Christoph Schickhardt: Ein 17-Jähriger ist überfordert. Hakan Calhanoglu muss sich bon Trabzonspor verspotten lassen.

Der prominente Sport-Anwalt und Berater von Bundestrainer Joachim Löw, Prof. Christoph Schickhardt, hat die viermonatige Sperre gegen Leverkusens Profi Hakan Calhanoglu heftig kritisiert. Ohne explizit von einem "Fehlurteil" des Internationalen Sportgerichtshof CAS zu sprechen, sagte Schickhardt, die Verantwortung für den Fall liege allein beim türkischen Erstligisten Trabzonspor.

"Ich habe mir das Urteil durchgelesen. Schuld ist der türkische Verein, der sich über alles hinweggesetzt hat, was geregelt ist im Weltfußball. Er hat mit einem 17-Jährigen einen Fünf-Jahres-Vertrag abgeschlossen. Das ist verboten", sagte Schickhardt im Sport1-Interview. "Er hätte mit Calhanoglu gar nicht verhandeln dürfen, ohne den Karlsruher SC zu informieren. Der Vertrag hätte gar nicht geschlossen werden dürfen."

Das Urteil ist allerdings unumstößlich. Schickhardt sagte, ein 17-jähriger Junge könne die Hintergründe und Fallstricke nicht erkennen. "Deswegen ist es auch ein Musterbeispiel dafür, dass man jungen Spielern auch nur raten kann, verantwortungsvolle Anwälte mit solchen komplizierten Fällen zu betrauen, die dafür haften. Der Spieler wusste gar nicht, was er unterschreibt – davon gehe ich ganz sicher aus", sagte Schickhardt.

Trabzonspor verspottet Calhanoglu

Der türkische Fußball-Erstligist Trabzonspor hat Bayer Leverkusens Mittelfeldspieler Hakan Calhanoglu (22) nach der Bestätigung von dessen Viermonatssperre verspottet. "Du unterschreibst bei Trabzonspor, nimmst das Geld und verschwindest!", schrieb Vizepräsident Nevzat Aydin bei Twitter: "Als wir dann unser Recht suchen, heißt es auf einmal: Aber er ist Nationalspieler."

Calhanoglu hatte 2011 eine Vereinbarung mit Trabzon unterschrieben, sich danach aber an den Karlsruher SC gebunden. Dagegen hatte Trabzonspor geklagt – trotz Aufforderungen in der Heimat, den türkischen Nationalspieler zu verschonen. "Die Strafe gegen Calhanoglu ist noch milde ausgefallen", schrieb Aydin: "Vor allem die Geldstrafe von 100.000 Euro." Der Verein hatte eine Million Euro Entschädigung gefordert.

Auf seiner Homepage teilte Trabzonspor mit, die "Calhanoglu-Seite" habe "den Handschlag, den wir für eine Einigung angeboten haben, verweigert". Nur deshalb sei es zur Klage beim Weltverband Fifa wegen Vertragsbruchs gekommen. Der CAS bestätigte das Fifa-Urteil am Donnerstag. Calhanoglu wird nicht nur Bayer fehlen, er verpasst auch das WM-Qualifikationsspiel der türkischen Nationalmannschaft gegen Finnland am 23. März.

Bayer erhebt Vorwürfe gegen Sportgerichtshof CAS

Bayer Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade warf unterdessen dem Internationalen Sportgerichtshof CAS vor, das Urteil im Fall Hakan Calhanoglu verspätet verkündet zu haben. „Besonders perfide ist, dass mit der Verkündung des Urteils gewartet wurde, bis das Transferfenster geschlossen war“, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Bayer habe die Information gehabt, dass das Urteil vom CAS schon Tage vorher gefällt worden sei, aber aus bürokratischen Gründen nicht unmittelbar veröffentlicht wurde. „Theoretisch hätten wir noch einen Spieler verpflichten können“, sagte Schade. Die Wechselfrist für die Bundesligaclubs war am Dienstag zu Ende.

Karlsruhe spricht sich frei

Zweitligist Karlsruher SC ist sich im Fall Hakan Calhanoglu keiner Schuld bewusst. Diese Ansicht erneuerte Präsident Ingo Wellenreuther am Freitag. "Es gibt keine Schuld des Vereins. Wir haben den Vorgang damals nicht gekannt, deshalb waren alle Verträge regulär und rechtens", sagte Wellenreuther.

Über die 2011 unterzeichnete Vereinbarung mit dem türkischen Verein Trabzonspor habe Calhanoglu den KSC "damals nicht informiert", betonte der Präsident: "Wir haben damit also überhaupt nichts zu tun."

Kreuzer ist schockiert

KSC-Sportdirektor Oliver Kreuzer zeigte kein Verständnis für das Strafmaß. „Ich bin über das Ausmaß der Sperre schockiert. Hakan war damals ein junger Spieler von 17 Jahren bei uns in der Jugendabteilung und wollte nur Fußballspielen. Wenn er überhaupt irgendetwas unterschrieben hat, dann sicher nicht freiwillig“, sagte der frühere Sportdirektor des HSV dem Fernsehsender Sky Sport News HD.