Der Hamburger Trainer hat den rheinischen Traditionsclub reformiert. Nach Startproblemen darf wieder von der Bundesliga geträumt werden.

Köln. Der Humor geht beim Fußball-Traditionsclub 1. FC Köln und seinen leidgeprüften Fans nie verloren. Den konnten auch die fünf Abstiege des ersten Bundesliga-Meisters nicht zerstören. Im ewigen Auf und Ab seit 1998 scheint derzeit wieder die Sonne über dem Zweitligisten, der plötzlich wieder den Relegationsplatz drei und die Rückkehr in die erste Liga vor Augen hat. „Es ist nicht mein Job, witzig zu sein, sondern ich bin hier, um ein guter Trainer zu sein. Aber man muss auch mal über sich lachen können“, sagte Kölns Trainer Holger Stanislawski über sein ungewöhnliches Interview mit dem hauseigenen TV-Sender.

Nach dem 2:0 gegen Union Berlin hatte das Hamburger Original Stanislawski in seiner burschikosen, leicht schnodderigen Art mit bierernster Miene seine eigene Aufstellungspolitik durch den Kakao gezogen. „Alles, was scheiße ist, werden wir einbauen“, sagte er in dem Interview. Die Mannschaft habe er „nie erreicht“. Wenn sie auf ihn gehört habe, „hat sie verloren“, wenn nicht, „gewonnen“.

Die Gründe für den Aufschwung des Teams, das schon Vorletzter war und jetzt nur noch drei Punkte vom Dritten 1. FC Kaiserslautern entfernt ist, liegen natürlich ganz woanders. Stanislawski, geboren in Hamburg, war 18 Jahre als Spieler und Trainer beim FC St. Pauli tätig und hat ein wenig die Tugenden des Kiezclubs auf den FC projiziert. „Es kostet Kraft, das, was man selbst als normal empfindet wie Teamfähigkeit und Identifikation, zu vermitteln“, erklärte der 42-Jährige. „Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir eine Mannschaft haben, die sich mit dieser Aufgabe Umbruch identifiziert und diesen Weg mitgeht.“

Dafür setzt „Stani“, der eigentlich einen Zweijahresplan für die Bundesliga-Rückkehr hat, seine ganze Energie ein. Nicht selten verlässt der Coach, der sein Trainerdiplom in Köln als Jahrgangsbester erwarb, erst gegen 02.00 Uhr morgens Konferenzräume, weil man schließlich dabei sei, „einen ganzen Verein zu drehen“.

In der Tat macht der 1. FC Köln seit 15 Monaten eine Radikalkur durch. Rücktritt von Präsident Wolfgang Overath 2011, die Trennungen von Sportdirektor Volker Finke und Trainer Stale Solbakken 2012. Vor der Saison verließen dann einstige Helden wie Milivoje Novakovic und nicht zuletzt Lukas Podolski den Verein. Insgesamt trennte man sich von fast 20 Spielern, auch, weil Verbindlichkeiten in Höhe von rund 30 Millionen Euro drückten. Podolski habe eine derartige Entwicklung blockiert. „Er konnte nichts dafür“, sagte Stanislawski. Aber seine Prominenz könne ihn auch ein wenig „isoliert“ haben.

Stanislawski setzt auf junge hungrige Spieler wie Timo Horn (19), dem Nachfolger von Michael Rensing im Tor, und erfahrene Recken wie Kevin McKenna (33) oder Kapitän Miso Brecko (28). Das hat sich bewährt. Nach nur zwei Punkten aus den ersten sechs Spielen verlor Köln in den folgenden 17 Begegnungen nur noch einmal, seit elf Spielen ist man ungeschlagen. Am Sonntag beim FSV Frankfurt soll es so weitergehen, aber auch mit der nötigen Entspannung. Stanislawski: „Wir wollen ein bisschen Spaß, wir brauchen aber die Überzeugung, dass wir jeden schlagen können. Wir wollen konstant punkten und dann sehen, was am 34. Spieltag für uns herausspringt.“