Berlin . Der 16-jährige Mick wird bei seiner Formel-4-Premiere abgeschottet. Grund dafür ist sein erstes Rennen unter dem Namen Schumacher.

Mick Schumacher hatte vorgesorgt. Bevor er am Freitagmorgen in seinen Tatuus-Boliden kletterte, um sich zu seinem ersten Training als Formel-4-Rennfahrer auf die Strecke schieben zu lassen, hatte er seinen Helm aufgesetzt und das Visier beinahe ganz heruntergeklappt. Erst dann stieg er in seinen schwarz lackierten Wagen, vor dem sich die Reporterschar bereits positioniert hatte. Es folgte ein kurioses Schauspiel: Minutenlang lichteten die Fotografen einen Rennfahrer mit giftgrüner Kopfbedeckung ab, dessen Gesicht hinter der verspiegelten Folie quasi überhaupt nicht zu erkennen war. Es hätte auch ein beliebiger anderer Teenager im Cockpit sitzen können. Niemand hätte es bemerkt.

Es war das jüngste Manöver in einem Versteckspiel, das sich über Jahre hinzog und sich nur langsam dem Ende entgegen neigt. In der Vergangenheit war der Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher entweder unter dem Mädchennamen seiner Mutter Corinna oder unter dem Pseudonym „Mick junior“ gestartet, um den Trubel, der nun um seine Person entstanden ist, zu vermeiden. Mit dem Eintritt in die semiprofessionelle Formel 4 ist das jedoch vorbei. Rund 200 Reporter werden am Wochenende in Oschersleben in Sachsen-Anhalt erwartet, zu seinem ersten Rennen unter dem Namen Schumacher. Das parallel stattfindende ADAC-GT-Masters wird zum Rahmenprogramm für eine Nachwuchsserie. Eigentlich sollte es umgekehrt sein.

Doch an diesem Freitag interessiert nur der 16-Jährige, dem Schirmherr Sebastian Vettel unter der Woche attestierte: „Der macht das schon sehr gut.“ Vettel sieht sich ein bisschen als Pate von Mick Schumacher. „Ich erinnere mich noch gut an die Anfangsjahre meiner Formel-Karriere. Das war eine tolle, aber auch wichtige Zeit, um als Rennfahrer zu reifen“, sagte der Heppenheimer: „Ich werde die Meisterschaft mit Spannung verfolgen, die Jungens werden auf hohem Niveau Rennen fahren, und ich bin mir sicher, später auch einige in der Formel 1 wiederzusehen. Ob Mick dabei sein wird, weiß heute aber noch niemand. Er hat aber Spaß bei dem, was er tut. Das ist erst einmal das Wichtigste.“ Sonderlich amüsiert wirkt Schumacher jedoch nicht, wenn er nach seinen Ausflügen auf die Strecke im Rekordtempo im Zelt seines Teams „Amersfoort Racing“ verschwindet.

Im Training war er einmal die viert- und einmal die fünftbeste Zeit der insgesamt 38 Starter gefahren. Im Qualifying lief es dann weniger gut, am Sonnabend startet er von Rang 19 aus in sein erstes Rennen (12 Uhr). Ob er damit zufrieden ist? Wie sich sein Auto auf der Strecke angefühlt hat? Welche Konkurrenten er besonders fürchtet? Die Öffentlichkeit wird es womöglich nie erfahren. Denn Mick Schumacher gibt keine Interviews, nicht einmal eine Pressemitteilung wurde bisher verschickt. Während im Programmheft der Veranstalter all die anderen prominenten Rennfahrer-Kinder wie Adrian Neweys Sohn Harrison oder Johnny Cecottos Filius Jonathan wenigstens mit einigen Sätzen ihre Erwartung schildern, schweigt der Junge mit dem weltberühmten Vater. Selbst ein Mädchen mit Zahnspange, das schüchtern um ein gemeinsames Foto bittet, wird vertröstet. Abschottung ist oberste Maxime. „Wir dürfen nicht vergessen: Das ist ein junger Kerl, der ist gerade 16 geworden“, hatte Sabine Kehm, Managerin von Micks Vater Michael und enge Freundin der Familie, bereits betont. Sie bat um Zurückhaltung und dämpfte die Erwartungen.

