Franz Beckenbauer spielte ab 1980 zwei Jahre lang für den HSV. Im großen Interview mit Peter Wenig erinnert er sich an den begeisterten Empfang.

Die SMS kommt vier Minuten vor dem Termin. Franz Beckenbauer bittet noch um etwas Geduld, man werde sich etwas verspäten. Schließlich ist er doch nur drei Minuten über die Zeit, also nicht der Rede wert. Aber die SMS zeigt, dass in dem Bayern eine gute Portion Preußen steckt.

Beckenbauer begrüßt die Kellnerin in der Lounge im 23. Stock des Westin-Grand-Hotels im Münchner Arabellapark mit Handschlag, legt Anorak und Schirmmütze auf einen Tisch und bestellt ein Glas Rotwein. „Eigentlich habe ich ja jetzt Feierabend“, sagt er, schaut dann zum Abendblatt-Reporter und schmunzelt: „Na ja, vielleicht fängt der Stress jetzt ja erst richtig an.“

Beckenbauer hat einen anstrengenden Drehtag hinter sich. Starproduzent Nico Hofmann („Unsere Mütter, unsere Väter“) macht einen aufwendigen Dokumentarfilm, der im September zum 70. Geburtstag des Kaisers in der ARD ausgestrahlt wird. Gedreht wird an Originalschauplätzen. Vom Münchner Arbeiterviertel Giesing, wo Beckenbauer als Nachkriegskind aufwuchs, über das Olympiastadion, wo er 1974 die deutsche Mannschaft als Kapitän zum Titel führte, bis nach Rom, Ort seines Triumphs als Teamchef bei der WM 1990. Und natürlich spielt auch das Kapitel Hamburg eine Rolle. Von Oktober 1980 bis zum Juni 1982 spielte Beckenbauer auf der Zielgeraden seiner Weltkarriere für den HSV, wurde noch einmal deutscher Meister.

Ehrenpreis für Beckenbauer

Am Montag kehrt Beckenbauer in die Hansestadt zurück. Bei der zehnten Hamburger Sportgala, einer Veranstaltung des Abendblatts mit der Stadt Hamburg, dem Hamburger Sportbund, der Handelskammer Hamburg, dem NDR und Vattenfall, wird Beckenbauer mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet. Die Jury würdigt damit sein Lebenswerk und sein soziales Engagement. Seine in Hamburg gegründete Stiftung hilft seit mehr als drei Jahrzehnten Menschen mit Behinderung und Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind. Die Laudatio im Börsensaal der Handelskammer wird DFB-Präsident Wolfgang Niersbach halten.

Beckenbauer freut sich auf das Fest, besonders auf das Wiedersehen mit seinem alten Freund Uwe Seeler. „Den habe ich ja gerade in der letzten Saison trösten müssen“, sagt Beckenbauer. Der Uwe habe beim Fast-Abstieg so gelitten. In dieser Saison, da ist der Kaiser sicher, werde der HSV nicht so lange zittern müssen, das Team sei doch besser geworden. Fast wie bestellt fährt am vorvergangenen Freitag der Mannschaftsbus des HSV vor, im Westin Grand logieren die HSV-Profis vor ihrem Spiel beim FC Bayern. „Diesmal werden sich die Bayern schwertun“, prognostiziert Beckenbauer. Das 0:8 in der Allianz-Arena knapp 20 Stunden später wird zeigen, dass auch eine Fußballlegende irren kann.

Aber das Abendblatt will an diesem Abend mit Beckenbauer nicht über Fußball reden. Sondern über seine Zeit in Hamburg, seine Stiftung, seine Kinder und das Leben mit fast 70 Jahren. Vorher hat Beckenbauer allerdings noch eine Frage: „Müssen Sie eigentlich noch immer für eine Zeitung schreiben?“ Als der Reporter etwas irritiert schaut, erklärt Beckenbauer, dass man sich doch schon aus der HSV-Zeit kenne: „Da haben Sie doch schon über mich geschrieben.“ Das Renten-Missverständnis ist schnell aufgelöst. 1980 machte der Abendblatt-Reporter gerade sein Abitur – und schrieb erst Mitte der 90er über Beckenbauer, damals Vorstand und zweimaliger Interimstrainer des FC Bayern.

Hamburger Abendblatt: Herr Beckenbauer, was ist ganz spontan Ihre erste Erinnerung an Ihre HSV-Zeit?

