte der DFB-Coach auf das vertraute 4-4-2-System um. Neue Impulse brachte dies aber nicht mehr. Torwart Enke verhinderte mit guten Reaktionen bei Distanzschüssen noch eine Niederlage. Auf der Gegenseite verschenkte der insgesamt blasse Schweinsteiger (84.) die große Einladung der Gastgeber zum Siegtreffer.