Hamburg. Einzelrennen der Triathlon-WM in Hamburg werden in neuem Supersprintformat ausgetragen. Das schaut sich sogar IOC-Präsident Bach an.

Das erste Gold bereits zu gewinnen, bevor der erste Startschuss gefallen ist, das ist nicht alltäglich. Umso mehr freute sich Martin Engelhardt, Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU), über die Auszeichnung, die der Weltverband World Triathlon schon vor dem offiziellen Beginn an diesem Donnerstag um 15 Uhr mit der Nationenparade auf dem Jungfernstieg den Welttitelkämpfen in Hamburg verliehen hatte.

Im Rahmen eines Global Summits in der Handelskammer am Mittwoch wurden die WM-Macher – DTU, Stadt Hamburg und die Agentur Ironman Germany – mit dem höchstmöglichen Nachhaltigkeitszertifikat ausgezeichnet. „In einer Zeit, in der wir alle gefordert sind, uns mit Antworten auf den Klimawandel zu befassen, ist das eine schöne Wertschätzung“, sagte der 63 Jahre alte Mediziner, der den nationalen Verband von 1987 bis 2001 führte und 2011 das Amt erneut übernahm.

Erfahrung hat Martin Engelhardt also ausreichend. Eine Antwort darauf zu geben, ob neben der Umweltplakette auch mit nachhaltigem sportlichen Erfolg für Deutschland gerechnet werden kann, traute er sich dennoch nicht zu.

Supersprint ist für viele Neuland

Der Grund dafür ist ein einleuchtender, in den Einzelrennen der weiblichen und männlichen Elite kommt ein Format zur Anwendung, das selbst für deutsche Spitzenleute Neuland ist: der Supersprint über 300 Meter Schwimmen, 7,5 Kilometer Radfahren und 1,6 km Laufen. Um Weltmeister zu werden, gilt es zunächst, sich am Freitagvormittag im Vorlauf zu behaupten.

Dort starten Frauen und Männer in je zwei 30er-Gruppen, aus denen die je besten zehn direkt in die Finals am Sonnabend einziehen. Am Freitagabend werden aus den übrigen Starterinnen und Startern je zwei 20er-Gruppen für die Hoffnungsläufe gebildet, aus denen die besten fünf weiterkommen.

Am Sonnabend stehen dann für die besten 30 beider Geschlechter maximal drei Finalläufe an, aus denen jeweils zehn Athletinnen und Athleten ausscheiden, bis die besten zehn jedes Geschlechts um die Medaillen kämpfen. Klingt kompliziert? Ist es auch, sagt Lasse Lührs.

Lasse Lührs will in die Top Ten

Der 27-Jährige, geboren in Cuxhaven und mittlerweile für TV Buschhütten startend, war im vergangenen Jahr beim „normalen“ Weltseriensprint auf dem Rathausmarkt als Zehnter bester Deutscher gewesen. In diesem Jahr würde er dieses Resultat gern toppen, „aber da ich bislang noch nie in diesem Format angetreten bin, kann ich nicht einschätzen, was mich erwartet“, sagt er.

Laura Lindemann, deutsche Nummer eins und nach einer Lebensmittelvergiftung, die am vergangenen Wochenende ihren Start bei den deutschen Meisterschaften in Düsseldorf unmöglich machte, wieder bei Kräften, ist voller Hoffnung auf eine WM-Medaille.

Sie hat Lührs immerhin voraus, vor zwei Jahren beim ersten Testevent im Supersprint in Montreal (Kanada), wo im vergangenen Jahr erstmals auch WM-Titel vergeben wurden, gestartet zu sein. „Es ist ein sehr spannendes Format, das taktisch einige Optionen bietet. Für die Zuschauer ist es sehr interessant, weil es wirklich keine Ruhephasen gibt“, sagt die 27 Jahre alte Potsdamerin.

Format soll junge Zielgruppe locken

Warum die Verbände auf dieses komprimierte Format setzen, das innerhalb von rund 20 Minuten pro Lauf durchgezogen werden kann, liegt auf der Hand. Das Konsumverhalten der TV- und Streamingzuschauer verändert sich stark, Aufmerksamkeitsspannen werden kürzer. „Wir müssen uns als Sportart anpassen und immer wieder modernisieren. Deshalb bin ich sehr gespannt, wie dieses Format angenommen wird“, sagt DTU-Präsident Engelhardt.