Franz Beckenbauer: Meine Ankunft am Hamburger Flughafen. Das war der Wahnsinn.

Am 31. Oktober 1980 bereiteten Ihnen Tausende Fans einen begeisterten Empfang.

Beckenbauer: Der HSV hatte ja damals schon eine sehr gute Truppe. Dass man mich trotzdem so wohlwollend begrüßen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

Günter Netzer, der frühere HSV-Manager, hatte die Idee …

Beckenbauer:… und Branco Zebec, der damalige Trainer. Beide hatten mich im Dezember 1979 bei einem Weltauswahlspiel für Unicef in Dortmund gesehen. Kurioserweise wollte ich dort eigentlich gar nicht auflaufen. Als mich die Organisatoren anriefen, lag ich gerade am Strand in der Karibik. Am Ende habe ich doch zugesagt, bin nach Kitzbühel zurück, um ein bisschen zu trainieren. Im Westfalenstadion, bei dem Benefizspiel, sah ich dann Cruyff und Keegan und all die anderen, allesamt ziemlich bleiche Gestalten – im Vergleich zu meinem Urlaubsbraun. Und offenbar habe ich ganz gut gespielt, denn nach dem Spiel kam Zebec zu mir und sagte: „Franz, wir bauen um dich eine HSV-Mannschaft auf.“

Aber Sie wollten nicht.

Beckenbauer: Ich habe gesagt: „Herr Zebec, was soll ich mit 35 noch in der Bundesliga?“ Aber dann kam Günter (Netzer, d. Red.) ein paarmal nach New York, ich spielte damals ja bei Cosmos, um mich zu überzeugen. Und ich weiß es noch wie heute: Eines Morgens, vor einem Spiel in Los Angeles, wachte ich auf und dachte: Ich mache es! Es war die richtige Entscheidung. Ich habe Hamburg sehr intensiv erlebt.

Was waren Ihre Lieblingsplätze in Hamburg?

Beckenbauer: Ich habe in Alsternähe gewohnt, zunächst im Hotel Interconti, dann in der Feldbrunnenstraße. Wunderschön. Aber auch an der Elbe ist es großartig, ich bin noch heute immer wieder gern im Fischereihafenrestaurant. Als ich mich 2003 ins Goldene Buch der Stadt Hamburg eintragen durfte, habe ich gesagt, Hamburg ist die schönste Stadt Deutschlands. Das kam in meiner Heimat allerdings nicht so gut an. Seitdem sage ich immer, Hamburg und München sind die schönsten Städte.

Aber wir Hamburger gelten doch als stur.

Beckenbauer: Ich habe die Hamburger ganz anders kennengelernt. Als ich verletzt war, hatte ich das Gefühl, dass die ganze Stadt mit mir leidet. Mich sprachen Leute auf der Straße an, die ich gar nicht kannte, und sagten: „Sie schaffen das.“ In dieser Form habe ich das nirgendwo erlebt.

Am Ende Ihrer Hamburger Zeit standen 28 Einsätze und eine deutsche Meisterschaft.

Beckenbauer: Ich hätte gern mehr gespielt, aber die vielen Spiele in den USA hatten ihre Spuren hinterlassen. Ich war oft verletzt. Sehr schade, denn unter Ernst Happel, der Zebec ablöste, war es ein Vergnügen. Er hat sehr viel verlangt, aber er war auch ein absoluter Könner. Er wollte mich sogar halten, sagte: „Franz, noch mal wirst du nicht so viel Verletzungspech haben.“ Aber ich habe nach oben gedeutet und gesagt: „Herr Happel, meine Ausfälle waren ein Zeichen des Himmels, lassen Sie mich aufhören, bevor es peinlich wird.“

Entstand in dieser Zeit auch die Idee für die Gründung Ihrer Stiftung?

Beckenbauer: Ich hatte mir in meinem Vertrag vom HSV ein Abschiedsspiel garantieren lassen. Bei dem Spiel kamen Einnahmen von rund 800.000 Mark zusammen, die wollte ich spenden. Unser damaliger Mannschaftsarzt Dr. Friedrich Nottbohm, mit dem ich eng befreundet bin, hatte die entscheidende Idee, er riet mir: „Franz, gründe doch eine Stiftung, damit schaffst du etwas Bleibendes.“ Das habe ich im Mai 1982 dann getan, mit einem Startkapital von einer Million DM. Und Dr. Nottbohm ist heute Vorstand der Stiftung.

