Der Harvestehuder THC bejubelt bei der DM-Endrunde den 6:5-Finalsieg über Mülheim. Die Damen des Clubs an der Alster unterliegen Berlin.

Berlin. Der Mann, der einen ganzen Verein in Ekstase versetzte, hatte für seinen goldenen Schuss eine einleuchtende Erklärung. "Ich war auf einmal völlig frei und dachte mir: Das musst du nutzen", beschrieb Michael Körper die Szene acht Sekunden vor Ende des Finales um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft. Der österreichische Torjäger in Diensten des Harvestehuder THC hatte sich in den Mülheimer Schusskreis durchgetankt, sein Flachschuss war für Torhüter Felix Reuß nicht zu halten; und weil die Partie nach dem Treffer nicht mehr freigegeben wurde, gab es auch im Lager der Schwarz-Gelben kein Halten mehr.

Die rund 400 mitgereisten Fans überrannten mehrere Werbebanden, wenige Sekunden später waren die Spieler und Trainer Christoph Bechmann in einer Jubeltraube verschwunden. Wer in die entrückten Gesichter blickte, wer die Tränen der Freude sah, der konnte ermessen, was der 6:5-Finalsieg bedeutete für den Verein. 1996 hatte er zum letzten Mal in der Halle triumphiert, war nach jahrelanger Durststrecke zwischenzeitlich nur die dritte Kraft im Hamburger Herrenhockey gewesen. "Dieser Titelgewinn ist ein schöner Anfang, aber er soll noch längst nicht das Ende für diese Mannschaft gewesen sein", sagte Abwehrchef Tobias Hauke.

Was dem Team von Christoph Bechmann letztlich den Titel brachte, war in der Endrunde an beiden Tagen zu beobachten. Zum einen zeichnet den HTHC der Saison 2012/13 eine Ausgeglichenheit und Tiefe im Kader aus, die dazu führt, dass der Trainer durchwechseln kann, ohne einen Substanzverlust zu erleiden. Das zahlte sich im Halbfinale gegen Endrundengastgeber Berliner HC aus, als es nach regulärer Spielzeit 3:3 und nach Verlängerung dann 7:3 für die Hamburger stand. Gegen Mülheim war dann der absolute Siegeswille und der Glaube an die eigene Stärke augenscheinlich, als die Mannschaft durch Tore von Benjamin Stanzl (2), Tobias Lietz, Johan Björkman und Körper fünfmal einen Rückstand aufholte - und das einzige Mal in Führung ging, als der Gegner nicht mehr zurückschlagen konnte. Dass Bundestrainer Markus Weise von einem "körperbetonten Endspiel" sprach, hatte angesichts des Siegtorschützen eine hübsche ironische Note.

"Ich habe 15 Minuten vor dem Ende zu meinem Co-Trainer Stephan Platz gesagt, dass es reicht, wenn wir einmal führen, und zwar zum Schluss", sagte Bechmann. Der Trainer hat es geschafft, mit einer Mischung aus harter Arbeit, extremem Erfolgsdenken und dem nötigen Maß an Entspannung einen Kader zu formen, der eine Einheit ist. "Bei uns ziehen alle super mit, niemand ist beleidigt, wenn er mal nicht spielt. Das ist unser Erfolgsrezept", sagte Tobias Hauke.

2010 hatte der Harvestehuder THC als Feldzweitligist an der Hallenendrunde teilgenommen, damals wie diesmal wurde in der Max-Schmeling-Halle gespielt, in die an diesem Wochenende mehr als 7000 Zuschauer kamen. Als Vizemeister hatten sich die Schwarz-Gelben damals den Titel "Meister der Herzen" gesichert. Wer sie 2013 spielen sah, der musste beeindruckt sein von der Weiterentwicklung, die das Team genommen hat. "Wir haben gelernt, in den wichtigen Spielen ruhig zu bleiben und an uns zu glauben", sagte Hauke. Der Sieg gegen Mülheim war trotz des späten Siegtreffers auch nicht als glücklich zu bezeichnen, weil die Hamburger über weite Strecken das bessere Team waren. Die Favoritenrolle, das ist die wichtigste Erkenntnis dieser Hallensaison, ist nicht mehr zu groß für den HTHC, der mit Tobias Walter den besten Torhüter und mit Stanzl den besten Spieler der Endrunde stellte.

An die Rückrunde im Feld, die im März beginnt und in die der HTHC als Tabellenführer startet, wollte Tobias Hauke am Sonntag nur kurz denken. "Wir haben immer gesagt, dass das Feld wichtiger ist. Aber heute wird nur gefeiert, alles andere ist jetzt egal", sagte er, bevor das Team per Zug nach Hamburg zurückreiste, wo im Clubhaus bis in die Nacht gefeiert werden sollte.

Konträr war die Stimmungslage beim zweiten Hamburger Endrundenvertreter. Die Damen des Clubs an der Alster scheiterten wie im Vorjahr im Endspiel. Gegen den Berliner HC unterlag die Mannschaft von Trainer Jens George trotz zweimaliger Führung und Toren von Lisa Parada, Martina Heinlein und Tina Schütze mit 3:5. Im Halbfinale am Sonnabend war der TSV Mannheim 2:1 bezwungen worden. "Angesichts unseres kleinen Kaders haben wir mit dem Vizemeistertitel das Optimum herausgeholt", lautete Georges Fazit.