Uwe Frommhold zieht Bilanz seiner ersten 125 Tage als Geschäftsführer der 02 World und der Hamburg Freezers in Personalunion.

Hamburg. Auf der Fensterbank des geräumigen Büros im Obergeschoss der O2 World steht ein Pokal, der seinen Besitzer als "Meister im Durchboxen" ausweist. Er steht da nicht exponiert, sondern neben anderen Pokalen und Büromaterial, weil Uwe Frommhold kein Mensch ist, der seine Bedeutung durch Status- oder andere Symbole der Stärke unterstreichen muss. Wer den 55-Jährigen nur punktuell erlebt, der tut sich schwer damit, in ihm einen Menschen zu erkennen, der seine Fäuste oder - im übertragenen Sinne - die Ellenbogen einsetzen würde, um seine Ziele zu erreichen. Aber ein Mann, der als Geschäftsführer einer Multifunktionsarena auch noch einen Eishockey-Proficlub leitet, muss mehr sein als der höfliche, gut gelaunte Gesprächspartner, als den Frommhold Medienvertreter und Besucher der O2 World kennen.

125 Tage ist es her, dass die Anschutz Entertainment Group (AEG) als Eigner der Hamburg Freezers die Trennung von deren Geschäftsführer Michael Pfad bekannt gab und als dessen Nachfolger Frommhold einsetzte. 125 Tage, in denen der gebürtige Berliner zwei Vollzeitjobs absolviert hat. Weil sein Tag aber weiterhin nur 24 Stunden hat, war Frommhold gefordert, seine Arbeit neu zu strukturieren. Und so hat er etwas eingesetzt, das Begleiter als seine größte berufliche Stärke ausgemacht haben: Er hat delegiert.

"Uwe ist ein Chef, der seinen Mitarbeitern maximales Vertrauen schenkt. Ich bin jetzt mehr in alle Bereiche des Clubs involviert und habe zudem die Verantwortung für den sportlichen Bereich", sagt Sportchef Stéphane Richer. Denselben Eindruck hat auch Mannschaftskapitän Christoph Schubert, der an diesem Freitag (19.30 Uhr, O2 World) gegen die Hannover Scorpions nach seiner Fußverletzung ins Team zurückkehrt, gewonnen. "Uwe lässt jeden Mitarbeiter sein Zeug machen und vertraut allen", sagt er. Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle beschreiben ihren neuen Chef als ruhig und sachlich, interessiert an Fakten und vor allem verständnisvoll in zwischenmenschlichen Fragen.

"Arbeite hart, sei fair und habe Spaß", so lautet das Motto, an das sich Uwe Frommhold an jedem Arbeitstag zu halten versucht. Ihn zeichnet aus, dass er Entscheidungen nicht von oben herab verordnet, sondern im Diskurs erarbeitet. Er mischt sich nicht in die Bereiche anderer Führungspersonen ein, sondern respektiert Entscheidungswege. Gespräche mit seinem Geschäftsstellenteam sind ihm ebenso wichtig wie der Kontakt zu den Fans. "Ich bin zwar nicht der Sorgeneimer, aber ich nehme die Anregungen, die ich bekomme, ernst", sagt er. Jasager um sich zu haben, das sei ihm zuwider. "Ich will Leute, die in ihren Bereichen besser sind als sich. Denen höre ich zu und nehme ihre Kritik als Ansporn."

Wer ihm zuhört, der spürt schnell, dass die Fairness der wichtigste Teil seines Arbeitsmottos ist. Am meisten sorgt er sich, dass der Eindruck entstehen könnte, er würde die HSV-Handballer als zweiten Arena-Mieter benachteiligen. "Die Freezers haben nicht ein Recht mehr als früher", sagt er. Dass er Eishockeyspiele, die er als Wanderer zwischen Tribüne, Fanblock und VIP-Bereich beobachtet, anders wahrnimmt als früher, gibt er zu. Der Arena-Chef freut sich über spannende Spiele, die das Publikum begeistern, auch wenn sie verloren gehen. Der Freezers-Chef freut sich über Siege, weil nur sportlicher Erfolg sich letztlich auszahlt. Frommhold versucht den Spagat, der ihm immer noch Schmerzen bereitet.

Natürlich sieht er es als Vorteil, den Multikonzern AEG so gut zu kennen, dass er im Vorwege abschätzen kann, für welche Anliegen es sich als Freezers-Chef zu kämpfen lohnt. "Die Wege bei Anschutz verändern sich ständig", sagt er. Dennoch habe er ein Verständnis dafür entwickelt, warum es in der Vergangenheit Probleme gab. Während Pfad daran scheiterte, dass er sich in der Absicht, das Beste für die Freezers herauszuholen, in Grabenkämpfen mit der AEG aufrieb, kann Frommhold diesen Konflikt umgehen, weil er sich bei seiner Amtsübernahme dazu bekannt hatte, immer zum Wohle des Eigners zu entscheiden.

Dass das nicht ausschließt, gleichzeitig das Beste für die Freezers herausholen zu können, davon ist Frommhold überzeugt. Er weiß, dass er präsenter werden muss in der Eishockey-Szene, er hat bislang noch kein Auswärtsspiel gesehen und ist auch in den Ligagremien kaum aufgefallen. In weiten Teilen hat er bislang das Konzept weitergeführt, das sein Vorgänger angeschoben hatte. Die Verträge mit Trainer Benoît Laporte und allen Leistungsträgern, die man halten wollte, wurden schon vor den Play-offs verlängert, um Planungssicherheit zu haben und vor allem eine Kontinuität zu schaffen, die es zu lange in Hamburg nicht gegeben hatte. "Darauf bin ich stolz", sagt Frommhold.

Da der Erfolg jedoch nicht nur in Punkten, sondern auch in Euro gemessen wird, versucht er Akzente im Sponsoring zu setzen. Pfads Idee, Unternehmen für Einzelaktionen zu gewinnen, wird unter Frommhold nun umgesetzt. Zu den Heimspielen gegen Hannover an diesem Freitag, Düsseldorf am Sonntag und Köln eine Woche darauf wirbt der Handelskonzern Kaufland auf dem Trikot. "Wir machen die Angebote, die unsere Partner suchen", sagt Frommhold.

Agieren, nicht reagieren - als Angestellter eines Multikonzerns wie AEG ist das nicht immer möglich. Umso wichtiger ist es Frommhold, seinen Gestaltungsspielraum zu nutzen. Dass er seinen Diplomatenpass behalten hat, zeigt sich, als das Gespräch auf die Frage kommt, ob aus der Interimslösung, die er bislang auf dem Posten als Freezers-Chef ist, eine Dauerlösung wird. "Spätestens am 30. April, wenn die Saison offiziell beendet ist, werden wir wissen, wie es am 1. Mai weitergeht", sagt er. Das ist natürlich charmant geschwindelt. Aber einem wie Frommhold nimmt man ab, dass er auch bis zum letzten Tag warten könnte. Weil er weiß, dass er sich überall durchboxen kann.