Beim Finale der Tour de France sorgte der Sprinter für den siebten deutschen Etappensieg - einzigartig in der Geschichte des Radrennens. Italiener Nibali feiert ersten Gesamterfolg.

Paris. Vincenzo Nibali genehmigte sich auf seiner Tour d’Honneur einen Schluck Champagner, Marcel Kittel sprintete auf den Champs Élysées in die Rekordbücher. Nach 3660,5 Kilometern ist bei der 101. Tour de France mit dem ersten italienischen Triumph seit 1998 und einer deutschen Bestmarke am Sonntag der Vorhang gefallen. Beim großen Finale auf dem Pariser Prachtboulevard untermauerte Kittel seinen Ruf als weltbester Sprinter und sorgte für den historischen siebten deutschen Etappensieg. Der Blondschopf aus Arnstadt egalisierte zugleich seine persönliche Bestmarke von vier Tageserfolgen.

Als Kittel nach 137,5 Kilometern den „Sprint Royal“ unter dem Jubel von Hunderttausenden Zuschauern gewann, hatte Nibali seine erste Feier bereits hinter sich. Mit einem Vorsprung von 7:37 Minuten auf den Franzosen Jean-Christophe Peraud hatte der Sizilianer den größten Vorsprung seit Jan Ullrich vor 17 Jahren herausgefahren.

„Dieser Sieg ist etwas ganz Besonderes für mich. Richtig realisieren werde ich das erst in einigen Tagen“, sagte Nibali, der als siebter Italiener die Frankreich-Rundfahrt gewann und erstmals seit Marco Pantani 1998 wieder die italienische Hymne erklingen ließ. Und Nibali gewann die Tour in einer Art und Weise wie selten ein Fahrer in der jüngeren Vergangenheit. Er trumpfte auf jedem Etappenprofil fast nach Belieben auf, bergauf, bergab, sogar auf der berüchtigten Kopfsteinpflasterpiste von Arenberg.

Der 29 Jahre alte Kapitän war der Alleskönner im Peloton, dem aber auch frühzeitig die Konkurrenten durch schwere Stürze ausgegangen waren. Er habe den Sieg nicht gestohlen, sagte Nibali und verwies darauf, dass er noch vor dem Ausfall Contadors einen stattlichen Vorsprung herausgefahren hatte. Bei allen herausragenden Leistungen fuhren beim „Hai von Messina“ auch Zweifel mit. Das hatte mit seinem umstrittenen Arbeitgeber Astana zu tun, bei dem fast die komplette sportliche Leitung angeführt vom früheren Skandalfahrer Alexander Winokurow eine Doping-Vergangenheit besitzt.

Bisher kein Dopingfall

Ansonsten wurde die Tour-Ruhe gewahrt, wie im Vorjahr gab es bisher keinen Dopingfall. Nibali drückte der Tour seinen Stempel auf, es war aber auch eine Tour d’Allemagne. Mit den schnellsten Sprintern, dem besten Zeitfahrer, dem ältesten Teilnehmer Jens Voigt, 43, und einem kleinen Team, das große Taten vollbrachte, präsentierte sich der deutsche Radsport von seiner besten Seite. Neben Kittel, der beim Auftakt in England gleich das Gelbe Trikot erobert hatte, war der dreimalige Zeitfahrweltmeister Tony Martin mit zwei Tagessiegen der erfolgreichste Deutsche. Am Sonnabend hatte er die einzige Tour-Etappe gegen die Uhr souverän gewonnen. Dazu steuerte André Greipel einen Tagessieg bei. Martin sieht die Zeit ohnehin gekommen, dass nach dem Sommermärchen 2.0 der Radsportbann in Deutschland aufgehoben wird. „Wir haben im letzten Jahr schon gezeigt, dass der Radsport wieder gut dasteht. Mit unserer Performance können wir zufrieden sein. Ich hoffe, dass es in Deutschland ankommt.“

Jubeln durften aber auch die Gastgeber, die erstmals seit 30 Jahren wieder zwei Fahrer auf dem Podest hatten. Pinot sicherte sich mit seinem dritten Platz auch das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers. Bester Kletterer und ebenfalls ein Aushängeschild der neuen Generation war der Pole Rafal Majka, der eigentlich nur als Wasserträger von Contador dienen sollte. Das Grüne Trikot des Punktbesten gewann Peter Sagan mit elf Top-Ten-Platzierungen, aber ohne einen Tagessieg.