Hamburg. 27-Jähriger will es gegen Jürgen Brähmer seinem großen Idol Luan Krasniqi gleichtun - und erster Weltmeister aus dem Kosovo werden.

Eine Überraschung? Nein, die erwartet Robin Krasniqi nicht. Das liegt allerdings daran, dass sein Sieg gegen WBA-Weltmeister Jürgen Brähmer am Sonnabend (22.35 Uhr, Sat.1 live) in Rostock für den 27 Jahre alten Halbschwergewichts-Boxprofi, anders als für viele Experten, keine Überraschung wäre. „Meine Form ist so gut, dass ich mich noch nie so sicher gefühlt habe“, sagt der vom Magdeburger SES-Stall promotete Münchner vor seiner zweiten WM-Chance.

Die erste vergab er im April 2013, als er in London gegen den Waliser WBO-Champion Nathan Cleverly alle zwölf Runden verlor. Doch seitdem hat sich vieles verändert im Leben des gebürtigen Kosovaren. Vier Aufbaukämpfe hat er deutlich gewonnen auf dem Weg zurück aus dem Tal der Tränen, und vor dem Duell mit Brähmer hat er mit Trainer Dirk Dzemski „trainiert wie ein Wahnsinniger“. Erst Höhentrainingslager im Bayerischen Wald, dann Sparringsphase in Magdeburg. Seine Freundin hat er nicht gesehen in der Zeit. „Elf Wochen Training, bis zu acht Stunden am Tag. Und ich bin stolz darauf, dass ich nicht eine einzige Einheit habe ausfallen lassen“, sagt er.

Ein Kämpferherz, das hat Krasniqi immer schon gehabt. Als 17-Jähriger war der 186 cm große Normalausleger aus dem Kosovo zum Vater nach München gezogen. Er konnte kein Wort Deutsch, aber „ich wusste, dass man in Deutschland eine Chance auf ein besseres Leben bekommt, wenn man fleißig ist“, sagt er. Er ging zum Sprachkurs, schloss eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann ab – aber vor allem konzentrierte er sich auf seinen Sport. Ohne Amateurerfahrung stellte er sich als Profi in den Ring, verlor zwei der ersten drei Kämpfe, aber nie die Hoffnung, es seinem großen Idol gleichzutun: Luan „Der Löwe“ Krasniqi, damals Europameister im Schwergewicht.

Krasniqis waren quasi Nachbarn

In Junik, ihrem albanischen Heimatdorf, trennte die nicht verwandten Namensvettern nur eine Straße. „Ich habe immer davon geträumt, nur für eine Minute erfahren zu dürfen, was Luan erlebt hat. Dass ich das geschafft habe, ist unglaublich. Zehn Jahre harter Arbeit haben sich gelohnt, wenn ich am Sonnabend für zehn Sekunden das Triumphgefühl erleben darf, wenn der Ringrichter meinen Arm zum Zeichen des Sieges hebt“, sagt er. Luan Krasniqi wird in Rostock am Ring sitzen, die beiden haben regen Kontakt. „Der Name Krasniqi ist ja durch uns eine echte Boxmarke geworden“, sagt Robin, dessen Vorname eigentlich Haxhi lautet.

Kämpfe sind im Kosovo Straßenfeger

Um in Deutschland von den Fans besser angenommen zu werden, hat er sich umbenannt, auch wenn es ihm schwerfiel. „Ich werde immer für Deutschland kämpfen, weil ich dem Land sehr viel verdanke“, sagt er, „dennoch vergesse ich niemals, wo ich herkomme.“ Im Kosovo sind seine Kämpfe Straßenfeger, die Menschen versammeln sich vor den Fernsehern, wenn er im Ring steht. „Wenn ich Brähmer besiege, wäre ich der erste Boxweltmeister aus dem Kosovo. Dafür werde ich durchs Feuer gehen.“

Natürlich ist der ausgebuffte Schweriner Brähmer vom Berliner Sauerland-Stall Favorit. „Ich verstehe ja, dass viele so denken, und auch, dass Jürgen an den Sieg glaubt“, sagt Krasniqi. „Aber sein Problem ist: Er kennt nur den Robin Krasniqi von früher. Ich bin aber um 50 Prozent besser geworden!“ Mag also sein, dass er selbst nicht von seinem Sieg überrascht wäre. Aber die Boxwelt überraschen, das ist es, was Robin Krasniqi schaffen will.