Bayern München gilt als Schwarze Bestie, als Angstgegner von Real Madrid. In der zuletzt gezeigten Verfassung wären die Münchner am Mittwoch im Halbfinal-Hinspiel der Champions League alles andere als das.

Madrid. Jetzt also gilt es: Seit Wochen beteuert Philipp Lahm, dass Bayern München den Hebel umlegen werde, wenn es drauf ankommt - am Mittwoch wäre dafür ein verdammt guter Zeitpunkt. Im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Real Madrid (20.45 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) müssen die Münchner wieder zur gefürchteten „Schwarzen Bestie“ werden. „Wir haben ja den Spitznamen ’la bestia negra’. Jetzt müssen wir zusehen, dass wir den wieder unter Beweis stellen“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug am Dienstagvormittag in die spanische Hauptstadt.

Dort wollen, dort müssen die Bayern nachweisen, dass sie sich im „richtigen Moment steigern können“, wie ihr Kapitän Lahm lapidar behauptet. Andernfalls wird es gegen die Star-Truppe um den rechtzeitig von seinen Knie- und Oberschenkelbeschwerden genesenen Weltfußballer Cristiano Ronaldo garantiert nichts mit dem nächsten Schritt zur erhofften historischen Triple-Verteidigung.

Die „Super-Bayern“ von Pep Guardiola galten noch vor wenigen Wochen als auf den Titel programmiert. „So wie wir in den letzten Spielen gespielt haben, kann man auch sagen, dass wir kein Favorit mehr sind“, sagte Arjen Robben allerdings jetzt dem kicker. Nur, wenn sich die Mannschaft steigere, sei das Finale drin. „Wir müssen an ein paar Stellschrauben noch drehen“, betonte Kollege Thomas Müller. Und Rummenigge forderte, die Bayern müssten „mit Demut“, aber auch mit einer gewissen Leidenschaft auf den Platz gehen.

Lahm indes macht sich „überhaupt keine Sorgen“, dass der FC Bayern im noch nicht ausverkauften Estadio Santiago Bernabéu wieder zur alten Stärke zurückkehren wird - allem Schlendrian seit jenem 25. März zum Trotz, als die Münchner so früh deutscher Meister wurden wie noch keine Mannschaft zuvor. Die vergangenen Spiele aber sind alles andere als ein Hinweis darauf, dass sich Real vor seiner „bestia negra“, vor seinem Angstgegner aus München diesmal fürchten muss.

Fast wirkt es, als wüsste der FC Bayern derzeit selbst nicht so genau, wo er steht vor den wichtigsten Spielen der Saison. Der zur geglückten Generalprobe hochgejazzte Sieg bei Eintracht Braunschweig (2:0) war alles andere als ein Mutmacher. Die Münchner haben ihre Leichtigkeit verloren, ihre Überlegenheit, die Selbstverständlichkeit - und nun soll dies wie auf Knopfdruck abgerufen werden können? Schwarze Bestie? Furchterregend ist anders!

Es mag die Münchner beruhigen, dass Guardiola als Trainer keines seiner sieben Spiele bei Real verloren hat, dass er sich in jedem der bislang drei K.o.-Duelle durchsetzte. „Ich kenne sie sehr gut, ich weiß, wie schwierig es wird. Madrid hat alles“, sagte Guardiola.

Es mag die Münchner zugleich beunruhigen, dass Carlo Ancelotti, Trainer bei den Königlichen, noch kein Spiel gegen den FC Bayern verloren hat. Das Wichtigste allerdings ist, betonte Rummenigge: „Wir müssen versuchen, in Madrid das ein oder andere Tor zu erzielen.“

Es soll dem Rekordmeister „nicht so gehen“ wie Borussia Dortmund, das im Viertelfinale im Bernabéu 0:3 unterlag - und trotz des 2:0 im Rückspiel wie zuvor Schalke 04 (1:6/1:3) an Madrid scheiterte.

Für Guardiola ist Ancelotti die große Unbekannte bei der Vorbereitung. „Ich kenne die Spieler“, sagte der Katalane, „aber ich muss sehen, was sie machen.“ Aber auch die Spieler, „wow, die Spieler“, haben es Guardiola angetan: „Jeder kann dieses Duell entscheiden.“ Ob die Superstars Ronaldo und Gareth Bale (Erkältung) gemeinsam auflaufen, ist allerdings unklar.

Zuversicht können die Bayern aus der Historie schöpfen. Fünfmal standen sich Real und die Münchner in einem Halbfinale der Champions League gegenüber, zuletzt vor zwei Jahren. Damals gewannen die Münchner im Rückspiel in Madrid im Elfmeterschießen (4:3). Zum gefeierten Helden wurde neben Bastian Schweinsteiger Torhüter Manuel Neuer, der seine Wadenverletzung bis Mittwoch wohl auskuriert hat.

Uneins sind sich die Münchner, ob es gut war, dass Real am vergangenen Mittwoch den spanischen Pokal gegen den FC Barcelona gewann. „Wenn du einen Titel gewinnst, hast du mehr Selbstvertrauen und Glauben an dich“, behauptete Guardiola. Rummenigge sagte: „Mir hat gefallen, dass sie gewonnen haben, dann ist manchmal mehr Zufriedenheit und weniger Aggressivität auf dem Platz.“ Eine Bestie auf dem Platz reicht.

Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen

Madrid: Casillas - Carvajal, Pepe, Ramos, Coentrão (Marcelo) - Xabi Alonso - Modric, Di María - Bale (Isco), Benzema, Ronaldo. - Trainer: Ancelotti

München: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Martínez - Robben, Kroos, Schweinsteiger, Ribéry - Müller (Mandzukic). - Trainer: Guardiola

Schiedsrichter: Howard Webb (England)