Delray Beach. Die Durststrecke des gebürtigen Hamburgers geht weiter. Dabei hatte er den ersten Sieg seit fast zwei Jahren schon vor Augen.

Tommy Haas war wütend. Es brodelte in dem 38-Jährigen nach der verpassten Chance auf seinen ersten Einzelerfolg auf der Tour seit Juli 2015. "Es ist Mist, wenn man so nah vor dem Sieg steht und dann nicht gewinnt. Dieses Gefühl hatte ich lange nicht mehr", sagte der gebürtige Hamburger, der auf seiner Abschiedstournee genervt nachschob: "Und es ist kein gutes Gefühl."

Das Feuer brennt noch im ewigen Tommy – das spürt man. Kein Wunder, dass ihn die 7:6 (7:4), 6:7 (8:10), 2:6-Niederlage in der ersten Runde des ATP-Turniers in Delray Beach (USA) gegen Nikolos Basilaschwili (Georgien) zusetzte. Nach dem Gewinn des Auftaktsatzes hatte Haas im zweiten Durchgang bereits mit Break geführt.

Neun Operationen in 21 Jahren

Doch in der 2:14 Stunden langen Partie fehlte dem Turniersieger von 2006 am Ende auch die Matchpraxis. "Training ist eben etwas völlig anderes als ein Spiel", sagte der ehemalige Weltranglistenzweite, der nach seiner kompletten Pause 2016 wegen einer Fußoperation mittlerweile auf Rang 1024 abgestürzt ist.

Haas aber kämpft wacker weiter um einen würdigen Abschluss – nach 21 Jahren in der Knochenmühle, nach insgesamt neun Operationen und nach ebenso vielen Comebacks. Alles spricht dafür, dass der Wahl-Amerikaner seine endgültige Abschiedsvorstellung auf der großen Bühne der US Open in New York im August geben wird.

"Gewinnst du einen Pokal?"

Die große Antriebsfeder bis dahin ist seine sechsjährige Tochter Valentina. "Ich möchte diese Erfahrung machen, dass sie mir von der Tribüne aus zusieht und mich anfeuert. Und dass sie das ihr ganzes Leben lang nicht mehr vergisst. Bald ist es hoffentlich soweit", verriet Haas.

Wenn Haas das Haus mit viel Gepäck und seiner Schlägertasche verlässt, stellt Valentina immer die gleiche Frage: "Gewinnst du einen Pokal?" Doch Papa muss seit geraumer Zeit immer die gleiche Antwort geben. "Ich sage dann: Ich versuche erstmal, ein Match zu gewinnen", berichtete er.

Übergang zum Geschäftsmann hat begonnen

Sein geschundener Körper könnte auf der Zielgeraden seiner Karriere wieder einmal zum größten Feind werden. Die viermal operierte Schulter hielt gegen Basilaschwili zwar, im zweiten Satz aber musste er sich am Oberschenkel behandeln lassen. "Ich konnte einen Moment mein Bein nicht mehr anheben. Ich dachte nur: Bitte lass' es nichts Schlimmes sein", meinte Haas über den Balanceakt.

Bereits bei seinem x-ten Comeback bei den Australian Open im Januar hatte ihm seine Physis einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach einem 0:2-Satzrückstand gegen Benoit Paire (Frankreich) gab Haas entkräftet auf. Zumindest konnte er nun in Florida erstmals seit Oktober 2015 wieder ein Einzelmatch beenden.

In den kommenden Wochen tauscht der dreimalige Melbourne-Halbfinalist das Tennis-Hemd erst einmal gegen seriösere Kleidung. Der 38-Jährige fungiert beim Masters in Indian Wells (ab 8. März) erstmals als Turnierdirektor. Der Übergang vom Profi zum Geschäftsmann, er hat für Haas längst begonnen. Fehlt nur noch der perfekte Abschied vom Centre Court. "Davon", gab der ewige Tommy zu, "träumt doch jeder."