Die Niederländer haben den Schuldigen für die Finalniederlage gefunden: Schiri Howard Webb steht im Mittelpunkt der Kritik.

Johannesburg. Er hat seien Kinder angeblich nicht im Griff, und auch im WM-Endspiel musste sich Schiedsrichter Howard Webb heftige Kritik gefallen lassen. «Das ist eine Schande für den Sport», ätzte der niederländische Spielmacher Wesley Sneijder nach dem 0:1 nach Verlängerung gegen Spanien . Der Münchner Mark van Bommel schloss sich an: «Über Webb will ich nicht sprechen. Er hat sehr viele Fehler gemacht, die uns benachteiligt haben. Das hat jeder gesehen.»

Und sogar Bayern-Chefcoach Louis van Gaal ließ kein gutes Haar am kahlköpfigen Briten: «Der Schiedsrichter hatte den meisten Einfluss auf den Spielverlauf.» 13 Verwarnungen und eine Gelb-Rote für den Holländer Johnny Heitinga (109.), viele Nickligkeiten, unzählige Fouls und hochkochende Emotionen - der Unparteiische mit der Bodybuilderfigur hatte im WM-Endspiel alles andere als einen leichten Job. Der beurlaubte Polizei-Sergeant aus der Grafschaft Yorkshire rückte - je länger das Spiel in Soccer City dauerte - immer mehr in den Blickpunkt.

Falsch lag er mit seinen Entscheidungen nur selten, eklatant daneben aber beim Kung-Fu-Tritt des Ex-Hamburgers Nigel de Jong (30. ) gegen Xabi Alonso. Dieses Einsteigen hätte mit einer Roten Karte geahndet werden müssen. «Ich sage meinen Spielern immer, ihr müsst den Schiedsrichtern keine Chancen für Karten geben. Von der VIP-Tribüne aus, aus 100 Metern Abstand habe ich die niederländischen Fouls noch gesehen», sagte Augenzeuge van Gaal.

Webb kann sich immerhin einen WM-Endspiel-Rekord ans Revers heften. Die bisherige Höchstmarke an Gelben Karten in einem Finale waren sieben aus dem 86er-Duell zwischen Deutschland und Argentinien in Mexiko-Stadt. Nach Webbs Berufung für das WM-Finale durch die Schiedsrichter-Kommission des Weltverbandes FIFA hatte Ehefrau Kay enthüllt: «Er kann ja nicht mal seine Kinder kontrollieren. Ich weiß nicht, wie er das auf einem Fußball-Platz hinkriegt.»

Der Unparteiische, der zuvor bereits das Champions-League-Finale von Inter Mailand gegen Bayern München (2:0) gepfiffen hatte, nahm die Äußerungen mit britischem Humor. «Ich glaube, ich muss mal mit meiner Frau reden, wenn ich wieder zu Hause bin», sagte Webb mit einem breiten Grinsen. «Ich bin mir sicher», ergänzte er, «dass sie nur einen Spaß gemacht hat. Meine Kinder sind gut erzogen.»

DFB-ELF WIEDER IN DEUTSCHLAND

Das galt allerdings nicht für die Spieler aus Spanien und den Niederlanden, die Webb das Leben schwer machten. Immer wieder wurde der vierte englische WM-Endspiel-Referee in Diskussionen verstrickt. Die Akteure beharkten sich zudem mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln. «So ist Fußball», sagte der spanische Weltmeister-Coach Vicente Del Bosque lakonisch.

Deutlicher wurde Ex-Nationaltorhüter Oliver Kahn im ZDF. «Wenn der Schiedsrichter aus der Begegnung Deutschland gegen Serbien heute gepfiffen hätte, dann wären heute beide Mannschaften zum Schluss wahrscheinlich nur mit drei gegen drei auf dem Platz gewesen», sagte der einstige Titan und beurteilte die Leistung des 38 Jahre alten Webb ebenfalls kritisch.

EIN TINTENFISCH IST DER WAHRE STAR DER WM

Schiedsrichter-Experte Urs Meier bezeichnete das Tor für die Spanier durch Andres Iniesta als «100 Prozent korrekt». Die Niederländer hatten lautstark protestiert, weil ihrer Meinung nach vor dem erfolgreichen Konter der Spanier ein Eckball für die Niederlande nicht gegeben wurde.

Schlusswort von Bayern-Star Arjen Robben über den englischen Schiri: «Der Schiedsrichter hat eine schlechte Rolle gespielt. Das war ein Weltklasse-Finale, da muss auch ein Weltklasse-Schiedsrichter pfeifen. Er hat einige befremdliche Entscheidungen getroffen. Das hat dem Spiel nicht gut getan.»