Abu Dhabi . Im Jubel um seinen ersten WM-Titel dachte der Mercedes-Pilot an einstigen Gefährten. Lauda rechnet mit weiteren Großtaten.

Die Freudentränen waren getrocknet, und das Party-Mobil wartete schon auf Nico Rosberg. Doch bevor sich der neue Weltmeister der Formel 1 in das Nachtleben Abu Dhabis stürzte, war er in Gedanken bei einem seiner Vorgänger. Einem Wegbereiter, dem Besten der Geschichte: bei Rekordchampion Michael Schumacher.

"Ich hoffe, er kann mitbekommen, dass ich hier gewonnen habe", sagte Rosberg wenige Stunden nach seinem größten Erfolg mit leiser Stimme: "Er hat Anteil an meinem Erfolg. Ich habe viel mitgenommen aus unserer gemeinsamen Zeit."

Schumacher hatte von 2010 bis 2012 Seite an Seite mit Rosberg gearbeitet. Gemeinsam halfen sie, das neue Mercedes-Werksteam aufzubauen, das seit 2014 fast unschlagbar ist - und endlich darf nun Rosberg die Früchte dieser Arbeit ernten, nach zwei Jahren und vielen Rückschlägen hat er seinen Teamrivalen Lewis Hamilton entthront.

Der vorläufige Abschluss einer Reise

"Nico ist ein verdammt harter Bursche, der einfach nicht locker lässt, der immer danach strebt, sich zu verbessern", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Rosberg sei ein "toller Mensch" und ein "würdiger Weltmeister". Dieser WM-Titel, sagte zudem Rosbergs berühmter Vater Keke, sei wohl "der am härtesten erkämpfte der Geschichte".

Dass der 31-Jährige nun auch an Schumacher denkt, sagt einiges aus über sein Innenleben nach dem großen Triumph. Denn der Sonntagabend war für Rosberg so etwas wie der vorläufige Abschluss einer Reise, die viel länger dauerte, als die elf Jahre in der Formel 1 - die drei Jahre mit Schumacher waren dabei eine von zahlreichen wichtigen Erfahrungen, die letztlich zum Erfolg geführt haben.

Rosbergs Kritiker behielten Unrecht

In den vergangenen Tagen strahlten die Fernsehsender immer wieder ein Video aus, das den sieben Jahre alten Nico Rosberg zeigt. Darin schwärmte der Sohn des Weltmeisters Keke Rosberg (1982) vom Kartfahren, und er erzählte von seinem Plan, irgendwann ebenfalls der Beste der Formel 1 zu werden. Schon früh ordnete er alles seiner Karriere unter, sein großer Name half ihm dabei zweifellos. Schon mit 17 Jahren durfte Rosberg erstmals ein Formel-1-Auto testen, mit 20 hatte er ein Cockpit in der Königsklasse und galt als Supertalent.

Doch es warteten harte Lehrjahre. Erst 2014 saß er erstmals in einem Sieger-Auto - und musste sich im Kampf um den WM-Titel dann doch zweimal in Folge Hamilton geschlagen geben. Nicht nur einmal wurde Rosberg in dieser Zeit abgeschrieben. Die Niederlagen, so vermutete die Motorsportpresse, würden irgendwann seinen Willen brechen. Das Gegenteil war der Fall.

"Nico ist in den vergangenen Jahren an Lewis gewachsen", sagt Wolff, "er fährt ja gegen den talentiertesten Fahrer, den man als Teamgefährten haben kann. Den zu bezwingen, ist eine großartige Leistung."

Papa Keke und Lauda glauben an Rosberg

Rosberg wurde härter, auf der Rennstrecke weniger nachgiebig, abseits weniger anfällig für Störfeuer. "Das waren meine besten Rennen in diesem Jahr", sagt er: "Ich habe mich im Zweikampf gesteigert, das war ein Prozess." Mit seinem eisernen Vorsatz, nur von Rennen zu Rennen zu denken, fand er zudem ein Ventil für den gewaltigen Druck. "Der Kopf spielt eine wichtige Rolle", sagt Rosberg: "Wenn man zu viel über das Big Picture nachdenkt, wird man nervös."

Nicht wenige Experten glauben nun, dass mit Rosberg auch in Zukunft verstärkt zu rechnen ist. "Wer einen Titel hat, der will mehr", sagt der Champion. Sein Vater, selbst Weltmeister von 1982, fügt an: "Ein glücklicher Mann kann mehr leisten als ein unglücklicher Mann. So läuft das nun mal." Und auch Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams und dreimaliger Weltmeister, glaubt an ihn: "Die erste Weltmeisterschaft ist die schwierigste. Die nächste kommt einfacher. Nico ist aus Weltmeisterholz geschnitzt."