Weltmeister Sebastian Vettel steht vor seinem 100. Rennen für Red Bull gehörig unter Druck. Der Hesse benötigt einen Sieg. Doch neben dem Mercedes-Duo macht ihm auch sein Teamkollege zu schaffen.

Monte Carlo. Zum Red-Bull-Jubiläum wünscht sich Sebastian Vettel nichts sehnlicher als ein kühles Bad in Monte Carlo. Der traditionelle Siegersprung in den Pool auf dem schwimmenden Party-Palast seines Teams käme für den Formel-1-Weltmeister am Sonntag einer Erlösung gleich. „Einmal landete ich sogar im Hafenbecken“, erinnert sich der Titelverteidiger vor dem 100. Rennen für sein Team an manche wilde Feier in Monaco.

Nach dem mäßigen Saisonstart wäre ein Triumph im Fürstentum für Vettel das dringend benötigte Ausrufezeichen bei der Hatz auf die Silberpfeile. Zum ersten Mal seit seinem Wechsel zum Rennstall des österreichischen Getränke-Giganten zur Saison 2009 hat der Hesse keinen der ersten fünf Grand Prix des Jahres gewonnen. Zu übermächtig war bislang das Mercedes-Duo Lewis Hamilton und Nico Rosberg, zu zickig sein „Suzie“ getaufter RB10.

„Wir sind vermutlich hier etwas näher dran, aber im Moment ist es alles Spekulation“, sagte Vettel nach den ersten Trainingseindrücken. 55 WM-Punkte Rückstand auf Hamilton nimmt er als Hypothek mit in den Klassiker an der Cote d’Azur. Der Monaco-Sieger von 2011 hat sich widerwillig mit seiner neuen Situation arrangiert. Weg ist vorerst die Dominanz, die ihn am Ende der vergangenen Saison zu neun Siegen in Serie trug. Und auch das Duell mit seinem neuen Teamkollegen bereitet dem 26-Jährigen viel mehr Mühe als erwartet.

Anders als Mark Webber fährt Daniel Ricciardo bislang auf Augenhöhe mit dem Vierfach-Champion und kommt offenbar besser mit dem neuen Auto zurecht. „Jetzt muss Seb mal so richtig für sein Geld arbeiten“, witzelte Ricciardo. In der Tat beobachtet die Branche mit Interesse, ob der Heppenheimer sein Team zurück an die Spitze führen und auch mit einem unterlegenen Auto Rennen gewinnen kann. Immer wieder wird Vettel unterstellt, er habe seine Erfolge vor allem dem technischen Vorteil seines Dienstwagens zu verdanken gehabt.

Seine spektakuläre Aufholjagd von Platz 15 auf 4 zuletzt in Barcelona drängte die Zweifler vorerst wieder in die Defensive. „Ein wichtiges Lebenszeichen und auch der nötige Beweis, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden“, nannte Vettel seine meisterliche Fahrt. Die Nörgler ganz zu widerlegen, das ist sein Ehrgeiz. Auch in Monaco verbringt er viele Stunden mit seinen Ingenieuren, tüftelt in der Garage an der Lösung komplexer Probleme. Doch schon droht neues Ungemach.

„Es gibt nie eine Garantie, dass man weiter gewinnt“

Nach Angaben des Weltverbands sind an Vettels Motoren-Einheit einige Bauteile bereits mehrfach gewechselt worden. Bei weiteren Tauschaktionen drohen in der zweiten Saisonhälfte Strafen. „Es gibt nie eine Garantie, dass man weiter gewinnt. Siege mit weiteren Siegen zu bestätigen, das ist mit das Schwerste im Sport“, sagte Vettel jüngst. Von seinen 99 Rennen für Red Bull hat er 38 gewonnen, 62 Mal stand er auf dem Podium. „Die Zeit verfliegt. Wir sind erfolgreicher gewesen, als man es je erwarten konnte“, bilanzierte Vettel in Monte Carlo.

Nur wenige Meter neben ihm glitzerte verlockend der Red-Bull-Pool, das vom Wind aufgewühlte Hafenwasser brachte den dreistöckigen Team-Tempel zum Schwanken. Prompt entwickelte Stallrivale Ricciardo ganz ähnliche Pläne für den Sonntag: „Ein Sprung in den Hafen mit dem größten Pokal, den sie hier haben. Hier erinnern sie sich nur an den Gewinner, also heißt es siegen um jeden Preis.“ Es hätten auch Vettels Worte sein können.