Bei Werder Bremen ist vor dem Nordderby beim HSV die Zeit der Harmonie vorbei. Freude herrscht nur über die vorzeitige Ankunft Eichins.

Bremen. Immerhin. Um 11.45 Uhr war das wochenlange Hickhack um den Arbeitsbeginn von Thomas Eichin beendet. Der neue Sportdirektor von Werder Bremen wird am 15. Februar seinen Dienst an der Weser antreten. Das vermeldete der Klub stolz auf seiner Internetseite.

Werder klammert sich nach dem völlig verpatzten Rückrundenstart derzeit eben an jede gute Nachricht. Doch auch der vorzeitige Wechsel des Managers kann die Stimmung in Bremen nicht entscheidend verbessern. Erst die Klatsche gegen Borussia Dortmund. Dann die mehrstündige Krisensitzung mit schmerzhafter Videoanalyse. Gefolgt von einem Eklat im Training.

Werder droht ausgerechnet im Nordderby am Sonntag (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) beim ewigen Rivalen HSV der Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit. Die Zeit der Harmonie ist vorbei. „Wir brauchen mal ein bisschen Gift“, sagte Kapitän Clemens Fritz, nachdem Eljero Elia im Training heftig von Verteidiger Assani Lukimya umgegrätscht worden war. Regisseur Kevin de Bruyne regte sich über die Aktion dermaßen auf, dass ihn Trainer Thomas Schaaf erst in einem intensiven Vier-Augen-Gespräch beruhigen konnte. „Es war temperamentvoll, es war Feuer drin. Das ist auch wichtig im Hinblick auf die Partie am Sonntag“, sagte Angreifer Nils Petersen, „Friede, Freude, Eierkuchen ist nicht immer angebracht.“

Die Anspannung ist in Bremen nach der herben 0:5-Pleite gegen den BVB spürbar. Schaaf strich seiner Mannschaft den freien Montag und setzte seine Spieler stattdessen für mehrere Stunden vor den Fernseher. Das tat doppelt weh, weil die Fehler schonungslos angesprochen wurden. Und bei so vielen Patzern dauert das eben. „Wir müssen die richtigen Schlüsse ziehen, da haben wir einiges zu tun“, sagte Schaaf, der sich aber dagegen wehrte, die Erkenntnisse aus der guten Vorbereitung über den Haufen zu werfen. „In dem Team steckt Fantasie, aber auch die Gefahr, dass jeder einzelne Spieler noch Schwankungen unterliegt. Und wir sind eben in einer Situation, in der die jungen Spieler noch einen Moment brauchen“, sagte der 51-Jährige vor dem 98. Nordderby in der Fußball-Bundesliga, „wir werden aber weiter mit ihnen arbeiten.“

Doch beim HSV droht den einst so erfolgsverwöhnten Bremern der Absturz ins Mittelmaß. Zu desolat und konzeptlos präsentierten sich die Grün-Weißen gegen Dortmund. Bei einer weiteren Niederlage würden die angestrebten Europa-League-Plätze in weite Ferne rücken. Nur ein Blick in die Statistiken macht den Bremern Mut: Die letzten drei Derbys gingen an Werder. Insgesamt ist die Bilanz ebenfalls positiv. 34 Partien gewann Werder, der HSV 30. „Wir wollen die Schmach gegen Dortmund vergessen machen“, sagte Petersen. Trotzdem denkt Trainer Schaaf laut über weitere Verstärkungen im Winter nach. „Wir schauen immer, ob man den Kader noch sinnvoll verbessern kann. Aber generell gilt, dass der Transfermarkt im Winter normalerweise nicht allzu viel hergibt“, sagte er.

Bei der Suche kann er noch nicht auf die Unterstützung von Eichin bauen. Der Nachfolger von Klaus Allofs wird erst in drei Wochen in Bremen erwartet, das Transferfenster schließt Ende Januar. Doch auf Eichin wartet auch so genug Arbeit. Werder will seine Leistungsträger wie de Bruyne, Aaron Hunt und Marko Arnautovic unbedingt halten. Die beiden Angreifer zögern jedoch wegen der ungeklärten sportlichen Perspektive mit einer Verlängerung ihrer 2014 auslaufenden Verträge. Bei dem Belgier de Bruyne, nur bis Saisonende vom FC Chelsea ausgeliehen, wird eine weitere Zusammenarbeit ebenfalls schwierig zu realisieren sein: Ex-Werder-Manager Allofs will den Regisseur nach Wolfsburg holen. Die Nachrichten in Bremen waren schon einmal besser.