Hamburg. Die Hamburg Freezers schwächen sich oft selbst durch Foulspiele. Damit soll jetzt Schluss sein. Möglichst schon am Freitagabend in Nürnberg.

Wer Großes erreichen will, braucht Disziplin. Keine neue Erkenntnis, aber Serge Aubin wird dieser Tage nicht müde, das Leitmotiv hervorzuheben. Und der Cheftrainer der Hamburg Freezers, die an diesem Wochenende in den abschließenden Hauptrundenpartien in Nürnberg (Fr., 19.30 Uhr) und Ingolstadt (So., 14.30 Uhr) den zur Sicherung des vierten Tabellenrangs in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) Punkte holen wollen, hat dafür einen gewichtigen Grund.

Weil seit vielen Wochen der Kader wegen Verletzungen und Sperren ausgedünnt ist, drängt Aubin darauf, dass sich das Team nicht durch unnötige Strafen zusätzlich schwächt. „Wir müssen das in den Play-offs in den Griff bekommen, sonst stehen wir die körperliche Belastung nicht lange durch“, sagt der Coach. Wie recht er hat, lässt sich mit Zahlen belegen. Mit 16,38 Strafminuten im Schnitt sind die Hamburger nach Augsburg (19,88) das am meisten sanktionierte DEL-Team. In acht von 26 – und damit in fast einem Drittel – ihrer Heimspiele kassierten die Freezers mehr Strafen als der Gegner. Auswärts saß man in nur drei von 24 Partien seltener in der Box als die Heimmannschaft.

Warum das so ist, kann Stéphane Richer nicht erklären. „Natürlich ist unser Defensivsystem auf Aggressivität ausgelegt. Wir spielen hart, aber nicht unfair“, sagt der Sportdirektor. Ein Problem, das immer wieder angeführt wird, sind die unterschiedlichen Atmosphären in den Hallen. Während sich in Multifunktionsarenen wie der Hamburger O2 World die Stimmung zu selten auf die Spieler überträgt, haben Teams wie Iserlohn in engen Hallen oft einen Vorteil. „Es gibt in der DEL Arenen, da muss man aufpassen, nicht schon beim Aufwärmen eine Strafzeit zu bekommen“, sagt Aubin. „Natürlich lassen sich Gegner und Schiedsrichter in gewissen Arenen beeinflussen“, hat Richer beobachtet.

Aubin und Richer wollen ihre Vorbildfunktion verstärken

Holger Gerstberger kennt dieses Phänomen. Der Schiedsrichterbeauftragte der DEL weist jedoch eine Beeinflussung der Referees durch das Publikum strikt zurück. „Wir schulen unsere Schiedsrichter sehr intensiv darauf, dass weder das Publikum noch irgendwelche persönlichen Erfahrungen eine Rolle bei der Spielleitung spielen dürfen“, sagt er. Dass Heimteams in kleinen Arenen tatsächlich weniger auf der Strafbank sitzen als der Gegner, läge an der positiven Wirkung der Anfeuerung: „Die Fans pushen ihr Team so sehr, dass die Spieler tatsächlich einen Schritt schneller sind und so den Gegner öfter zu Fouls provozieren.“

Ausschließen kann Gerstberger eine willkürliche Benachteiligung der Freezers. „Hamburg hat sicherlich nicht den Ruf, besonders unfair zu spielen. Es gilt in jedem Spiel von Neuem das Gleichheitsprinzip, und letztlich haben es alle Spieler selbst in der Hand, mit ihrer Disziplin dazu beizutragen, dass ihr Team wenig Strafen bekommt.“ Auch die Tatsache, dass Richer als durchaus kritischer Geist gilt, der nach Spielen häufig zur Manöverkritik in die Schiedsrichterkabine eilt, spiele keine Rolle. „In dieser Saison war ich noch kein einziges Mal nach dem Spiel bei den Referees“, sagt Richer, „dennoch haben Serge und ich erkannt, dass wir als Vorbilder besonders diszipliniert sein müssen.“

Anscheinend haben sie das auch der Mannschaft einbläuen können. In den vergangenen drei Spielen kassierten die Freezers insgesamt nur 20 Strafminuten, lagen in allen drei Partien unterhalb der Strafenzahl des Gegners – und gewannen alle drei Matches. „Wir müssen schlau spielen, trotzdem physisch präsent und emotional“, sagt Aubin. „Wenn uns das gelingt, dann sind wir für die Play-offs sicherlich gut gerüstet.“