Hamburg. Freezers-Coach assistiert erstmals dem neuen Bundestrainer Sturm. Beim Deutschland-Cup ist er für das Powerplay zuständig.

Manchmal braucht es nur ein kurzes Gespräch, um zu wissen, was man will. Marco Sturm und Serge Aubin führten dieses Gespräch am 11. September, als der neue Bundestrainer Sturm im Rahmen seiner Begrüßungstournee durch die deutschen Eishockeyclubs in Hamburg vorbeischaute. Mit Aubin, seit Ende September 2014 Cheftrainer der Freezers, hatte ihn bis dato nicht mehr verbunden als einige Duelle in Nordamerikas Eliteliga NHL. 1006-mal hielt Sturm dort zwischen 1997 und 2012 für die San Jose Sharks, die Boston Bruins, die Los Angeles Kings, die Washington Capitals, die Vancouver Canucks und die Florida Panthers die Knochen hin, Aubin spielte von 1998 bis 2006 396-mal für Colorado Avalanche, die Columbus Blue Jackets und die Atlanta Thrashers.

An besondere Überschneidungen ihrer Karrieren können beide sich nicht erinnern. Aber an jenem Freitag im September, an dem die Freezers ihr Saisonauftaktspiel in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen Sturms ehemaligen Verein ERC Ingolstadt mit 4:2 gewannen, war für den 37 Jahre alten Bundestrainer klar, dass er auf einer Wellenlänge mit dem drei Jahre älteren Freezers-Chefcoach funkt. „Mit Serge hat die Chemie gleich beim ersten persönlichen Treffen gestimmt, so etwas merke ich schnell“, sagt Sturm.

Deutschland-Cup als erste Bewährungsprobe

Seit diesem Montag nun wird die neue Männerfreundschaft einem Realitätscheck unterzogen, denn Sturm hat Aubin als Assistenten für den Deutschland-Cup, der sein erstes großes Turnier als Bundestrainer ist und von diesem Freitag bis Sonntag in Augsburg ausgetragen wird, in sein Team geholt. Und die Erfahrungen der ersten drei Tage bestätigen den Frankokanadier in seiner ersten Einschätzung. „Marco und ich führen sehr viele Gespräche über Eishockey, und wir teilen dieselbe Auffassung unseres Sports. Es macht riesigen Spaß“, sagt Aubin.

Marco Sturm, 37, ist seit Juli Bundestrainer der deutschen Eishockeymänner
Marco Sturm, 37, ist seit Juli Bundestrainer der deutschen Eishockeymänner © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andreas Gebert

Für den früheren Topstürmer, der seine aktive Karriere bei den Freezers im Januar 2013 wegen chronischer Daumenprobleme beenden musste, anschließend eine Saison als Assistent von Cheftrainer Benoît Laporte arbeitete und diesen schließlich Ende September 2014 beerbte, ist der Job für den deutschen Verband eine besondere Herausforderung. „Ich habe niemals zuvor für einen anderen Verband als den kanadischen gearbeitet. Ich empfinde es als große Ehre, nun dem deutschen Eishockey helfen zu dürfen, und ich werde alles dafür geben, dass wir erfolgreich sein können“, sagt er.

Aubin kümmert sich um die Stürmer

Die Aufgaben im Trainerteam hat Sturm klar verteilt. Während die Düsseldorfer Christof Kreutzer und Tobias Abstreiter für die Abwehr zuständig sind, darf sich Aubin um die Stürmer kümmern – mit dem angenehmen Nebeneffekt, ein besonderes Augenmerk auf seine vier Freezers-Profis Jerome Flaake, David Wolf, Marcel Müller und Nico Krämmer legen zu können. Dass ihm dabei die Spezialaufgabe zukommt, das Überzahlspiel zum Erfolg zu treiben, entbehrt angesichts der Hamburger Powerplayprobleme in dieser Saison nicht einer gewissen Komik. Für Aubin ist es allerdings eher eine Zusatzmotivation: „In der vergangenen Saison war unser Überzahlspiel gut, und nun kann ich die Zeit bei der Nationalmannschaft nutzen, um selbst ein paar neue Impulse zu bekommen.“

Kommentar: Realitätssinn wird Sturm helfen

Genau das ist der Ansatz, den der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) mit der Berufung von Assistenten aus der DEL für das alljährliche Viernationenturnier, in dem in diesem Jahr die Schweiz (Fr, 19.30 Uhr), die Slowakei (Sa, 17.30 Uhr) und die USA (So., 16.30 Uhr, alle Sport 1 live) die Gegner sind, verfolgt. „Meine Assistenten sollten nicht nur meine Philosophie teilen und menschlich passen, sondern auch ganz nah an der DEL dran sein“, sagt Sturm. Ob einer der temporären Co-Trainer nach diesem Wochenende fest für das Team verpflichtet wird, ist noch unklar. „Darüber haben wir noch nicht geredet“, sagt Aubin. Seinen Vorvorvorgänger Uwe Krupp hätte Sturm schon in Augsburg gern dabei gehabt, allerdings war der erste deutsche Stanley-Cup-Sieger (1996 mit Colorado) mit den Eisbären Berlin in der Champions League aktiv und deshalb nicht verfügbar.

Sturm hat großes Selbstvertrauen

Dass sich Sturm von der vielstimmigen Forderung aus seinem Umfeld, sich als Trainer-Novize einen erfahrenen Assistenten zu suchen, bislang nicht beeinflussen lässt, spricht für sein Selbstvertrauen. „Ich denke nicht, dass ich mir Respekt erarbeiten muss“, sagt er im Bewusstsein, dass die Spieler zu einem wie ihm, dem Deutschen mit den meisten NHL-Einsätzen, ehrfürchtig aufschauen. Er wird seine Rolle als Trainer, der er eigentlich nie werden wollte, noch finden müssen. Aber von seinen Grundprinzipien – Disziplin, Opferbereitschaft und Ehrgeiz – ist er überzeugt. Und auch wenn der Bayer als sehr umgänglicher, stets gut gelaunter und allseits beliebter Zeitgenosse der Gegenentwurf zu Hans Zach zu sein scheint, nennt er den „Alpen-Vulkan“, Bundestrainer von 1999 bis 2004, als eins seiner Vorbilder. Niemand, sagt er, solle bezweifeln, dass er seine Ansichten genauso offen und deutlich benennen werde wie Zach.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Pepita-Hut. Sturm hat die Kopfbedeckung, die Xaver Unsinn beim Gewinn von Bronze 1976 in Innsbruck trug, der einzigen Olympiamedaille für Deutschland, aus dem Museum geholt und will damit nach jedem Spiel den besten Mann krönen. Serge Aubin hat zu dieser Saison die Feuerwehruniform für seinen wichtigsten Spieler eingeführt. Manchmal sind es eben auch kleine Gesten, die beweisen, dass man dasselbe will.