Gegen Red Bull München verlor die Mannschaft von Benoit Laporte deutlich mit 3:6. Die „Eisschränke“ gingen zu Beginn durch Sertich in Führung, aber die Gäste drehten die Partie und gewannen souverän.

Hamburg. „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.“ So heißt es in Goethes „Faust“, und dieser Satz durfte in den vergangenen Tagen auch als Muster für die Atmosphäre bei den Hamburg Freezers angeführt werden. Nach vier herben Niederlagen in der Champions League war niemandem so richtig klar, in welcher Form die Mannschaft von Cheftrainer Benoît Laporte in die Saison 2014/15 der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) starten würde. Am Freitagabend um 22.01 Uhr musste man immerhin konstatieren, dass der Realitätscheck missglückt ist. Gegen Red Bull München, das zuvor nie in Hamburg gewinnen konnte, setzte es beim 3:6 (1:2, 1:1, 1:3) die erste Heimniederlage in einem Saisonauftaktspiel seit dem 0:3 gegen Köln im September 2010.

Wie vor jeder neuen Spielzeit üblich, wurden die 8511 Zuschauer in der O2 World, die die Mannschaft mittels einer Blockfahne mit Hans-Hummel-Motiv und dem Spruch „Hamburg Hoch Hinaus“ begrüßten, auch diesmal von einer überarbeiteten Arenashow überrascht. Vor allem die Freunde des Purismus dürften sich über den Film gefreut haben, den Regisseur Sascha Zech an den Primärtugenden von Eishockeyprofis entlangerzählt hat. Kurz umrissen: Das Eishockeyherz des Nordens schlägt in Hamburg, und die Profis der Freezers sind ganz starke Kerle, die hart für den Erfolg arbeiten. Das in den vergangenen Jahren betonte und bisweilen überzeichnete Hamburg-Pathos fehlt in diesem Jahr völlig, und möglicherweise ist ein Fokussieren auf das, was den Sport ausmacht, der richtige Weg.

Das sollte in jedem Fall für Laportes Auswahl gelten. Die Taktik des Frankokanadiers, den Gästeteams sehr schnell deutlich zu machen, wer der Herr im schmucken Haus am Volkspark ist, war in den ersten Spielminuten deutlich zu erkennen. Hamburg machte viel Druck und kam bereits in der fünften Spielminute zur verdienten Führung. Münchens Richie Regehr hatte einen Schuss von Neuerwerbung Marty Sertich unhaltbar für Torhüter Niklas Treutle abgefälscht und damit dem ehemaligen Iserlohner die Ehre erwiesen, als erster Freezers-Torschütze der neuen Saison in die Statistik einzugehen.

Treutle, in Hamburg im vergangenen Oktober wegen mehrerer Patzer in Ungnade gefallen, war in dieser Szene machtlos, spielte ansonsten eine eher unauffällige Partie.

Doch als hätte die Führung jeglichen Kreativitätsfluss versiegen lassen, gerieten die Freezers, denen neben Kapitän Christoph Schubert (Innenbandriss im Knie), den Angreifern Morten Madsen (Muskelbündelriss im Oberschenkel) und Frédérik Cabana (Knöchelbruch) sowie Verteidiger Duvie Westcott (Sperre) auch Stürmer Adam Mitchell fehlte, dessen deutscher Pass erst am Montag ausgestellt werden kann, ins Hintertreffen. 34 Sekunden nach dem 1:0 glich Mads Christensen aus, und weil die Abwehr auch weiterhin passiv zu Werke ging, war es Yannic Seidenberg vorbehalten, den stark haltenden Freezers-Keeper Sébastien Caron zum zweiten Mal zu überwinden.

Die von Red Bull zum Club mit dem höchsten DEL-Etat aufgerüsteten Münchner wiesen in der Folge nach, dass sie in dieser Saison tatsächlich zu Höherem berufen sein könnten. Die Mannschaft um Ex-Freezers-Kapitän Alexander Barta spielte zielstrebig und geradlinig. Und als der zum Verteidiger umfunktionierte Matt Pettinger nach einem Stockfehler Münchens Daniel Sparre nur mit einer Notbremse am Abschluss zu hindern vermochte, war Sparre frech genug, Caron den fälligen Penalty durch die Schoner zu schieben.

Das Anschlusstor, das Garrett Festerling auf schöne Vorarbeit von Jerome Flaake durch Treutles Beine hindurch 29 Sekunden vor der zweiten Pause erzielte, hätte eine Initialzündung für die Aufholjagd sein können.

Doch weil mit Brett Festerling ein weiterer Verteidiger mit Oberschenkelproblemen ausfiel und die vier verbliebenen Abwehrspieler Doppelschichten schieben mussten, fehlte die Kraft, um sich noch einmal entscheidend gegen die Niederlage zu stemmen.

„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“, heißt es im „Faust“ weiter. Die Freezers immerhin wissen, dass sie mit einem so schmalen Aufgebot wie am Freitagabend auch an diesem Sonntag (17.45 Uhr/Servus TV live) bei der Düsseldorfer EG die Punkte nicht einplanen dürfen – und trotzdem alles tun müssen, um einen Fehlstart zu verhindern.

Tore: 1:0 (4:27) Sertich (Pettinger) 5-4, 1:1 (5:01) Christensen (Brophey, Boyle), 1:2 (12:47) Seidenberg (Roe, Ritter), 1:3 (33:38) Sparre (Penalty), 2:3 (39:31) Festerling (Flaake, Pohl), 2:4 (46:45) Di Salvatore (Lewis), 3:4 (47:16) Jakobsen (Dupuis, Krämmer), 3:5 (56:47) Kettemer (Barta), 3:6 (59:24) Regehr (empty net goal). Strafminuten: 10/6. Schiedsrichter: Brüggemann/Steinecke (Iserlohn/Erfurt). Zuschauer: 8511.Die anderen Partien des 1. Spieltags: Wolfsburg – Düsseldorf 7:0, Augsburg – Berlin 4:1, Straubing – Köln 3:2 n. P., Mannheim – Ingolstadt 5:2, Schwenningen – Nürnberg 1:3, Iserlohn – Krefeld 4:2.