Marisol Casado (66), die spanische Weltverbandspräsidentin, sieht noch einen weiteren Aspekt: „Wir könnten uns vorstellen, dass der Supersprint 2032 in Brisbane ins olympische Programm aufgenommen werden könnte“, sagt sie. Aktuell werden Olympiamedaillen über die Distanz von 1,5 km Schwimmen, 40 km Rad und 10 km Laufen vergeben.

In Hamburg das Supersprintformat einzuführen, sei ein logischer Schritt, sagt Marisol Casado. Seit der Weltverband 2007 erstmals eine WM an die Hansestadt vergeben hatte, gilt Hamburg als wichtigstes Experimentierfeld. Seit 2009 ist die Innenstadt die größte Arena für die Weltserie.

Hamburg ganz besonderer Standort

2013 fand die erste Mixedstaffel-WM in der City statt. 2020, als im Zuge der Corona-Pandemie auch die Sportwelt nahezu still stand, war der abgeschottete Stadtpark die einzige Station für einen internationalen Wettkampf. „Hamburg ist für viele Events die Blaupause und für uns ein ganz besonderer Standort“, sagt Casado.

Insbesondere die Begeisterung des Pu­blikums, die nationale und internationale Topstars immer wieder hervorheben, suche weltweit ihresgleichen. Dazu komme die herausragende Wasserqualität in der Alster, die sich aktuell mit 21 bis 23 Grad als angenehme Abkühlung präsentiert.

Andy Grote (SPD), der am Mittwochnachmittag Delegationen der Verbände, Sponsoren und Aktiven im Kaisersaal des Rathauses empfing, freut sich über so viel Anerkennung. Hamburgs Sportsenator ist großer Fan der Mixedstaffel, deren Besetzung erst nach den Einzelrennen feststeht und die am Sonntagnachmittag das Wettkampfprogramm abschließt. „Wir werden ein fantastisches Festival erleben, es ist das sportliche Highlight des Jahres“, sagt er.

Stadt gibt 460.000 Euro

460.000 Euro Unterstützung leistet die Stadt für die WM, der Werbewert liegt um ein Vielfaches höher, bei Weltserien-Events zuletzt bei rund 15 Millionen Euro. Mit rund 10.500 Aktiven inklusive aller Altersklassen- und Jedermannrennen sind die Starterfelder ausgebucht. 70 Prozent der Teilnehmenden sind männlich, 90 Prozent deutsch, 39 Nationen gemeldet.

Alle Rennen und das Rahmenprogramm können kostenfrei besucht werden. Das lässt sich sogar Thomas Bach nicht nehmen. Der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat sich für den Sonnabend angekündigt.

Zeitplan der WM-Wettbewerbe: Donnerstag: 17 Uhr Juniorinnen U 23, Sprint (0,75 km Schwimmen/20 km Rad/5 km Laufen); 19 Uhr Junioren U 23, Sprint (0,75/20/5). Freitag: 8 bis 8.50 Uhr Elite Männer, Supersprint (0,3/7,5/1,6), Vorläufe; 10 bis 10.50 Uhr Elite Frauen, Supersprint (0,3/7,5/1,6), Vorläufe; 19 bis 20 Uhr Elite Männer, Supersprint, Hoffnungsläufe; 20.15 bis 21.15 Uhr Elite Frauen, Supersprint, Hoffnungsläufe. Sonnabend: 13 bis 14.30 Uhr U 23 Mixedstaffel, Supersprint (4 x 0,3/7/1,6); 16.20 bis 19.05 Uhr Elite Männer, Supersprint, Finalläufe; 16.55 bis 19.40 Uhr Elite Frauen, Supersprint, Finalläufe. Sonntag: 14.15 bis 15.30 Uhr Elite Mixed­staffel, Supersprint (4 x 0,3/7/1,6). TV: Die ARD überträgt live im Hauptprogramm am Sonnabend von 18.20 bis 19.45 Uhr und am Sonntag von 14.10 bis 15.35 Uhr. Alle Rennen bis auf die U-23-Mixedstaffel gibt es zudem live im Stream auf sportschau.de.