Hamburg. Uwe Frommhold, Geschäftsführer der Barclaycard Arena, über Ausstieg der HSV-Handballer, die Auslastung der Halle und seine Freezers.

Seine Bestürzung über das Aus für die Handballer des HSV Hamburg hat Uwe Frommhold noch längst nicht überwunden, und sie ist ihm vom Gesicht abzulesen, als er das Abendblatt am Donnerstagmittag in seinem Büro im ersten Stock der Barclaycard Arena empfängt. „Mir tun die Mitarbeiter, Fans und Spieler leid, die alles für ihren Club getan haben und plötzlich vor dem Nichts stehen“, sagt er. Grundsätzlich sei die wirtschaftliche Lage des Vereins bekannt gewesen, immerhin eine mittelgroße sechsstellige Mietsumme war der HSV seiner Heimspielstätte, deren Geschäftsführer Frommhold ist, schuldig geblieben. „Aber dass alle Partner so getäuscht wurden und der Spielbetrieb in der laufenden Saison eingestellt werden muss, das hat uns schon überrascht.“

Über die Auslastung der Barclaycard Arena müsse sich keiner Sorgen machen

Am 25. Januar hatte Insolvenzverwalter Gideon Böhm den Verein, dem von der Handball-Bundesliga die Lizenz für die kommende Saison entzogen worden war, mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb abgemeldet – und damit auch Frommhold vor eine knifflige Aufgabe gestellt. Der 58-Jährige hat mit den Handballern, die im Herbst 2002 von Bad Schwartau nach Hamburg gezogen waren und seitdem ihre Heimspiele in der damals für 85 Millionen Euro neu errichteten Multifunktionsarena austrugen, einen Ankermieter verloren. Nun sind die Freezers, denen Frommhold in Personalunion als Geschäftsführer vorsteht, das einzig verbliebene Hometeam. Welche Konsequenzen das für das Eishockeyteam und die Arena hat, gehört zu den Fragen, die in den kommenden Monaten Antworten erfordern.

Eine Diskussion will Frommhold indes im Keim ersticken: „Es muss sich niemand Sorgen um die Auslastung der Arena machen“, sagt er. 17 Termine für Bundesligaheimspiele hatten die Handballer in den vergangenen 13 Jahren pro Saison fest geblockt, dazu kamen Europapokal- und DHB-Pokalpartien. Und natürlich ist es in der Rückrunde der laufenden Spielzeit 2015/16 nicht möglich, die durch den Rückzug frei gewordenen Termine adäquat neu zu besetzen. Aber schon für die zweite Jahreshälfte habe man die Möglichkeit, zusätzliche Konzerte oder Shows ins Programm zu nehmen.

2016 wird es zwischen 130 und 135 Events in der Arena geben

„Wir können jetzt bessere Daten anbieten, weil die vom Handball meist benötigten Wochenendtermine auch für Konzerte oder Shows optimal sind“, sagt Frommhold. Dass man nun für Toptermine leichter buchbar sei, könne ebenso ein Vorteil sein wie die Flexibilität der Arena, die auch für kleinere Veranstaltungen mit 4000 Besuchern ebenso gut aufgestellt sei wie für Großevents, die bis zu 16.000 Menschen in die Arena am Volkspark locken.

120 Termine habe man schon jetzt für das Jahr 2016 fest vergeben. „Am Ende werden wir auch in diesem Jahr zwischen 130 und 135 Events abwickeln. Damit liegen wir genau im Schnitt der vergangenen Jahre“, sagt Frommhold. In Deutschland hat nur die Arena in Köln mehr Veranstaltungen zu bieten, und selbst weltweit liegt die Barclaycard Arena (32 feste Mitarbeiter) mit ihrer Auslastung stabil in den Top 15. „Wir sind gesund und verdienen Geld“, sagt der Geschäftsführer. Wie viel, sagt er aus Prinzip nicht.

Das gilt auch für die Mietpreise, die je nach Auslastung der Halle und Verkaufserlös im Ticketing gestaffelt sind. „Wir stellen eine spielfertige Arena zur Verfügung. Alles, was darüber hinaus benötigt wird, können wir über unsere exklusiven Partner anbieten, oder die jeweiligen Veranstalter kümmern sich in Eigenregie darum“, sagt Frommhold.

Hamburg Towers könnten auch in der Multifunktionshalle spielen

Dass es im Sommer 2002, als die Arena ihr Programm für das Premierenjahr zusammenstellte, einen tieferen Sinn hatte, mit Handballern und Eishockeyprofis gleich zwei Heimmannschaften als Ankermieter zu akquirieren, bestreitet Frommhold. Ein Hometeam im Sport sei in der Produktmischung aufgrund seiner terminlichen Verlässlichkeit zwar wichtig; vor allem, um den Bekanntheitsgrad einer Arena zu erhöhen. „Aber zwei Home­teams sind nicht notwendig. Es ist sehr schön, zwei zu haben, aber eins reicht aus“, sagt er. Auch deshalb sei man nun nicht händeringend auf der Suche nach einer neuen Mannschaft, die die Handballer von der kommenden Saison an ersetzen könne. „Wir sind absolut offen für neue Dinge und beschäftigen uns mit vielen Sportarten und Ideen“, sagt er. Denkbar sei, die Zweitliga-Basketballer der Hamburg Towers für Topspiele aus der Inselparkhalle in Wilhelmsburg in die Barclaycard Arena zu locken. „Und wenn die Handballer nach ihrem Neustart in der Zweiten Liga mal in ihrem alten Wohnzimmer spielen wollen, sind sie auch herzlich willkommen.“

Für alle Dauerkartenbesitzer der Handballer soll es ein Trostpflaster geben

Der Fokus allerdings liegt nun noch stärker auf den Freezers, die sportlich in dieser Saison zwar schwächeln, dennoch aber mit knapp 9000 Fans einen sehr stabilen Zuschauerschnitt aufweisen. Freezers-Sponsoringleiter Thorben Jeß, der auch für die Vermarktung der Arena verantwortlich ist, hofft darauf, dass potenzielle Handball-Unterstützer Gefallen auch am Eishockey finden, „seriös einschätzen kann man das aber noch nicht“. Aus dem bestehenden Sponsorenpool der Handballer habe man sich nicht bedienen können und wollen, weil ein Großteil davon sowieso dauerhaft in der Arena – und damit auch beim Eishockey – präsent sei. Man habe auch bewusst auf aggressives Marketing unter Handball-Unterstützern für die Freezers verzichtet, um sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, eine Notsituation ausnutzen zu wollen.

Eins allerdings wird es noch in diesem Monat geben: Dauerkartenkunden der Handballer soll ein Angebot gemacht werden, ein Freezers-Spiel zu besuchen. „Das soll aber eher ein Trostpflaster sein“, sagt Uwe Frommhold, „weil die Handballfans viel Geld für etwas bezahlt haben, was sie nun nicht mehr geboten bekommen.“