Bundestrainer Joachim Löw hat auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf Bastian Schweinsteiger zum neuen Kapitän ernannt. Außerdem gab Löw bekannt, dass ab Oktober Thomas Schneider aus Stuttgart neuer Co-Trainer wird.

Düsseldorf. Mit Spannung war erwartet worden, wer neuer Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wird. Nach dem Rücktritt von Philipp Lahm hat Bundestrainer Joachim Löw Bastian Schweinsteiger das Amt übergeben. Das gab Löw auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf bekannt. Auch ein neuer Co-Trainer ist gefunden. Thomas Schneider aus Stuttgart wird ab Oktober neuer Assistent von Weltmeistertrainer Löw. Schneider wird damit Nachfolger von Hansi Flick, der nach dem WM-Gewinn zum Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufstieg.

Löw habe einige intensive Gespräche geführt. Schlussendlich sei die Entscheidung dann auf Schneider gefallen. „Ich glaube, dass er der richtige Mann für die Position ist.“ In Düsseldorf wird Schneider noch nicht als Löws Assistent auf der Bank sitzen.

Schneider wurde am 9. März als Trainer beim schwäbischen Bundesligisten VfB Stuttgart entlassen. Vorausgegangen war ein 2:2 gegen das damalige Tabellenschlusslicht und den späteren Absteiger Eintracht Braunschweig. Seine Trainerkarriere startete der 41 Jahre alte Schneider als Jugendcoach beim VfB. Als Profi hatte Schneider lange ebenfalls für die Schwaben gespielt. Zum Ende seiner Karriere absolvierte der frühere Abwehrspieler auch acht Spiele für Hannover 96.

Das Endspiel in Frankreich hat Löw bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem WM-Triumph und der umjubelten Rückkehr nach Deutschland zum Projekt für die kommenden 23 Monate erklärt. „Das nächste große Ziel nach dem großen Finale von Rio soll und muss heißen: EM-Finale in Paris“, sagte er. „Die Reise beginnt mit dem nächsten Spiel gegen Schottland“, kündigte Löw vor dem ersten EM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Dortmund an.

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„Joachim Löw kenne ich noch aus meiner Zeit als Spieler beim VfB. Schon damals habe ich gemerkt, dass wir sehr ähnlich über den Fußball denken. Und wir haben uns über die Jahre ja nie aus den Augen verloren. Ich bin der Überzeugung, dass wir uns sehr gut ergänzen und optimal zusammenarbeiten werden“, wird Schneider in einer DFB-Pressemitteilung zitiert.

„Schweinsteiger übernimmt Verantwortung“


Schweinsteiger war bislang Stellvertreter des 30-jährigen Lahm, der nach dem Gewinn des WM-Titels seine Länderspiel-Karriere beendet hatte. Für Löw war es „naheliegend“, dass der 30 Jahre alte Mittelfeldspieler des FC Bayern München daher das Amt übernehmen werde. „Bastian ist ein absoluter Leader, er hat immer für die Nationalmannschaft Verantwortung übernommen, auf und neben dem Platz“, sagte Löw. „Zu Bastian habe ich großes Vertrauen, aber nicht nur ich, auch unsere gesamte sportliche Leitung. Vor allem aber vereint er alle Spieler hinter sich – egal, welchen Alters, egal, in welchem Verein sie spielen. Ich weiß: Bastian ist immer da, wenn wir ihn brauchen. Bastian Schweinsteiger wird ein großer und würdiger Kapitän unserer Nationalmannschaft sein“, lobt Löw den neuen Kapitän.

Schweinsteiger sieht seine Beförderung zum Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft als Privileg und Anerkennung. „Es ist eine Ehre und Freude, aber zugleich eine Verpflichtung“, erklärte der 30 Jahre alte Münchner nach der Entscheidung des Bundestrainers, wer die Nachfolge von Philipp Lahm im Team des Weltmeisters antreten soll. „Joachim Löw und ich arbeiten jetzt seit 2004 zusammen, und diese gemeinsame Zeit, die mit dem Gewinn des WM-Titels einen Höhepunkt hatte, schweißt natürlich zusammen. Insofern habe ich es als Privileg und auch als Anerkennung empfunden, gewissermaßen als Erster unter Gleichen ernannt zu werden“, sagte Schweinsteiger auf der Verbands-Homepage.

Sein Verhalten auf dem Platz werde er als Kapitän nicht ändern, bemerkte Schweinsteiger. „Ich habe meine Art zu führen, die sich in den letzten Jahren entwickelt und als erfolgreich erwiesen hat. Ich weiß aber auch, dass nun weitere Verpflichtungen dazukommen werden, insbesondere auch außerhalb des Platzes“, ergänzte der 108-malige Nationalspieler. „Ich werde mich da reinarbeiten. Mehr als zehn Jahre Bayern München, mehr als 100 Länderspiele – ich kenne viele Akteure in Sport, Wirtschaft und Politik. Darauf werde ich aufbauen.“

Schweinsteiger wird das deutsche Weltmeister-Team an diesem Mittwoch (20.45 Uhr im Liveticker auf abendblatt.de) in der Neuauflage des WM-Endspiels gegen Argentinien in Düsseldorf allerdings nicht als Kapitän anführen können. Der 108-malige Nationalspieler ist wegen Knieproblemen nicht einsatzfähig. Manuel Neuer soll daher die Kapitänsbinde tragen. Der Torhüter des FC Bayern ist allerdings nicht stellvertretender Kapitän. „Ich möchte mich auf keinen Vize-Kapitän festlegen. Jeder aus dem Mannschaftsrat kann diese Rolle, sollte Basti ausfallen, übernehmen“, sagte Löw auf der Pressekonferenz. In dem neuen Mannschaftsrat stehen neben Manuel Neuer auch Mats Hummels, Sami Khedira und Thomas Müller.

