Tore stechen Weltmeister-Titel: Trotz des Triumphs von Brasilien bleibt Manuel Neuer die Krönung bei der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres verwehrt. Cristiano Ronaldo sichert sich die Trophäe.

Monaco. Blitzschnell machten sich Manuel Neuer und Arjen Robben aus Monaco auf die Heimreise. Als Cristiano Ronaldo noch die Glückwünsche für seine zweite Wahl nach 2008 zu Europas Fußballer des Jahres entgegennahm, waren die beiden unterlegenen Bayern-Profis schon wieder zum Helikopter in Richtung Nizza unterwegs. Trotz einer überragenden WM musste sich Weltmeister Neuer bei der Kür dem portugiesischen Superstar geschlagen geben.

„Ich bin sehr stolz hier zu stehen unter den Offensivspielern, das ist nicht normal hier zu stehen“, betonte der Keeper. Obwohl er den ersten deutschen Triumph seit Matthias Sammer 1996 und die Premieren-Auszeichnung eines Torhüters aus dem Land des viermaligen Weltmeisters überhaupt verpasste, musste sich Neuer nicht lange grämen. Im anthrazitfarbenen Anzug mit roter Krawatte durfte sich der 28-Jährige im Rampenlicht erstmals unter den besten drei Europas präsentieren. „Ich hätte ihn gewählt, ohne jeden Zweifel, aber ich habe gerade mit ihm gesprochen, er nimmt es mannhaft, er ist also nicht geknickt“, erklärte Wolfgang Niersbach, der sich zumindest über die Wahl der Wolfsburgerin Nadine Keßler zu Europas Fußballerin des Jahres freuen durfte.

Für Neuer ist Platz zwei in der Wahl mit 19 Journalistenstimmen hinter Ronaldo (26) und vor Robben (9) der letzte Beweis seines Ausnahmestatus. Dieses Jahr wurde er bereits mit dem Goldenen Handschuh als bester WM-Schlussmann und als Deutschlands Fußballer des Jahres ausgezeichnet. Sowohl Neuer als auch Robben hätten es verdient gehabt, betonte Sportvorstand Matthias Sammer und würdigte zugleich Ronaldo: „Er ist ein herausragender Fußballer und hat all unseren Respekt, dennoch hätte ich mir einen anderen Wahl-Ausgang gewünscht.“

Es bleibt ein starkes Ergebnis für den FC Bayern: In der ersten Wahlrunde der Journalisten-Wahl landeten Neuers Mannschaftskameraden Thomas Müller auf Platz vier und Philipp Lahm auf Rang fünf. „Der FC Bayern hat vier Spieler unter den besten Fünf. Das hat es noch nie gegeben, nicht mal zu allerbesten Zeiten des FC Barcelona“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dem „Münchner Merkur“. „Das ist eine Weltsensation.“

Bevor das Team von Bundestrainer Joachim Löw und vor allem Neuer in der K.o.-Runde immer wieder über sich hinauswuchs, war Ronaldo nach schwachen Auftritten bei der WM mit Portugal schon in der Vorrunde gescheitert. Dennoch konnte er die Jury vor allem mit seinen Leistungen in der Champions League überzeugen. „Ich bin meinen Teamkollegen sehr dankbar, ohne sie wäre es nicht möglich gewesen“, erklärte Ronaldo und fügte gänzlich unbescheiden hinzu:„Ich habe diese Trophäe noch nicht in meinem Museum.“

Der Wunderkicker von der Atlantikinsel Madeira, wo er sich selbst ein Ronaldo-Museum errichtete, führte Real Madrid mit dem Torrekord von 17 Treffern zum zehnten Königsklassen-Titel. „Er hat eine beeindruckende Saison in der Champions League hingelegt, das war wirklich groß“, sagte Robben deshalb. „Sie werden von mir nie hören, es hätte jemand etwas nicht verdient und ich müsste dies oder das gewinnen.“ Die Trophäe geht zum vierten Mal in den vergangenen fünf Ausgaben an einen Spieler aus der spanischen Primera Division - Ronaldos ewiger Widersacher Lionel Messi kam als Fünfter erstmals seit 2006 nicht unter die Top Drei.

So zeigte sich Ronaldo endgültig versöhnt mit der Fußball-Welt. „Das ist eine sehr wichtige Auszeichnung. Eine individuelle Trophäe ist der Preis dafür, dass man eine Saison lang als Einzelspieler und als Teil der Mannschaft seine Sache sehr gut gemacht hat“, erklärte er sein unstillbares Verlangen nach Ehrungen. Im vergangenen Jahr war der 29 Jahre alte Beau der Veranstaltung beim Erfolg von Franck Ribéry noch gefrustet fern geblieben. Er vertraue jedoch darauf, „dass ich die Auszeichnung gewinnen werde“, hatte er kurz vor der Gala noch im „Marca“-Interview gewohnt selbstbewusst verkündet.

Beim Weltturnier in Brasilien war Ronaldo mit einer Entzündung im linken Knie noch weit hinter seinen Möglichkeiten geblieben und für sein Team angesichts mangelnder Defensivarbeit sogar eher zur Belastung geworden. Er habe in der Gier nach Erfolg sogar seine Karriere aufs Spiel gesetzt, erklärte er. „Im Leben gewinnt man nichts, wenn man keine Opfer bringt.“ Angesichts der Gala-Auftritte Ronaldos vor dieser Leidenstour deutete UEFA-Präsident Michel Platini schon den möglichen Gedankengang der 54 wahlberechtigten Journalisten für das Live-Voting an.

Der Ballon d’Or, die Prämie für den Weltfußballer, spiegele „den Verlauf der WM“ wider. Die Trophäe des besten Kontinentalkickers sei hingegen vor allem für einen der drei Profis in der Endausscheidung geeignet: Ein gar nicht so dezenter Hinweis auf die Leistungen von Ronaldo in der Königsklasse.

Auch bei den Frauen wurden die Champions-League-Verdienste gewürdigt. Neben Keßler waren auch Martina Müller und Nilla Fischer vom Champion VfL Wolfsburg in der Endausscheidung. „Also mir fehlen ein bisschen die Worte, es ist ein wunderschönes Gefühl“, sagte Keßler. „Ich möchte meinem Team danken. Das ist ein Preis, den Nilla oder Martina verdient hätten.“ Nach Premierensiegerin Nadine Angerer im Vorjahr erhielt sie die Auszeichnung als zweite Deutsche.