33 Jahre später arbeitet die Stiftung für kranke, behinderte und unverschuldet in große Not geratene Menschen noch immer mit großem Erfolg. Entscheiden Sie persönlich, wem geholfen wird?

Beckenbauer: Das ist in der Satzung klar geregelt. Bis 1000 Euro entscheidet unsere Büroleiterin Anita Büchling, von 1000 bis 50.000 Euro ich, ab 50.000 Euro muss der gesamte Stiftungsrat zustimmen. Aber natürlich geht jeder Fall über meinen Schreibtisch.

Gab es Fälle, die Sie besonders berührt haben?

Beckenbauer: Viele. Oft frage ich mich: Wie viel Leid kann ein Mensch überhaupt aushalten? Da verlässt der Mann die Familie, weil er mit seinen behinderten Kindern nicht zurechtkommt. Und dann brennt der Frau und den Kleinen auch noch das Haus ab. Es gibt Schicksale, da könnte man verzweifeln.

Sprechen Sie darüber mit ihren jüngeren Kindern, mit dem 14-jährigen Joel oder der zehnjährigen Francesca?

Beckenbauer: Ich sag schon mal, dass ich in Afrika hungernde Kinder gesehen habe, wenn sie ihren Teller nicht leer essen. Aber ob das bei ihnen wirklich ankommt? So richtig begreifen kann man das ja erst, wenn man es selbst erlebt, mit eigenen Augen gesehen hat.

Lassen Sie sich die Anträge eigentlich faxen oder mailen?

Beckenbauer: Ich habe gern was in der Hand, bevorzuge Papier. Also Fax. Ich habe auch gar keine eigene Mailadresse. Wenn es besonders dringend ist, bemühen sich mein Management oder meine Frau, dass ich es schnell erfahre.

Viele Stiftungen klagen über das extrem niedrige Zinsniveau, was dazu führt, dass immer weniger Geld ausgeschüttet werden kann.

Beckenbauer: Dieses Problem trifft uns zum Glück nicht so sehr, da wir aus laufenden Einnahmen und aus Charity-Veranstaltungen der Stiftung immer frisches Kapital zuführen können.

Sie gelten auch privat als sehr großzügig. Bei Taxifahrern oder Kellnern sind Sie ein besonders beliebter Gast, da Sie die Rechnungen zuweilen verdoppeln.

Beckenbauer: Na ja, verdoppeln nun nicht gerade. Aber 20 Prozent lege ich schon drauf. Und wenn die Bedienung besonders zuvorkommend ist, gern etwas mehr. Weil ich finde, dass sie es verdienen.

Wir kennen ehemalige Fußballer, die Millionen verdient haben und nicht nur einen, sondern zwei Igel in der Tasche haben.

Beckenbauer (lacht): Dann haben sie wahrscheinlich mehr Geld als ich. Nein, im Ernst, ich habe schon immer gern gegeben. Auch schon mit 18, ich hatte damals immerhin schon zwei Verträge.

Sie waren Versicherungskaufmann ...

Beckenbauer: Das habe ich bei der Allianz gelernt, stimmt. Aber dort war eine Halbtagsbeschäftigung nicht möglich, als ich bei den Bayern meinen ersten Vertrag bekommen habe. Also hat mich ein Gönner des Vereins in seinem Stoffgeschäft angestellt.

Sie haben also für die Kunden Bahnen geschnitten.

Beckenbauer: Ja, Seide, Baumwolle – immer die gewünschte Länge. Aber mit dem Aufstieg der Bayern in die Bundesliga 1965 hatte sich das eh erledigt. Ab dann war ich Vollprofi.

Sie kommen aus sehr kleinen Verhältnissen, aufgewachsen in Münchens Arbeiterviertel Giesing. Vier Zimmer für acht Personen, fließend Wasser, Toilette auf dem Flur. Aber Sie sagen stets, dass Sie nie arm waren.

Beckenbauer: Ich bin 1945 geboren, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir kamen doch alle aus dem Nichts.

Na ja, in Schwabing war das schon anders.

Beckenbauer: Weiß ich nicht, so weit sind wir doch gar nicht rausgekommen. In Giesing jedenfalls gab es nicht diese sozialen Unterschiede. Das hatte auch Vorteile, es konnte kein Neid auf Besserverdienende aufkommen wie heute.

