Der Rennstall und sein WM-Aspirant mobilisieren für den Endspurt noch einmal allerletzte Reserven. Der Scuderia-Boss verordnete Extraschichten.

Maranello/Berlin. Für die gnadenlose Hetzjagd auf Sebastian Vettel macht Fernando Alonso Überstunden. Nach der Rückkehr vom Formel-1-Spektakel in Abu Dhabi ging der Ferrari-Star mit bestem Beispiel voran, verzichtete auf den geplanten Ruhetag und stieg am Teamsitz in Maranello schon wieder in den Simulator.

„Wir haben zehn entscheidende Tage vor uns“, verkündete Alonsos oberster Boss. „Worte zählen nicht“, sagte Luca di Montezemolo und richtete einen eindringlichen Appell an die Scuderia: „Es liegt an uns, jeden einzelnen Stein umzudrehen.“

Mit zehn Punkten Rückstand auf Titelverteidiger Vettel geht Alonso in die verbleibenden Rennen im texanischen Austin und in Sao Paulo. Vettels furiose Fahrt vom letzten Startplatz auf Rang drei in Abu Dhabi zeigte dem Spanier einmal mehr, dass der Deutsche derzeit einfach im besseren Auto sitzt. „Also müssen wir weiterarbeiten. In Maranello schuften sie Tag und Nacht, um neue Teile zu bauen“, sagte Alonso. „Wir geben unser Maximum, hoffentlich reicht es.“

Bereits in Abu Dhabi hatte die Ferrari-Crew gleich zweimal nacheinander die vom Weltverband verordnete Sperrstunde durchbrochen und morgens ab vier bzw. fünf Uhr am F2012 geschraubt. Bis zum Premieren-Grand-Prix in Austin in der kommenden Woche werden Alonsos Mechaniker und Ingenieure den Schlaf kaum nachholen können. „Diese Woche wird enorm wichtig für uns“, sagte Teamchef Stefano Domenicali und kündigte an: „Ich werde versuchen, die Leute in die richtige Richtung zu treiben. Das müssen wir einfach tun.“

Im Kampf um den ersehnten Fahrertitel mobilisieren die Italiener die allerletzten Reserven. Seit 2007, als Kimi Räikkönen im Finalrennen triumphierte, wartet Ferrari auf einen Titel. 2008 zerplatzten Felipe Massas Hoffnungen in der letzten Kurve der Saison. Zwei Jahre später entglitt Alonso der schon sicher geglaubte WM-Erfolg durch das Taktikdesaster in Abu Dhabi. Damals musste der stolze Asturier seinem Rivalen Vettel gratulieren. Diesmal will Alonso den Red-Bull-Piloten auf den letzten Kilometern noch abfangen.

Und glaubt man Vettels Teamkollege Mark Webber, sollte der deutsche Spitzenreiter alles daran setzen, vorzeitig für die Entscheidung zu sorgen. „Wenn es erst im letzten Rennen um die WM-Krone geht, wird es sehr dramatisch“, sagte der Australier dem hauseigenen Red-Bull-Sender ServusTV am Montagabend. In Brasilien brauche Vettel trockenes Wetter: „Er kann im Regen auch fahren, aber im Regen ist Fernando sehr stark. Und in Sao Paolo kann es nass werden.“

Ob er auch schon ein Regenrennen probte, ist nicht bekannt. Noch am späten Montagabend twitterte Alonso aber ein Bild von seinem Lenkrad im Ferrari-Simulator und schrieb dazu doppeldeutig: „Bin immer noch da.“

Vettel gönnt sich allerdings auch nur eine kurze Atempause in seiner Schweizer Wahlheimat. Schon am Mittwoch und Donnerstag setzt er sich wieder in der Red-Bull-Fabrik im englischen Milton Keynes in den Simulator, um sich mit der neuen Strecke in Austin vertraut zu machen. „Ich mag neue Rennstrecken, die neue Herausforderung“, sagte Vettel der „Bild“-Zeitung (Dienstag).

Alonso aber will sich auch nach der Enttäuschung vom Wochenende, als er nur drei Punkte auf den entfesselt fahrenden Vettel gutmachen konnte, nicht unterkriegen lassen. „Ich bin zuversichtlich“, verkündete er tapfer. Und Teamchef Domenicali ergänzte klipp und klar: „Wir müssen an uns glauben. Wenn jemand das nicht tut, sollte er sich ein anderes Team suchen.“