Xavi Hernandez bringt den Zuschauern die Kindheit zurück; egal ob er Fußball spielt oder darüber redet. Die Leidenschaft für das Spiel brennt gerne mit seinen Worten durch.

Barcelona. Dort sitzt der deutsche Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger. Vor ihm dreht sein aufgesprungener Gesprächspartner eine irre Pirouette. Die Worte reichten nicht aus, um Xavi Hernandez zu beschreiben. Also versucht Hitzlspergers Besuch aus Barcelona, Xavis ultimativen Trick am Cafétisch nachzustellen: Das Drehungchen.

Wenn normale Klassespieler mit einem Gegner im Nacken angespielt werden, fahren sie die Schultern aus, um den Ball abzuschirmen. Dann versuchen sie, sich zu drehen. Es sind zwei Bewegungen. Xavi aber dreht sich um den Gegner, während er den Ball annimmt. Es ist ein einziger Fluss. Und schon ist er davon.

Sogar Kollegen, die selbst so viel können wie Hitzlsperger, fragen: Wie macht er das? Xavi spielt mit 29 im elften Jahr auf höchstem Niveau im Profiteam des FC Barcelona, aber die Fußballwelt hat ihn nun wie eine Offenbarung entdeckt. Er war der offiziell beste Spieler der EM 2008, und wie damals bei Europameister Spanien ragt der Spielmacher nun im rekordverdächtigen Barça aus der Masse an Weltklasse heraus. Niemand verkörpert das einzigartige Kurzpassspiel Barças und Spaniens wie er, der Passmeister im Mittelfeld. "Nicht ich, sondern unsere Spielidee wurde prämiert", sagte er zu seiner Auszeichnung als bester EM-Spieler, "ich bin nur der Repräsentant dieses Passspiels, ich bin ein Lehrling der Schule Barças. Sonst bin ich nichts."

Noch heute werden überall auf der Welt Fußballer wie er aussortiert, am Ball eine Ode, aber 1,65 Meter klein, nicht schnell. Moderne Sieger, sagt man ihnen, müssten gigantische Athleten sein. Und vermutlich stimmt das tendenziell sogar. Vielleicht wird der FC Chelsea - der Inbegriff des Athletenfußballs - schon heute (20.45 Uhr, Premiere live) im Champions-League-Halbfinale die Pracht Barças zermanschen. Der Eindruck, den Spanien und Barça diese Saison machten, wird jedoch bleiben: Dies ist der wahre, schöne, gute Fußball. Dies ist das Jahr Xavis.

Xavi bringt den Zuschauern die Kindheit zurück; egal ob er Fußball spielt oder darüber redet. Die Leidenschaft für das Spiel brennt gerne mit seinen Worten durch. "Wenn wir passen, geht das pim, pam, pum", sagt er gern. Dabei ist er in seiner Begeisterung wunderbar altmodisch. Als ihm vergangenen Sommer 300 000 Euro für einen Werbeauftritt in Usbekistan geboten wurden, sagte er ab. Er blieb lieber im Urlaub und redete mit seinem Vater über Fußball.

Er ist auch ein Athlet; doch vor allem ein Spieler. Und wahrscheinlich beweist seine eigene Karriere, wie eng der Platz für Profis wie ihn auf höchstem Niveau geworden ist. Er war stets ein Klassemann, aber er hat 29 werden müssen, bis alles zusammenkam; bis ihn ein Trainer, Frank Rijkaard 2004, von der defensiven Mittelfeldposition vorschob, bis ihn ein anderer, Nationaltrainer Luis Aragones 2005, zum Mittelpunkt aller Spielzüge machte. Niemand spielt so viele Pässe nach vorne wie er, niemand macht dabei so wenig Fehler. Kaum ein zentraler Spieler verliert so selten den Ball.

Ein Tisch wackelt. Hitzlspergers Bekannter hat beim Versuch, das Drehungchen zu kopieren, das Gleichgewicht verloren.