Ihre Kinder wachsen in großem Wohlstand auf. Erzählen Sie ihnen manchmal aus Ihrer Nachkriegsjugend?

Beckenbauer: Ach, das bringt ja nichts. Sie denken dann nur: Was sollen diese Märchen? Aber ich verstehe das, wie sollen sie sich so was auch vorstellen können?

Was machen Sie anders als bei Ihren ersten Kindern?

Beckenbauer: Ich habe sehr früh geheiratet und war mit 23 Jahren bereits dreifacher Vater. Ich war viel zu jung, um mich richtig um meine Familie zu kümmern. Meine Leidenschaft war der Fußball, ich wollte raus in die Welt. Darunter hat die Familie gelitten, ohne dass ich das wirklich bemerkt habe. Um diesen Fehler jetzt nicht noch einmal zu machen, bin ich vor einiger Zeit von allen Ämtern zurückgetreten. Bei der Fifa, bei der Uefa, beim DFB, beim FC Bayern. Jetzt nehme ich mir Zeit, mich wirklich mit meinen Kindern zu beschäftigen.

Aber das kann auch anstrengend sein.

Beckenbauer: Joel ist in der Pubertät und manchmal ganz schön aufmüpfig. Bei Francesca wird diese Phase noch kommen. Aber es ist trotzdem wunderbar. Ich unternehme viel mit den beiden, fahre sie auch zur Schule. All das gab es bei meinen ersten Kindern nicht.

Haben die beiden Ihr Talent geerbt?

Beckenbauer: Joel ist ein Fußballnarr, er ist besessen, will nichts anderes. Er spielt auch gut, ist ein anständiger Charakter – also das Talent hätte er. Aber er geht auf eine internationale Schule, hat den ganzen Tag Unterricht. Er trainiert nur zweimal in der Woche bei einem kleineren Amateurverein, bei Red Bull Salzburg müsste er viermal in der Woche trainieren. Francesca spielt auch gut, fährt im Winter aber lieber Ski.

Wie sehr fehlen Ihnen die Ämter im Weltfußball?

Beckenbauer: Überhaupt nicht. Und man kommt dort sehr gut ohne mich klar. Mein Engagement für die Stiftung, meine Einsätze für Sponsoren und vor allem als Experte für Sky – damit habe ich genug zu tun.

Sie gelten gemeinhin als Glückskind. Was Sie anpacken, klappt. Ob als Spieler mit den vielen Titeln, als Weltmeister-Trainer oder als Organisator des Sommermärchens. Schottlands ehemaliger Teammanager Andy Roxburgh hat mal gesagt, Sie wären der einzige Mensch, der nach oben fiele, wenn er aus dem Fenster springen würde.

Beckenbauer (lacht): Ausprobieren würde ich das aber nicht so gern.

Wie ist das Image des Glückskinds entstanden?

Beckenbauer: In den 1960ern war ja eher der rustikale Fußballer gefragt. Ich dagegen kam mit einer gewissen Leichtigkeit daher und habe meinen Gegenspielern den Ball lieber gestohlen, als ihn wegzugrätschen. Mancher hat mir deswegen nachgesagt, ich sei überheblich und arrogant. Dass ich genauso intensiv trainiert habe wie meine Mannschaftskameraden, wollte man anscheinend nicht sehen. Auch nicht, dass ich mit meinem Körper immer pfleglich umgegangen bin, mehr als andere. Weil ich wusste, dass er mein Kapital als Fußballspieler ist. Ich habe mich nach fast jedem Training gut pflegen lassen. Sonst hätte ich wahrscheinlich mit 38 Jahren nicht mehr spielen können.

Auch heute denken viele, Ihnen falle einfach alles zu, ohne dass Sie wirklich arbeiten müssen. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach erzählt dagegen, dass Sie als Teamchef bei der WM 1990 die halbe Nacht Videos der nächsten Gegner studiert haben.

Beckenbauer: Das schönste Kompliment hat mir in dieser Hinsicht Uli Hoeneß gemacht. Als ich zweimal bei den Bayern als Trainer eingesprungen bin, hat er gesagt, dass er noch nie einen fleißigeren Trainer erlebt habe.

Haben Sie noch Kontakt zu Hoeneß?

