New York. US-Boxexperte Dan Rafael würdigt den ukrainischen Champion Wladimir Klitschko exklusiv im Abendblatt als historische Figur im Boxen.

Dan Rafael gilt als bestinformierter Boxreporter der Vereinigten Staaten. Nach fünf Jahren bei der Tageszeitung „USA Today“ wechselte der 45-Jährige 2005 zum Internetdienst des TV-Senders ESPN, für den er seinen Box-Blog täglich mehrfach aktualisiert. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter folgen ihm 162.415 Menschen. Rafael beobachtet die Karriere von Wladimir Klitschko seit 2001. Für das Abendblatt erläutert er, welchen Stellenwert der Ukrainer für das Boxen hat und warum Amerika sich dennoch schwer mit ihm tut.

„Es war sicher nicht Wladimirs beste Leistung, die er gegen Jennings gezeigt hat. Aber er war viel besser als 2008 gegen Sultan Ibragimow, als er bei seinem letzten Auftritt im Madison Square Garden ausgebuht wurde. Diesmal wurde er gefeiert, auch wenn es hauptsächlich Ukrainer waren, die ihm zujubelten. Und den Garden auszuverkaufen schaffen auch nicht viele. Deshalb sollte er sich nicht für den Sieg entschuldigen, es war ein deutlicher Erfolg, Jennings hatte keine Chance.

Klitschko siegt mit Mühe in New York

Wladimir Klitschko bleibt Boxweltmeister im Schwergewicht
Wladimir Klitschko bleibt Boxweltmeister im Schwergewicht © dpa | Adam Glanzman
Der 39 Jahre alte Ukrainer besiegte in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) im New Yorker Madison Square Garden den Amerikaner Bryant Jennings nach Punkten
Der 39 Jahre alte Ukrainer besiegte in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) im New Yorker Madison Square Garden den Amerikaner Bryant Jennings nach Punkten © dpa | Jason Szenes
Der Amerikaner konnte den einen oder anderen Treffer landen
Der Amerikaner konnte den einen oder anderen Treffer landen © dpa | Jason Szenes
Es war ein zäher Kampf
Es war ein zäher Kampf © dpa | Jason Szenes
So wie hier kam Klitschko selten durch
So wie hier kam Klitschko selten durch © dpa | Jason Szenes
Wladimir Klitschko erwischt Bryant Jennings mit einer rechten
Wladimir Klitschko erwischt Bryant Jennings mit einer rechten © AP | Frank Franklin II
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In meinen Augen bekommt Wladimir nicht ansatzweise den Respekt, den er verdient. Er ist eine historische Figur im Boxen, wird aber von vielen unterschätzt. Das liegt daran, dass ihm dieser eine große Kampf fehlt, an den sich alle erinnern. Aber es ist doch unsinnig, ihm das vorzuwerfen. Er ist nie einem Gegner ausgewichen, er hat alle geschlagen, die sich ihm in den Weg gestellt haben. Er ist seit elf Jahren in 22 Kämpfen unbesiegt. In fünf seiner letzten sechs Kämpfe hat er zuvor unbesiegte Gegner geschlagen, und er hat dabei fast keine Runde verloren.

Am Ring: Ehefrau Hayden Panettiere (l.), Schwägerin Natalia Klitschko
Am Ring: Ehefrau Hayden Panettiere (l.), Schwägerin Natalia Klitschko © Agency People Image | API (c) T. Meinelt / FameFlynet

Joe Louis, den ich als eine Legende verehre, hat in seiner Karriere keinen unbesiegten Gegner geboxt. Für mich gibt es nur zwei Dekaden, in denen das Schwergewicht ausgeglichen war, das waren die 1970er- und die 1990er-Jahre. Ansonsten war es immer so, dass ein Boxer dominierte und die anderen zu schwach waren, um ihn vom Thron zu stoßen. Deshalb ist es an der Zeit anzuerkennen, dass Wladimir Klitschko einer der größten Champions aller Zeiten ist. Er ist noch einmal gereift, weil er gelernt hat, seine Emotionen zu kontrollieren und seine Kraft einzuteilen. Er ist ein Musterathlet, ist groß und hat mit dem Jab, dem linken Haken und der rechten Geraden drei Schläge, mit denen er Gegner ausknocken kann. Ich bin überzeugt davon, dass er noch einige Jahre das Schwergewicht regieren kann, wenn er gesund bleibt. Wünschen wir es ihm!“