Hamburg. Nationalstürmer Marcel Müller gilt als wichtigster Zugang bei den Hamburg Freezers. Er selbst hält allerdings nichts von Personenkult.

Königstransfer? Marcel Müller verzieht das Gesicht zu einer genervten Grimasse. Mag er gar nicht hören, dieses Wort, wenigstens nicht in Verbindung mit seinem Namen. Und das liegt nicht etwa daran, dass ihm der Druck zu hoch wäre, der mit den Erwartungen an den wichtigsten Neuzugang der Hamburg Freezers verbunden ist. Nein, Marcel Müller hält einfach nichts von übertriebenem Personenkult. Deshalb hat sein Ego auch nicht verrückt gespielt, als die Rückkehr von David Wolf aus Nordamerikas Topliga NHL seinen Wechsel in den Schatten stellte. „Ich freue mich, weil Wolfi das Team besser macht. Wenn er 40 Tore schießt und ich nur zwei, wir aber Meister werden, ist alles gut“, sagt er.

Marcel Müller will die Rolle ausfüllen, die ihm zugedacht ist, als Power Forward mit gutem Auge, der Tore schießt und seine Mitspieler in Szene setzt. Aber er muss dafür nicht im Rampenlicht stehen. Das allerdings dürfte schwierig werden. Nimmt man die bisherigen Eindrücke der Vorbereitung zum Maßstab, die an diesem Sonntag (15 Uhr, Barclaycard-Arena) mit der Generalprobe gegen den dänischen Club Herning Blue Fox abgeschlossen wird, bevor am 11. September die Saison 2015/16 mit einem Heimspiel gegen Ingolstadt startet, dann dürfen Fans und Verantwortliche der Freezers von ihrem neuen Angreifer eine Menge erwarten.

Freezers trainieren Open Air am Hauptbahnhof

Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel
Die Freezers veranstalteten am Dienstag am Hamburger Hauptbahnhof ein Showtraining unter freiem Himmel © HA | Beatrice Henke
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Müller zeigte sich in seiner Sturmreihe mit Nationalteamkollege Thomas Oppenheimer und dem Kanadier Phil Dupuis spielfreudig und torgefährlich. Der 27-Jährige war nicht nur Topscorer der bisherigen sechs Testspiele, sondern überzeugte seinen Trainer auch durch seine Einstellung. „Marcel ist eine große Verstärkung, weil er seine Fähigkeiten einsetzt, um das Team besser zu machen“, lobt Serge Aubin, „er ist kein Lautsprecher, sondern einer, der mit Leistung führt“.

Marcel Müller will mit Leistung führen, nicht mit großen Worten

Sich verbal einzubringen, das muss der bullige Linksaußen erst lernen. „Ich habe immer in großen Clubs gespielt, wo es ältere Spieler gab, die Wortführer waren. Deshalb habe ich mir angewöhnt, durch Leistung zu führen, indem ich die Aufgaben erfülle, die der Trainer mir stellt“, sagt er. Dass ihm das nicht immer gelungen ist in seiner bisherigen Laufbahn, hat den Angreifer zu einem reiferen Menschen werden lassen. Zu Beginn der vergangenen Saison wurde Müller bei den Kölner Haien von Trainer Niklas Sundblad aussortiert.

Zu schwache Leistungen wurden ihm zur Last gelegt. Und er hat sich dazu entschlossen, die Schuld nur bei sich zu suchen. „Ich finde, man sollte immer vor der eigenen Türe kehren. Wenn ich besser gespielt hätte, wäre das nicht passiert“, sagt er. „Aber als junger deutscher Nationalspieler ist man gewohnt, dass man immer einen Platz im Team hat. Dass es auch mal anders sein kann, hat mir die Augen geöffnet. Seitdem gehe ich bewusster mit meinem Job um“, sagt er.

19 Tore in 32 Ligaspielen für die Krefeld Pinguine, die ihn nach dem Rauswurf in Köln unter Vertrag nahmen, zeugen von der Fähigkeit, auf Weckrufe die richtige Reaktion zeigen zu können. Geholfen hat Müller, dass er selten die Ruhe verliert. Auch wenn ihm seine stoische Gelassenheit selbst vor wichtigsten Spielen bisweilen als Teilnahmslosigkeit negativ angelastet wird: Aus der Haut fährt der angehende Fitnesscoach nur, wenn Menschen hinterhältig sind. Oder unpünktlich. Auf dem Eis versucht er, niemals Kraft durch Affekthandlungen zu vergeuden.

„Weil ich die Stadt und die Arena geil finde “

Für diese Persönlichkeitsentwicklung sei auch seine Auslandserfahrung enorm wichtig gewesen. Zwischen 2010 und 2012 spielte er in Toronto, absolvierte für die Maple Leafs drei NHL-Partien und 138 AHL-Spiele für das Farmteam Marlies. Anschließend ging es für ein Jahr zu Modo Hockey nach Schweden. „In diesen Jahren habe ich gelernt, wie es ist, Gast in einem fremden Land zu sein“, sagt er. Seitdem könne er einordnen, welche Probleme Nordamerikaner bei einem Wechsel nach Europa überwinden müssen.

Probleme, die er in Hamburg nicht hat. Der Autofreak, der mit zwei Katzen in Stellingen wohnt und am Wochenende von seiner in Düsseldorf arbeitenden Freundin Anni besucht wird, wollte unbedingt zu den Freezers, „weil ich die Stadt und die Arena geil finde und das körperbetonte Spiel mir liegt. Und weil wir ein Team haben, das unheimlich schwer zu schlagen sein wird, wenn wir das spielen, was wir sollen“, sagt er. Sein persönliches Saisonziel hält der 194-cm-Mann streng geheim. Aber wenn er weiterhin das spielt, was er soll, und das so überzeugend wie bislang, dann dürfte „Publikumsliebling“ ein Wort sein, mit dem sich Marcel Müller wird anfreunden müssen, wenn er schon kein Königstransfer sein will.