Hamburg. Kapitän Christoph Schubert versucht gemeinsam mit seiner Ehefrau Janina Geldgeber zu finden, damit der Eishockeyclub eine Zukunft hat.

Besonders in schweren Zeiten ist der Zusammenhalt in der Familie der wichtigste Eckpfeiler, um eine Krise zu bewältigen. Als Christoph Schubert am Freitagmorgen das Abendblatt im Restaurant „Estoril“ in der Osterstraße empfängt, bringt er Verstärkung mit. Gemeinsam mit Ehefrau Janina und Schwager Lasse kämpft der 34-Jährige um den Fortbestand der Hamburg Freezers. Bis Dienstagmittag muss der Eishockeyclub nach dem am Mittwoch überraschend bekannt gewordenen Rückzug des Eigners Anschutz Entertainment Group (AEG) einen neuen Geldgeber finden. Und die Familie Schubert packt mit an.

„Ich habe gegoogelt, welche Unternehmen es geben könnte, die uns helfen können. Dann bin ich zu Firmen gefahren, die ein bisschen mehr Geld haben, und habe gesagt: ‘Servus, ich bin der Schuby von den Hamburg Freezers. Ist der Chef zu sprechen?’, sagt Schubert. „Solange ich nicht sehe, dass vor meinen Augen einer den Schlüssel umdreht, gebe ich nicht auf. Das hat überragend funktioniert bisher.“

Wie gut die Resonanz auf das einzigartige Engagement der Familie Schubert ist, zeigt sich während des Interviews. Kaum einen Gedanken kann der Eishockeyprofi zu Ende bringen, ohne dass nicht das Handy klingelt oder vibriert. „Oh, da muss ich ran! Entschuldige“, sagt Schubert, der schon gar keinen Überblick mehr darüber hat, wie viele Telefonate er getätigt hat in den vergangenen Tagen. Auch Passanten in Eimsbüttel haben vom Überlebenskampf der Freezers und deren Kapitän gehört. Urplötzlich wird der Bayer von einem verschwitzten und hechelnden Jogger angesprochen. Der Mitarbeiter der Produktionsfirma „Black Peach Media“ hatte im Abendblatt von der emotionalen Aktion des Freezers-Spielers gelesen, er würde gerne helfen. „All das sind gute Zeichen, dass es Hoffnung gibt. Es gibt mir Zuversicht und Kraft“, sagt Schubert, der am Mittwoch beim Rasenmähen in seinem Elternhaus in Straubing von seiner Frau vom möglichen Freezers-Aus informiert wurde.

„Ich hätte nie gedacht, dass so etwas passieren kann. Nach der ersten Schockstarre war mir aber sofort klar, dass ich etwas tun muss. Ich habe Gott und die Welt angerufen. In Österreich, der Schweiz, Deutschland, auch in den USA und Kanada“, sagt Schubert, der acht Jahre in Nordamerika gespielt und dort noch viele Freunde und Bekannte hat. Auch die Mitspieler, mit denen er im Austausch steht, hat er mit ins Boot geholt und animiert, Klinken putzen zu gehen. „Wo der Retter der Freezers letztlich herkommt, ist völlig egal“, so Schubert, der mit Torjäger Jerome Flaake an diesem Sonnabend (15 Uhr, Barclaycard-Arena) bei einem Flashmob von Eishockeyfans aus ganz Deutschland teilnehmen wird.

Auch Janina Schubert, die einst für den Eishockeyclub im Hospitality-Bereich gearbeitet hatte, ordnet gerade alles der Rettung der Freezers unter. Die Ehefrau kennt die PR-Branche in Hamburg und versucht ihre früheren Kontakte zu nutzen, um ihren Gatten zu unterstützen. Sohn Lenni Maximilian kriegt von all dem Stress nichts mit, er ist mit Oma und Opa an der Ostsee. Zuletzt, erzählt Janina Schubert, hat selbst der Dreijährige gemerkt, dass die Familie etwas belastet und er womöglich nicht mehr mit Papa auf dem Eis Siege feiern kann.

„Es wäre eine Schande, nichts zu tun. Wir wollen uns am Ende nicht vorwerfen lassen, nicht alles getan zu haben. Wir versuchen, Hamburger Prominenz mit ins Boot zu holen. Es kann einfach nur zusammen gehen“, sagt die Hamburgerin. Kurz darauf blinkt eine SMS von Fußballprofi Max Kruse auf dem Handy von Schubert auf. Auch Nationalstürmer und Bayern-Star Thomas Müller, Jugendfreund von Freezers-Profi Thomas Oppenheimer, und Ex-HSV-Profi Maximilian Beister wollen sich über die sozialen Netzwerke zu den Freezers bekennen.

St.-Pauli-Profis melden sich per Video

Die Profis des FC St. Pauli haben sich via Videobotschaft zu Wort gemeldet. „Wir hoffen, dass es für unsere Kumpels von den Freezers irgendwie weitergeht, damit wir nächste Saison wieder mitfiebern können“, sagt Kapitän und Schubert-Kumpel Sören Gonther auf der neuen Facebook-Seite von Schubert, die innerhalb von wenigen Stunden mehr als 3500 Likes bekam.

„Es ist einfach überwältigend, dass die Menschen in Hamburg, aber auch Sportfans in ganz Deutschland uns zur Seite stehen und hoffen, dass es bei uns weitergeht“, sagt Schubert, der sich mit dem „Worst Case“ aktuell nicht beschäftigen will. Auch wenn Schubert die genaue Summe, die für die Rettung benötigt wird, nicht kennt, so versicherte man ihm seitens der Geschäftsführung der Freezers, dass es eine „machbare Summe“ wäre. Anders als bei der Insolvenz des HSV Handball im Januar, wo ein Investor Altlasten in Millionenhöhe hätte ausgleichen müssen, wäre es im Fall der Freezers ein Investment in die Zukunft.

Sollten die Freezers am Dienstagmittag tatsächlich Geschichte sein, wird Schubert seine persönliche Zukunft planen. Ein Karriereende ist für den Abwehrspieler kein Thema. „So könnte ich meine Schlittschuhe einfach nicht an den Nagel hängen. Wenn es wirklich so kommt, werde ich mich wie jeder normale Bürger auch nächste Woche arbeitslos melden“, sagt Schubert, für den es noch unvorstellbar ist, ein anderes Trikot zu tragen als das mit dem Freezers-Logo auf der Brust.

Damit Schubert auch künftig in seiner gewohnten Arbeitskleidung aufs Eis gehen kann, will er jede Minute nutzen, um die Chance einer Rettung seines Clubs zu vergrößern. Schlaf ist für ihn derzeit ohnehin selten möglich, zu sehr wühlt ihn der Kampf um den eigenen Job auf. „Wir haben drei Tage Zeit, die werden ausgeschöpft. Wenn wir es dann nicht geschafft haben, kann ich mich immer noch schlafen legen“, sagt Schubert.