Buffon versöhnt sich mit der Latte. Italien hatte Spanien lange Zeit im Griff und schickt den Titelverteidiger nach Hause.

Der alte deutsche Angstgegner Italien hat Spanien den letzten Nerv geraubt und fordert nun den Weltmeister heraus. Überraschend mutig und offensiv schaltete die Squadra Azzurra das gefürchtete Passspiel des Titelverteidigers aus – sie gewann das Achtelfinale der Giganten dank einer taktischen Meisterleistung verdient 2:0 (1:0). Der Traum der hilflosen Spanier vom EM-Hattrick platzte zwei Jahre nach dem WM-Debakel brutal. „Das war völlig verdient“, analysierte ARD-Experte Mehmet Scholl.

Am Sonnabendabend in Bordeaux (21 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) werden die Italiener gegen Deutschland kaum weniger selbstbewusst auftreten: Sie haben von acht Turnierspielen gegen die DFB-Auswahl keines verloren, zuletzt siegten sie im EM-Halbfinale 2012 2:1.

Dennoch macht es den Eindruck, als zittert die Squaddra Azzura vor der Löw-Elf. "Deutschland gegen Italien – man erschaudert davor", fand Italiens Nationaltrainer Antonio Conte markige Worte. Gegen den Weltmeister, so der 46-Jährige weiter, werde es äußerst schwierig werden: "Wahrscheinlich noch härter als gegen Spanien."

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Die nächste Chance, den Deutschen eins auszuwischen, bietet sich durch Tore von Giorgio Chiellini (33.) nach einem Torwartfehler von David De Gea und Graziano Pellè (90.+1). Italien nahm dadurch auch Revanche für das ohne jede Chance verlorene EM-Finale 2012 (0:4) – entsprechend stand auf einem Fanplakat: „Spexit“.

Buffon schließt Frieden mit der Latte

Allerdings konnten sich die Italiener in der Schlussphase auch bei ihrem Torhüter Gianluigi Buffon bedanken. Er parierte gegen die anstürmenden Spanier mehrfach großartig. Nach dem Spiel baumelte der 38-Jährige erneut an der Latte, diesmal allerdings ohne anschließenden Rückenklatscher. Nach dem Belgien-Spiel stürzte er noch beim Griff an den Querbalken.

Italien erwischte den besseren Start

Spanien wurde nach dem Anpfiff vor 76.125 Zuschauern im verregneten St. Denis erst einmal überrascht – von einer erstaunlich aktiven Squadra, die auch gleich die erste gute Chance besaß: De Gea wehrte einen Kopfball des früheren Turniertänzers Pellè gerade noch ab (8.). Pellè wurde regelmäßig aus dem Zentrum von Daniele De Rossi mit langen Pässen angespielt, ein einfaches, aber äußerst probates Mittel, das den Spaniern gar nicht behagte.

Auch Spanien und Italien hatten sich schon häufiger zu wegweisenden Spielen bei großen Turnieren getroffen. Bei der EM 2008 gewann die noch von Luis Aragones trainierte La Roja ein denkwürdiges Viertelfinale (4:2 i.E.) – es machte nach Jahrzehnten des frühen Scheiterns den Weg frei zum EM-Titel 2008, zum WM-Titel 2010 und zum EM-Titel 2012.

Nun aber wirkten die Spanier planlos, die Italiener dagegen taten, was sie am Besten können: humorlos verteidigen und schnörkellos angreifen. Das sah äußerst souverän aus und wurde nach einer halben Stunde belohnt. Fünf Minuten, nachdem Sergio Ramos fast ein Eigentor fabriziert hätte, konnte De Gea einen Freistoß von Eder nicht festhalten. Emanuele Giaccherini blieb beim Nachschussversuch noch hängen, Chiellini schob ein.

Was für ein Schock für Spanien: Der erste Gegentreffer in einem K.o.-Spiel seit der Achtelfinal-Niederlage bei der WM 2006 gegen Frankreich (1:3) schien die Mannschaft zu lähmen. Den simplen Spielzug „De Rossi auf Pellè“ verteidigte der Europameister nicht mal im Ansatz mit Konsequenz, die Italiener, älteste Mannschaft dieser EM, wirkten frischer, spritziger und entschlossener.

Spanien fand erst spät zu alter Stärke

Das 1:0 zur Pause war daher fast noch zu wenig, De Gea verhinderte Sekunden vor dem Abpfiff der ersten Halbzeit einen weiteren Treffer durch Giaccherini.

Spanien bäumte sich erst nach der Pause auf. Alvaro Morata (49.) bekam eine gute Chance, der Angreifer von Juventus Turin köpfte den Ball hart, aber direkt in die Arme seines Vereinskollegen Buffon. Kurz danach wäre es fast schon aus gewesen, als De Gea im Eins-gegen-Eins gegen den heranstürmenden Eder retten musste (55.).

Nochmal sieben Minuten herrschte völlige Konfusion im spanischen Strafraum, aber kein Italiener war da, um den Ball ins Tor zu schießen. Dann warf Spanien noch einmal alles nach vorne – vergeblich. Gerard Piqué hatte in der 89. Minute die Riesenchance zum Ausgleich, der Verteidiger scheiterte aber am bärenstarken Buffon.

Die Statistik

Italien: Buffon/Juventus Turin (38 Jahre/159 Länderspiele) - Barzagli/Juventus Turin (35/60), Bonucci/Juventus Turin (29/61), Chiellini/Juventus Turin (31/87) - De Rossi/AS Rom (32/106) ab 54. Motta/Paris St. Germain (33/30) - Florenzi/AS Rom (25/20) ab 84. Darmian/Manchester United (26/25), Parolo/Lazio Rom (31/23), Giaccherini/FC Bologna (31/28), De Sciglio/AC Mailand (23/25) - Eder/Inter Mailand (29/13) ab 82. Insigne/SSC Neapel (25/11) - Pellè/FC Southampton (30/16). - Trainer: Conte

Spanien: De Gea/Manchester United (25/13) - Juanfran/Atlético Madrid (31/21), Piqué/FC Barcelona (29/81), Ramos/Real Madrid (30/135), Alba/FC Barcelona (27/47) - Busquets/FC Barcelona (27/87) - Fàbregas/FC Chelsea (29/110), Iniesta/FC Barcelona (32/112) - Silva/Manchester City (30/103), Morata/Juventus Turin (23/13) ab 70. Vàzquez/Real Madrid (24/2), Nolito/Celta Vigo (29/13) ab 46. Aduriz/Athletic Bilbao (35/9) ab 81. Pedro Rodriguez/FC Chelsea (28/59). - Trainer: Del Bosque

Schiedsrichter: Cüneyt Cakir (Türkei)

Tore: 1:0 Chiellini (33.), 2:0 Pelle (90.+1)

Zuschauer: 76.165

Gelbe Karten: De Sciglio, Pelle, Motta (2) - Nolito, Busquets, Silva

Torschüsse: 11:13

Ecken: 5:9

Ballbesitz: 42:58 %