Der Eishockeyprofi will in Hamburg neue Erfahrungen sammeln. Bei einer ersten Zwischenbilanz nach vier absolvierten DEL-Spielen fällt auf: Der 27-jährige Bretton Stamler spielt stabil und sehr hart.

Hamburg. Man hatte ihm gesagt, dass er ein stabiler Verteidiger sein solle, der sehr hart spielt und sich als Teamspieler einbringt, bevor er bei den Hamburg Freezers unterschrieb. Und nach zehn Tagen und vier absolvierten Spielen in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ist festzuhalten, dass Bretton Stamler ein Mann ist, der auf das hört, was seine Vorgesetzten ihm sagen. Der 27-Jährige spielt stabil, sehr hart, und weil ihm am Sonntag beim 5:6 nach Penaltyschießen gegen Krefeld nach zuvor vier Assists sogar sein erstes Tor gelang, ist sein Beitrag zum Teamerfolg bereits mit eindrucksvollen Zahlen zu belegen. Dass das Team, das an diesem Dienstag (19.30 Uhr) bei den Iserlohn Roosters gastiert, seit seiner Ankunft 17 Gegentore in vier Partien kassierte, liegt nicht an ihm, wie seine Plusminusbilanz von plus fünf beweist.

Nachverpflichtungen mitten in einer Saison sind mit Risiko behaftet, weil niemand weiß, wie der Neue ins Mannschaftsgefüge hineinpasst und ob er qualitativ mithalten kann. Bei Stamler scheinen derlei Sorgen jedoch gänzlich unbegründet, was sicherlich auch daran liegt, dass er anders wirkt als der stereotype Eishockeyprofi. Wer den in Edmonton geborenen Kanadier auf dem Eis seine knochenharten Checks fahren sieht, der würde eher ein Raubein mit losem Mundwerk erwarten. Doch wenn sich Stamler aus seiner Ausrüstung herausgeschält hat, ist da nicht mehr viel Körper übrig, und er spricht mit einer derart leisen Stimme, dass man kaum wagt, ihm Fragen zu stellen aus Sorge, ihn damit zu sehr zu erschrecken.

Umso wichtiger ist es, ihm zuzuhören, denn er kann anschaulich erzählen von der Vita eines Sportlers, der gelernt hat, sich Widrigkeiten entgegenzustellen und mit wachem Blick auf Alternativen durch sein Leben zu gehen. Eishockeyprofi wollte er immer sein, und das Ziel schien erreicht, als ihn der NHL-Club Detroit Red Wings als 17-Jährigen in seinen Perspektivkader aufnahm. Doch dann folgte jahrelang kein Einsatz, und so entschied sich Stamler dafür, an die Universität zu gehen, einen Abschluss in Betriebswirtschaft zu erwerben und parallel Uni-Eishockey zu spielen. „Leute, die das tun, bekommen normalerweise nie mehr eine Chance im Profibereich“, sagt er.

Stamler bekam das zu spüren, als er mit 25 Jahren noch einmal versuchte, den Sprung zu schaffen. Mehr oder minder erfolgreich schlug er sich in den unteren Profiligen Nordamerikas durch, wobei durchschlagen wörtlich zu nehmen ist, denn der Abwehrspieler erkannte in Faustkämpfen die Chance, auf sich aufmerksam zu machen. „Auf dem Eis spielt man sechs gegen sechs, beim Kampf geht es Mann gegen Mann, und nur so prägt man sich bei Scouts ein“, sagt er. Spaß habe ihm das zwar nie gemacht, „aber ohne meine Bereitschaft, hart zu spielen und zu kämpfen, wäre ich wahrscheinlich nicht hier“.

Nun ist er hier, dieser Bretton Stamler, und er staunt. Staunt über das Niveau der DEL, über die Professionalität seines neuen Arbeitgebers, vor allem aber über die Stimmung, die in den Arenen herrscht. Er hatte zwar kurz überlegen müssen, ob er das Abenteuer Europa wagen solle, aber letztlich kennt er es aus Nordamerika, dass man von einem Tag auf den nächsten zwischen Clubs hin und her geschoben werden kann. „Und alle, die ich fragte, rieten mir zu dem Wechsel“, sagt er.

Die Auslandserfahrung hält Stamler auch deshalb für wichtig, weil er nach der Karriere Spieleragent werden will. Dazu strebt er ein Jurastudium an einer Eliteuni in Kanada an. „Ich werde mich besser in meine Klienten hineinversetzen können, wenn ich erfahren habe, was sie erfahren“, sagt er. Bretton Stamler lässt sich zwar etwas sagen, aber nichts vormachen.