Für die DHB-Auswahl ist der Traum vom WM-Titel nach der Viertelfinal-Niederlage gegen Gastgeber Katar geplatzt. Doch ging wirklich alles mit rechten Dingen zu? Heinevetter wittert eine Verschwörung.

Kapitän Uwe Gensheimer starrte fassungslos ins Leere, Youngster Paul Drux weinte hemmungslos, und Torhüter Silvio Heinevetter witterte ebenso wie Verbandspräsident Bernhard Bauer eine Verschwörung: Nach dem geplatzten Medaillentraum bei der WM in Katar durch die 24:26 (14:18)-Viertelfinalniederlage gegen den Gastgeber mischten sich bei den deutschen Handballern Enttäuschung über die eigene Leistung und Wut über die mazedonischen Schiedsrichter.

„Das kann man nicht in Worte fassen. Wir hatten eine riesige Möglichkeit, etwas ganz Großes zu erreichen. Wir haben unser schlechtestes Spiel bei dieser WM abgeliefert. Das ist bitter“, sagte Gensheimer, der auch mit seinen fünf Treffern die erste Turnierniederlage im siebten Spiel nicht verhinderte.

Während Gensheimer sich äußerst selbstkritisch gab, fühlte sich der emotionale Heinevetter um den größten Erfolg der Auswahl des DHB seit dem WM-Triumph vor acht Jahren im eigenen Land betrogen. „Heute konnten wir das Spiel nicht gewinnen. Wir sind immer noch Gäste hier im Land. Da muss ich aufpassen, was ich sage. Aber jeder, der das Spiel gesehen hat, weiß, was ich meine“, sagte der Berliner (hier geht‘s zum Video).

Der Ticket-Skandal, dass deutsche Fans mit gültigen Karten ausgesperrt und anstelle dessen Kataris nach Aufforderung der Regierung kostenlos in die Halle gelassen wurden, untermauert den faden Beigeschmack, den die Viertelfinal-Niederlage hinterlässt.

Sigurdsson nimmt die Pleite auf seine Kappe


Trainer Dagur Sigurdsson blieb derweil gewohnt gelassen und räumte eine Teilschuld an der nicht erwarteten Pleite ein. „Ich hätte früher auf eine 6:0-Abwehr umstellen müssen“, sagte der Isländer bei Sky. Für Coach und Mannschaft geht es nun darum, sich in den anstehenden Platzierungsspielen einen Platz bei einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2016 in Rio zu sichern. Erster Gegner am Freitag (14 Uhr/Sky) ist der zweimalige Olympiasieger Kroatien.

„Darauf sind wir eingestellt“, sagte Sigurdsson. Um zumindest Platz sieben zu erreichen, bedarf es in Abwehr und Angriff einer Leistungssteigerung. Die deutsche Deckung bekam im ersten Durchgang Kreisläufer Borja Vidal nie in den Griff, in der zweiten Halbzeit machte Rafael Capote aus dem Rückraum die entscheidenden Treffer für die zusammengekaufte Weltauswahl.

DHB-Präsident Bauer zeigte derweil Mitleid mit der Mannschaft und kritisierte ebenfalls die Unparteiischen. „Wir haben uns von der Kulisse beeindrucken lassen. Die Jungs sind am Boden zerstört. Ich verliere normal nie ein Wort über die Schiedsrichterleistung. Aber jeder, der etwas vom Handball versteht, hat gesehen, was hier heute abgelaufen ist“, sagte Bauer nach der umkämpften, aber keineswegs hochklassigen Partie vor 14.500 Zuschauern.

Groetzki verwirft in der Schlussphase zweimal frei stehend


Das deutsche Angriffsspiel war über 60 Minuten nicht so kaltschnäuzig und effektiv wie gewohnt. Torjäger Steffen Weinhold war durch eine Oberschenkelverletzung gehandicapt, das wirkte sich negativ auf das deutsche Rückraumspiel aus. „Wir waren zu hektisch und haben uns von der Atmosphäre anstecken lassen“, räumte Weinhold ein.

Bezeichnend war die Schlussphase. Bei einem Zwei-Tore-Rückstand tauchte Patrick Groetzki in zwei Szenen frei vor Danijel Saric auf, doch der Rechtsaußen scheiterte an Katars Torhüter, der als bester Spieler der Begegnung ausgezeichnet wurde. Durch die Niederlage verpasste die DHB-Auswahl die zehnte Teilnahme an einer WM-Vorschlussrunde, während Katar als dritte nicht-europäische Mannschaft in einem WM-Halbfinale steht und dort auf Polen trifft.