Königssee. Bei der Heim-WM räumen die deutschen Piloten im Vierer alles ab. Eine solche Dominanz gab es noch nie. Ein Fingerzeig für Olympia.

Drei Medaillen für die Ewigkeit: Die deutschen Bobpiloten haben bei der Heim-WM am Königssee ein bislang einmaliges Kapitel Sportgeschichte geschrieben. Francesco Friedrich und Johannes Lochner wurden zeitgleich Weltmeister im Vierer, zudem komplettierte Nico Walther als dritter Deutscher das Podest für nur eine Nation – all das hatte es in 93 Jahren Bob-WM zuvor nie gegeben.

Zwölf Monate vor Olympia 2018 in Pyeongchang nutzten die Athleten des deutschen Verbandes BSD ihren Heimvorteil damit optimal und untermauerten ihren Anspruch auf Siege und Medaillen bei den kommenden Winterspielen: In Südkorea wollen Lochner, Friedrich und Co. endlich die Schmach von 2014 wettmachen, damals waren die deutschen Bobs in Sotschi komplett leer ausgegangen.

Schweizer Dreifachsieg wurde aberkannt

Vor allem Friedrich und Lochner ist nun einiges zuzutrauen, die Entscheidung zwischen den Toppiloten nach vier Läufen am Sonntag wurde zum Herzschlagfinale. Noch vor dem letzten Lauf lag eine Hundertstel zwischen beiden Piloten. "Wir sind beide Weltmeister, das gab es noch nie, perfekt", jubelte Friedrich, für Lochner war der Ausgang des WM-Rennens der "absolute Wahnsinn, unfassbar".

Walther hielt zudem Titelverteidiger Oskars Melbardis aus Lettland um 13 Hundertstel hinter sich, damit war der Dreifach-Triumph perfekt. 1997 in St. Moritz hatte die Schweiz schon einmal an einem solchen Rekord geschnuppert, die Gastgeber belegten im Vierer das komplette Podium. Wenige Stunden nach dem Rennen wurden aber alle Schweizer wegen irregulärer Kufen disqualifiziert, der Deutsche Wolfgang Hoppe "erbte" den WM-Titel.

Friedrich bestätigt erstmals sein Potenzial

Friedrich hält nun die Titel im großen und kleinen Schlitten, Lochner ist Welt- und Europameister in der Königsdisziplin des Sports. Ohne Zweifel wird Deutschland in die Olympische Saison mit dem Anspruch starten, in Südkorea um zwei Goldmedaillen zu kämpfen. Die Zweier-Konkurrenz dominiert Friedrich ohnehin fast nach Belieben, seit Jahren werden ihm grundsätzlich auch Erfolge im Vierer zugetraut.

Nun bestätigte er sein Potenzial erstmals bei einem Großereignis. Im Duell mit Lochner wird es in den kommenden Jahren auch darum gehen, wer mittelfristig in die Rolle als Deutschlands bester Fahrer in der Königsdisziplin schlüpft. Seit dem Rücktritt von Ex-Weltmeister Maximilian Arndt im vergangenen Sommer ist diese unbesetzt. Zuletzt schien es durchaus so, als würde Lochner das Rennen machen.

Material offenbar nicht entscheidend

Der Bayer bestreitet zwar erst seit diesem Winter regelmäßig Weltcup-Rennen im großen Schlitten, dennoch fährt er schon auf Weltklasse-Niveau. Drei Weltcups gewann er in dieser Saison, es waren die bis zur WM einzigen deutschen Vierer-Siege. Auf seiner Hausbahn am Königssee galt Lochner nun seit Wochen als klarer Favorit, allerdings warf den Studenten zuletzt eine hartnäckige Viruserkrankung zurück – vielleicht auch deshalb konnte Friedrich in den beiden entscheidenden Läufen am Sonntag noch mit Lochner gleichziehen.

In der weiterhin offenen Materialfrage liefert die WM indes deutliche Hinweise und ermutigende Signale mit Blick auf Olympia. Lochner und Friedrich fahren in privat finanzierten Viererbobs des österreichischen Herstellers Wallner, Walther nutzt den neuen Schlitten des staatlich geförderten Stammausrüsters FES. Offensichtlich bewegen sich beide Modelle mittlerweile fast auf Augenhöhe, einige Fahrfehler Walthers sorgten für seinen kleinen Rückstand.

Nach Weltcupfinale fällt Entscheidung

Im Zweier bietet sich allerdings ein anderes Bild: Auch dort sind Lochner und Friedrich mit vom Verband angeschafften Wallnerbobs unterwegs, Walther fährt FES-Material und hatte damit in diesem Winter meist einen Nachteil. Vor der Saison hatte sich der BSD für eine zweigleisige Lösung entschieden, um mit Blick auf die Winterspiele das bestmögliche Material zu ermitteln. Nach dem Weltcupfinale auf der Olympiabahn in Pyeongchang im März sollen die Piloten ihre Wahl für die wichtige kommende Saison treffen.