Schweinsteiger ist seit mehr als zehn Jahren ein fester Bestandteil der Nationalmannschaft. Am 6. Juni 2004 hatte er in Kaiserslautern beim 0:2 im Freundschaftsspiel gegen Ungarn gemeinsam mit Lukas Podolski im DFB-Trikot debütiert.

Wer ersetzt Lahm als Rechtsverteidiger?


Zum anstehenden Freundschaftsspiel gegen Argentinien gab Löw bekannt, dass die verletzten Schweinsteiger, Boateng und Hummels nicht spielen werden. Bei Khedira stehe noch eine Kernspin-Untersuchung aus. Löw hatte daher Sebastian Rudy aus Hoffenheim nachnominiert.

Zum Nachfolger für Lahm hat Löw gleich mehrere Spieler im Visier. Zum einen erwartet der Bundestrainer von Erik Durm weitere Entwicklungen. Der Dortmunder wird künftig eine wichtige Rolle spielen. Alternativ wisse Löw aber auch, dass Höwedes auf der Position des Außenverteidigers spielen kann. Kevin Großkreutz sei ebenfalls eine Möglichkeit, genauso wie Stuttgarts Antonio Rüdiger. Rüdiger sei schnell und habe gute Lösungen im Eins-gegen-eins.

Als Nachfolger für Klose steht Mario Gomez nach wie vor bereit. „Mario war natürlich enttäuscht, dass er nicht bei der WM dabei war. Aber er war verletzt und hatte keinen Rhythmus,“ begründete Löw seine Nichtnominierung. „Mario ist aber nach wie vor einer der Besten, die es überhaupt gibt“, lobt Löw seinen Stürmer. Alternativen bieten sich dem Bundestrainer aber auch auf dieser Position. „Wir haben auch dort gute Qualitäten. Götze und Müller sind weitere Möglichkeiten.“

Offen ist, wie lange der wegen der Nachwehen einer Verletzung in Brasilien fehlende Mario Gomez bei seinem Comeback zum Einsatz kommen wird. Beginnt Löw mit einer „klassischen Spitze“, kann diese nur Gomez heißen. Präferiert er das System mit der „falschen Neun“, wird wohl der Siegtorschütze des Finales, Mario Götze, in der Startelf stehen.

Löw muss in der Defensive kräftig rotieren


Das Tor wird in Manuel Neuer, der beste Torhüter der WM, hüten. Davor verteidigen wohl drei Dortmunder: Rechts Kevin Großkreutz, links Erik Durm und innen Matthias Ginter, hinzu kommt in Abwesenheit der angeschlagenen WM-Verteidiger Jerome Boateng und Mats Hummels der Schalker Benedikt Höwedes.

Toni Kroos und Christoph Kramer werden voraussichtlich die Doppel-Sechs bilden. In der offensiven Dreierreihe könnte Reus zentral beginnen, Thomas Müller rechts und André Schürrle links. Fehlen werden neben Schweinsteiger, Boateng und Hummels gegenüber der WM die zurückgetretenen Philipp Lahm, Miroslav Klose und Per Mertesacker sowie die angeschlagenen Mesut Özil und Shkodran Mustafi. Alle 23 Weltmeister werden aber am Mittwoch im Stadion sein.

Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:

Deutschland: Neuer/Bayern München (28 Jahre/52 Länderspiele) – Großkreutz/Borussia Dortmund (26/5), Höwedes/Schalke 04 (26/28), Ginter/Borussia Dortmund (20/2), Durm/Borussia Dortmund (22/1) – Kramer/Borussia Mönchengladbach (23/5), Kroos/Real Madrid (24/51) – Müller/Bayern München (24/56), Reus/Borussia Dortmund (25/21), Schürrle/FC Chelsea (23/39) – Gomez/AC Florenz (29/59) oder Götze/Bayern München (22/35). – Trainer: Löw

Argentinien: Romero/Sampdoria Genua (27 Jahre/54 Länderspiele) – Zabaleta/Manchester City (29/43), Demichelis/Manchester City (33/41), Fernandez/SSC Neapel (25/30), Rojo/Manchester United (24/29) – Biglia/Lazio Rom (28/26), Mascherano/FC Barcelona (30/105) – Di Maria/Manchester United (26/52), Agüero/Manchester City (26/56) – Lavezzi/Paris St. Germain (29/37), Higuain/SSC Neapel (26/43). – Trainer: Martino

Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)