Hamburg. Hockey bleibt trotz großer Erfolge ein Zuschussgeschäft. Ein Titelgewinn bei der DM-Endrunde zahlt sich anderweitig aus.

Harmonisch hatte die Woche begonnen für Tobias Hauke und Moritz Fürste. Am Montag gaben die Hockeynationalspieler gemeinsam Training für den Nachwuchs des THC Altona-Bahrenfeld, schrieben geduldig Autogramme und hatten sichtlich Spaß dabei. Am Dienstag saßen sie einträchtig Seite an Seite im Hörsaal der sportwissenschaftlichen Fakultät der Uni Hamburg, um Auskunft über das Ereignis zu geben, das ihrer Harmonie ein Ende bereiten wird. Denn dass Schluss ist mit lustig an diesem Sonnabend (18.45 Uhr), wenn Fürstes Uhlenhorster HC im Halbfinale der Endrunde um die deutsche Feldmeisterschaft auf dem Uni-Sportplatz am Turmweg auf Haukes Harvestehuder THC trifft, daran zweifelt niemand.

Derbys zwischen Hamburgs Topclubs sind stets so hochklassige wie enges Kräftemessen, in dieser Saison gewann der UHC beide Hauptrundenspiele mit einem Tor Vorsprung. Doch bei einer Endrunde potenziert sich die Brisanz. 2014 verlor der UHC im Halbfinale auf eigener Anlage nach Siebenmeterschießen gegen den HTHC. Klar also, dass die Freundschaft, die die Ausnahmekönner Hauke und Fürste verbindet, ruhen muss für 70 Minuten plus eventuell Penaltyschießen. Für die Auswahl von Cheftrainer Kais al Saadi geht es um den ersten Feldtitel der Vereinsgeschichte. Der von Christoph Bechmann trainierte HTHC möchte den 2014 gewonnenen Titel behaupten.

Interessant ist dabei die Frage, warum es überhaupt so erstrebenswert ist, deutscher Meister zu werden. Im Hockey, das zwar Deutschlands erfolgreichste olympische Mannschaftssportart, aber noch immer ein reiner Amateurbetrieb ist, macht ein Titel niemanden reich. Im Gegenteil, weiß Cito Aufenacker zu berichten. Der HTHC-Präsident hat in den vergangenen zwölf Monaten eine bittere Erkenntnis gewonnen: „Wirtschaftlich hat die Meisterschaft keine Auswirkungen, sie ist kaum zu kapitalisieren.“

Die Hoffnung, für Sponsoren attraktiver zu werden, habe sich schnell zerschlagen. „Es öffnet einem zwar Türen, wenn man als Meister anklopft. Aber man muss die potenziellen Interessenten abholen, die kommen nicht von selbst. Das ist sehr viel Arbeit.“ Zwar habe man mit der Commerzbank einen Unterstützer gewinnen können, der die rund 350 weiblichen Talente des Clubs fördert, „wofür wir extrem dankbar sind“. Aber dieser neue Sponsor war nötig, um den auf rund 500.000 Euro gestiegenen Etat für den Spielbetrieb der Herren- und Damen-Bundesligateams stemmen zu können.

Die Annahme, man werde für mögliche Neuzugänge als Titelträger interessanter, verweist Cheftrainer Bechmann ins Reich der Fabeln. „Ich hatte eher das Gefühl, dass es schwieriger war, neue Spieler zu verpflichten. Entweder sind deren Ansprüche gestiegen, nach dem Motto: Ein Meister muss meisterhaft zahlen. Oder die Herausforderung, sich bei uns durchzusetzen, wurde gescheut.“

Aus Sportarten wie dem Eishockey, wo die besten Spieler sechsstellige Nettosummen im Jahr kassieren, ist bekannt, dass Vereine wie zum Beispiel die Hannover Scorpions unter der Last eines Meistertitels zusammengebrochen sind. Weil seitens des Verbands keine Prämie fließt, die Spieler aber einen Titelbonus bekommen und auch ihr Gehalt den Leistungen angepasst sehen wollen, droht der Kollaps.

Im Hockey ist das nicht so gravierend, da nur die Topspieler vierstellige Bruttosummen im Monat verdienen. Beim HTHC sind fünf Spieler dieser Kategorie zugeordnet. Eine Meisterprämie konnten die Schwarz-Gelben vom Voßberg ihren Akteuren aber nur zahlen, weil solvente Vereinsmitglieder im Überschwang der Freude namhafte Beträge spendeten. Vom Verband gibt es den blauen Meisterwimpel und einen Pokal, das war es dann. Der Verein richtet einen Empfang aus, zahlt die Zeche für die feierfesten Spieler. „Und wir haben alle eine Miniatur des blauen Meisterwimpels erhalten“, sagt Tobias Hauke. „Aber ganz ehrlich: Mehr als Dankbarkeit erwarten wir gar nicht. Wir spielen nicht für Geld, sondern für die Ehre.“

Meistercoach Bechmann sagt: „Der Titel ist für uns alle eine Auszeichnung für unsere Arbeit. Und wir sind dank der Titelgewinne in der Meisterschaft und im Europapokal in Hamburg richtig bekannt geworden, haben diverse Preise gewonnen. Das haben wir genossen.“ Genau dieser Bekanntheitsgrad ist es, der letztlich auch Aufenacker überzeugt hat. „Emotional war der Titel unheimlich wichtig, weil er eine Signalwirkung für die Jugend hat“, sagt er.

Im Paket mit dem Titelgewinn in der Euro Hockey League konnte man damit werben, der erfolgreichste Club Europas zu sein. „Dadurch haben wir einen enormen Zulauf von Jugendlichen auch von außerhalb Hamburgs bekommen“, sagt Aufenacker. Das wiederum habe größeres Interesse von Sponsoren hervorgerufen. „Außerdem haben wir uns international einen Namen gemacht, was uns für ausländische Spieler interessanter macht und unserer Jugend bessere Testspielgegner bringt“, sagt Hauke.

Deshalb gibt es auch abseits des sportlichen Anspruchs keinen Zweifel daran, dass es sich letztlich lohnt, deutscher Hockeymeister zu werden. Dazu muss allerdings im Finale am Sonntag (14.30 Uhr) noch der Sieger des zweiten Halbfinales zwischen Hauptrundenmeister Rot-Weiß Köln und dem Crefelder HTC (Sa, 16.30 Uhr) bezwungen werden. Nur dann kann die Endrundenwoche wenigstens für einen der beiden ehemaligen Welthockeyspieler so enden, wie sie begonnen hat: in schöner Harmonie.