Beckenbauer: Wir haben uns gerade erst bei den Dreharbeiten zu einer ARD-Dokumentation über mich gesehen. Wir kennen uns seit 1970, als er zu den Bayern kam. Er ist mein Freund, auch wenn wir in all den Jahren schon mal unterschiedlicher Meinung waren. Ich wollte ihn auch in der Haft besuchen, leider wurde mein Antrag abgelehnt, keine Ahnung warum.

Wie ist jetzt Ihr Eindruck von ihm?

Beckenbauer: Er hat rund 25 Kilo abgenommen, wirkt fit und auch psychisch stabil. Er weiß, dass sein FC Bayern hinter ihm steht.

Herr Beckenbauer, lassen Sie uns zu einem aktuellen Thema wechseln. Sie waren einer der Unterstützer der Münchner Bewerbung für Olympische Winterspiele. Sind Sie über das Scheitern am Bürgerentscheid noch immer enttäuscht?

Beckenbauer: Am Anfang war ich schon sehr enttäuscht. Und ich frage mich noch immer, wie man sich eine solche Chance entgehen lassen konnte. Die Münchner sollten doch wissen, wie wichtig für ihre Stadt die Spiele 1972 waren. Von den Vorteilen wie etwa dem Bau der U-Bahn profitiert München noch heute. Diese Kurzsichtigkeit der Gegner kann ich nicht verstehen.

Wie sehen Sie die Chancen von Hamburg und Berlin, die beide Olympische Spiele wollen?

Beckenbauer: Beide Olympia-Konzepte sind überzeugend, beide Städte wären sehr gute Gastgeber. Aber ohne die Unterstützung der Bürger geht nichts mehr. Sie müssen mehrheitlich hinter so einem Projekt stehen. Bei einem Bürgerentscheid reicht zwar eine Mehrheit von 51 Prozent, besser aber wäre eine Zustimmung von 80 Prozent.

Vor der WM 2006 gab es kaum Widerstände. Wäre das heute anders?

Beckenbauer: Fußball ist der deutsche Volkssport, aber so glatt wie 2006 würde es wahrscheinlich nicht mehr laufen. Heute sagen manche: Wozu braucht man solche Großveranstaltungen, uns geht es doch auch ohne gut. Obwohl das, glaube ich, die Minderheit ist, schafft sie es, ganz schön auf die Pauke zu hauen, sodass die Neinstimmen lauter wahrgenommen werden als die der Befürworter. Das halte ich für bedenklich.

Herr Beckenbauer, Sie werden im September 70 Jahre alt. Beschäftigt Sie dieser Gedanke?

Beckenbauer: Mit runden Geburtstagen hatte ich noch nie ein Problem, habe das auch jetzt nicht. Aber 70, das ist dann doch ein Alter, wo ich mir zum ersten Mal Gedanken mache. Früher sind die meisten Menschen gar nicht so alt geworden. Dank des medizinischen Fortschritts kann man heute deutlich länger auf dieser Welt bleiben. Vor allem wenn man gesund lebt. Richtig Bergsteigen und Klettern mache ich inzwischen zwar nicht mehr, aber ich versuche schon, beim Sport dranzubleiben.

Ihre Leidenschaft fürs Golfspielen haben Sie in Hamburg entdeckt.

Beckenbauer: Stimmt, dort habe ich es gelernt. Am Anfang habe ich gedacht: Warum triffst du einen Ball, der reglos vor dir liegt, nicht besser? Gerade du als Ballgenie? Golf ist ein Sport, der einen Demut lehrt. Man begreift, dass man den Ball nie völlig beherrschen wird.

Müssen Sie wie so viele ehemalige große Fußballer mit Spätfolgen der Karriere leben?

Beckenbauer: Abgesehen von meiner Hüfte, die ab und zu zwackt, fühle ich mich fit. Und dank Trennkost habe ich inzwischen mein Kampfgewicht aus meiner aktiven Zeit beim FC Bayern wieder.

Was wird aus Ihrer Stiftung, wenn Ihre finanzielle Unterstützung einmal wegfallen sollte?

Beckenbauer: Darüber reden wir gerade intensiv. Natürlich hätten wir ein Problem, wenn ich nicht mehr im gewohnten Maß helfen könnte. Dafür müssen wir eine Lösung finden. Mein Ziel ist auf jeden Fall, dass die Stiftung mich überdauert.