„Talent hat er allemal. Mehr Prognosen verbieten sich noch.“

Das große Interesse an ihm sieht der dreimalige Formel-1-Weltmeister Niki Lauda als „riesige Belastung, aber durch die Vorgeschichte seines Vaters und seines Onkels auch nicht zu vermeiden.“ Gerhard Berger zeigt sich optimistisch. „Er ist ein ganz guter Kerl, der mit beiden Füßen auf dem Boden steht und Racing in sich hat“, sagte der frühere Formel-1-Pilot. „Er macht seinen Weg und ich bin überzeugt, wir werden noch einiges von ihm hören.“

Lediglich als Zuschauer in Oschersleben dabei ist sein schärfster Konkurrent aus Kart-Tagen: David Beckmann darf am Wochenende noch nicht starten. Er feiert am Montag 15. Geburtstag und erreicht dann erst das Mindestalter. Ihr Verhältnis beschreibt Beckmann so: „Mick ist ein harter Konkurrent, aber fair. Er will nicht auffallen, oder eine besondere Behandlung haben, weil sein Vater berühmt ist.“

Für den Berliner Rennstallchef Peter Mücke, selbst mit fünf Aktiven in der Formel 4 vertreten, liegt die Latte für Mick Schumacher extrem hoch. „Das muss sich gar nicht mal vorrangig auf seine Leistungen in den Rennen beziehen. Er ist der Sohn von Michael, der seit seinem ersten Autorennen dominant war (Schumacher gewann 1987/88 in der damaligen Einsteigerserie Formel König neun von zehn Rennen und wurde Meister, d.R.). Jeder Konkurrent möchte gern sagen, dass er schneller als Schumacher war“, so der 68-Jährige. Mücke, der mit Michaels Bruder Ralf (sechs Siege in 180 Formel-1-Rennen) zusammenarbeitet, weiter: „Es spricht für Mick und sein Umfeld, wie er sich in seiner Kart-Zeit durchgesetzt hat. Er kann sich auf seinen Job konzentrieren. Talent hat er allemal. Mehr Prognosen verbieten sich noch.“

Ein achtköpfiges Team kümmert sich vor Ort um den Schüler und sein Auto, darunter auch Peter Kaiser. Der Gründer von KSM Motorsport, für das einst auch Michael und Ralf Schumacher Kart fuhren, ist ein enger Freund des Rekordchampions. Seit dessen Ski-Unfall am 29. Dezember 2013, von dem er sich in der Schweizer Wahlheimat erholt, fungiert Kaiser zudem als Trainer von Mick, der im vergangenen Jahr Zweiter der Kart-WM wurde. In Oschersleben ist er außerdem eine Art Bodyguard, der dem Jungen mit der Startnummer 25 nicht von der Seite weicht und ihm vor und nach jeder Trainingsfahrt den Weg zurück ins Teamquartier freimacht. Das schmucklose weiße Zelt des Rennstalls ist so etwas wie der letzte Rückzugsort für Mick Schumacher vor seinem ersten Rennen am Sonnabend (am Sonntag stehen zwei weitere Läufe an).

Gemeinsam mit Sabine Kehm sorgt Kaiser dafür, dass niemand dem Blondschopf zu nahe kommt. Während nebenan manche Fahrer selbst mithelfen, ihre Autos auf die nächste Ausfahrt vorzubereiten, oder mit ihren Eltern zu Mittag essen, wird der Amersfoort-Pilot abgeschirmt wie sonst nur Formel-1-Stars. Die Erwartungshaltung sei enorm, sagt Managerin Kehm: „Aber er geht damit sehr gut um.“ Mehr wird vorerst nicht nach außen dringen über den kleinen Jungen mit dem großen Namen.