Deutsches Daviscup-Team unterliegt Favorit Frankreich im Viertelfinale knapp mit 2:3

Nancy. Auf dem grünen Tennisplatz von Nancy tanzte ein blaues Knäuel vergnügt im Kreis, von den Tribünen schallte die Marseillaise. Etwas abseits und mit traurigen Gesichtern standen die Mitglieder des deutschen Daviscup-Teams; hin und her gerissen zwischen der Enttäuschung über die 2:3-Niederlage und dem Stolz, den turmhohen Favoriten Frankreich an den Rand einer Niederlage gebracht zu haben.

Auch wenn die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes (DTB) den erstmaligen Einzug ins Halbfinale seit 2007 verpasste, polierte die völlig umgekrempelte Mannschaft von Bundestrainer Carsten Arriens das ramponierte Image des deutschen Herren-Tennis wieder auf. Zwei Monate nach dem Eklat von Frankfurt überzeugten Tobias Kamke, Peter Gojowczyk und Co. mit einem erfrischenden und couragierten Auftritt und weckten Hoffnungen auf einen Neuanfang. „Die Spieler, die in Frankfurt dabei waren, haben dort sportlich auch eine sensationelle Leistung gezeigt“, sagte Arriens.

Noch aber war der Druck für das im prestigeträchtigen Wettbewerb völlig unerfahrene deutsche Team wohl zu groß. Am Sonntag verlor zunächst Kamke das Spitzeneinzel gegen den französischen Topspieler Jo-Wilfried Tsonga klar mit 3:6, 2:6, 4:6. Dann musste sich Gojowczyk in seinem erst zweiten Daviscup-Einzel im Hexenkessel Palais Des Sports Jean Weille Publikumsliebling Gael Monfils mit 1:6, 6:7 (0:7), 2:6 geschlagen geben. Am Sonnabend hatten André Begemann und Kamke im Doppel in vier Sätzen knapp verloren. Irgendwie war da schon klar, dass dies wahrscheinlich die beste Chance war, die Sensation zu vollenden.

„Diese Gefühlswelt ist so extrem im Sport. Im ersten Augenblick ist die Enttäuschung natürlich groß, dann kamen nach einem Gespräch in der Kabine auch andere Aspekte hoch“, sagte Arriens. „Als wir hierhin gekommen sind, gab es ja schon Wetten, wie viele Sätze wir überhaupt gewinnen. Dann waren wir plötzlich 2:0 vorne.“

Die Woche in Nancy hatte den Kapitän trotz der Niederlage offensichtlich davon überzeugt, in Zukunft auch ohne seine etatmäßigen Top-Spieler auskommen zu können. Das Quartett, das die deutschen Farben in Nancy vertrat, hatte mit der peinlichen Vorgeschichte nichts zu tun. Mit ihrem couragierten Auftritt trugen Kamke, Gojowczyk, Jan-Lennard Struff und Begemann ungeachtet der zu erwartenden Niederlage dazu bei, dass in Zukunft vielleicht wieder das Tennis im Vordergrund steht, wenn sich das Daviscup-Team trifft.

Philipp Kohlschreiber, Tommy Haas und Florian Mayer hatten beim Erstrundensieg gegen Spanien in Frankfurt für einen Eklat gesorgt, als keiner sich in der Lage fühlte, im sportlich unbedeutenden Abschlusseinzel anzutreten. Kohlschreiber und Arriens gerieten dann sogar beim sogenannten Versöhnungstag vor einer Woche für die geprellten Zuschauer der Davispokal-Partie aneinander und bezichtigten sich gegenseitig der Lüge.

Arriens hat nun „zeitnah“ ein Gespräch mit Kohlschreiber über dessen Zukunft im deutschen Team angekündigt. Er werde sich mit dem Augsburger in der kommenden Woche unterhalten, sagte der 44-Jährige am Sonntag. „Ich will einfach noch einmal hören, was er mir zu sagen hat.“ Kohlschreiber hat unterdessen im ZDF mangelnde Anerkennung durch den DTB beklagt. Er und auch Tommy Haas oder Florian Mayer würden jederzeit gerne für Deutschland spielen und hätten für den Daviscup in der Vergangenheit auch viel investiert. Doch dank seitens des DTB habe es dafür keinen gegeben. „Wir würden gerne den Kredit und die Wertschätzung zurückbekommen“, sagte Kohlschreiber im ZDF.

Sein Comeback scheint auch deshalb nahezu ausgeschlossen. „Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich kein Bild dafür, dass er noch einmal im Daviscup spielt“, sagte Arriens. Es sei aber eine „Stilfrage“, sich noch einmal zusammenzusetzen. Auch der 36 Jahre alte Haas dürfte nicht mehr zum Einsatz kommen. Bei ihm neige sich die Karriere dem Ende zu. „Jetzt ist es Zeit für jüngere Spieler.“ Mayer, der in Nancy ebenfalls verletzt gefehlt hatte, spielt für den Teamchef aber weiter eine Rolle. „Ich glaube, er kann das Team mit seiner Erfahrung sehr gut ergänzen.“

In Frankreich hatte Arriens zunächst auch notgedrungen auf drei Debütanten sowie den erst einmal berufenen Kamke gesetzt. Dieses Quartett dürfte in Zukunft das Gerüst bilden. Der 24 Jahre alte Gojowczyk, dessen Fünfsatzsieg über Tsonga einer der emotionalen Höhepunkte der jüngeren deutschen Tennis-Geschichte war, sprach später von einer „tollen Zeit“ und dem „Spiel seines Lebens“. Bei den 5000 französischen Fans hatten er und Kamke jedenfalls für Eindruck gesorgt. Und für Schrecken.

Frankreich trifft nun im Halbfinale (12. bis 14. September) auf Titelverteidiger Tschechien, die Schweiz tritt in Italien an.