Hamburg. Vom HSV auf Rang 16 bis Schalke 04 auf Platz 9 sind es nur sechs Punkte Differenz. Kampf kann in dieser Saison sehr lange dauern.

Es ist natürlich nur eine kleine, statistische Spielerei. Aber sie ist beeindruckend und zeigt, wie eng es im Abstiegskampf 2017 zugeht.

HSV erwartet das große Zittern

Wenn also alle Bundesligisten ihren 2017 bislang erreichten Punkteschnitt bis Saisonende durchzögen, würden erstmals seit 1998 38 Punkte nicht zum sicheren Klassenerhalt reichen. Andererseits würden (wie beim HSV 2014) 27 Punkte genügen, um erneut die Relegation zu spielen. Verrückt. Eines aber gilt wie in allen bisherigen 53 Bundesligasaisons auch: Der HSV bleibt erstklassig. Aber wieder nur nach großem Zittern.

Kampf kann in dieser Saison lange dauern

Die Angst vor dem Abstieg hat inzwischen zehn Teams erfasst. Vom HSV auf Rang 16 bis zu Schalke 04 auf Platz 9 sind es nur sechs Punkte Differenz. Die Gelsenkirchener haben am Sonntag mit ihrem 1:0-Sieg beim Konkurrenten Mainz 05 die Sorgen bei den Rheinhessen erheblich vergrößert. Sead Kolasinac (50.) sorgte für die Entscheidung. „Es ist sehr bitter, als Verlierer vom Platz zu gehen“, sagte der Ex-Schalker Danny Latza: „Wir stecken jetzt mittendrin, wir müssen das einfach annehmen.“

Mainz’ Trainer Martin Schmidt schaudert es beim Blick auf die Tabelle: „Die Situation ist noch ein bisschen enger geworden. In diesem Jahr gibt es eine Konstellation, die es selten gegeben hat. Der Kampf kann sehr lange gehen in dieser Saison. Jedes Spiel ist bereits jetzt Abstiegskampf.“

Werder sprintet aus dem Tabellenkeller

Nur Darmstadt 98 und der FC Ingolstadt scheinen mit zwölf beziehungsweise acht Punkten Rückstand auf den HSV schon abgeschlagen, obwohl sie sich weiterhin teuer verkaufen. In Ingolstadt stellt keiner die Arbeit von Maik Walpurgis infrage. „Wir haben ihm signalisiert, dass wir mit ihm zufrieden sind“, sagte Geschäftsführer Harald Gärtner nach dem 0:1 beim BVB. Walpurgis selbst sieht eine Entwicklung: „Wir werden immer besser. Die Hoffnung stirbt nicht.“ So sieht es auch Darmstadts Trainer Torsten Frings: „Wir müssen weiterarbeiten. Wir werden nicht aufgeben.“

Beim FC Augsburg bemüht man sich trotz des 1:1 im Heimspiel gegen den SC Freiburg um Ruhe und Gelassenheit. Trainer Manuel Baum macht zudem eine Rechnung auf, die der Prognosetabelle widerspricht. „Wenn wir in jedem Spiel einen Punkt holen, dann denke ich, dass es reicht“, so Baum. 38 Zähler sollen demnach genügen. Manager Stefan Reuter peilt weiterhin die direkte Rettung an: „Unser Ziel ist es, drei Mannschaften hinter uns zu lassen.“ Der größte Trumpf des FCA ist aus seiner Sicht „die Geschlossenheit bei uns“.

Die Elf der Stunde aber kommt vom Osterdeich. Gegen alle Prognosen hat Werder Bremen einen Zwischensprint raus aus dem Tabellenkeller hingelegt. „Des is a Wahnsinn!“, grinste Zlatko Junuzovic nach dem fünften Streich in Folge. Auch ohne seine Starangreifer Serge Gnabry und Max Kruse wurde Aufsteiger Leipzig aus dem Weserstadion gezaubert. RB verleiht Flügel – im Abstiegskampf. 13 von 15 möglichen Punkten hat Werder aus den letzten Spielen geholt.

Rudi Völler schmerzt die Tabelle

Gegen den mit viel Geld aus Österreich geschaffenen, kriselnden Brauseclub sorgte Werder für ein Novum in der Bundesliga: drei Treffer durch drei Österreicher in einem Spiel. Neben Kapitän Junuzovic waren auch seine Landsleute mit seinen Landsleuten Florian Grillitsch und Florian Kainz erfolgreich. „Heute waren die Österreicher vielleicht die besseren Fußballer“, sagte Junuzovic.

Den entgegengesetzten Weg nimmt gerade Leverkusen. Da half auch der Trainerwechsel von Roger Schmidt zu Tayfun Korkut noch nichts. Mit dem 0:1 in Hoffenheim blieb der Werksclub in den letzten vier Spielen sieglos, verlor dreimal, die Abstiegszone ist deutlich näher als der angestrebte Europapokal. „Es wäre fatal, von den vorderen Plätzen zu sprechen. Wir sind gewarnt: Alle Antennen sind ausgefahren“, sagte Sportdirektor Rudi Völler sorgenvoll: „Die Tabelle lügt nicht, sie tut weh.“

Ob die Umstellung auf schmutzigen Abstiegskampf seiner ambitionierten Millionentruppe aber gelingt, ist ungewiss. Die Verunsicherung schleicht sich auch in die Köpfe bewährter Nationalspieler. Völler probierte sich nun in Abstiegskampf-Rhetorik: „Du musst beißen, kämpfen, um ein bisschen nach vorne zu kommen. Gegen den VfL Wolfsburg muss nach der Länderspielpause die Hütte brennen, um uns von unten abzusetzen.“

Der andere Werksclub der Liga genießt aber mit seinem neuen Trainer Andries Jonker einen genau gegenteiligen Trend: Drei Spiele ungeschlagen – und immer trifft Mario Gomez. Auch der VfL hat nach dem mühsamen 1:0 gegen das tapfere aber abgeschlagene Darmstadt 98 den Anschluss an das untere Mittelfeld wiederhergestellt. Mehr aber auch nicht. „Wir sind immer noch in einer sehr brenzligen Situation“, sagte Gomez, „plötzlich gewinnen alle da unten.“