Die deutsche Handball-Nationalmannschaft will sich am Sonnabend gegen Schweden für die WM im Januar in Spanien einwerfen.

Hamburg . Am späten Freitagnachmittag flogen sie gemeinsam nach Hamburg, am heutigen Sonnabend treten sie erneut gegeneinander an. Eine Woche vor Beginn der Handball-Weltmeisterschaft in Spanien (11.-27. Januar) testet die deutsche Nationalmannschaft in der O2 World gegen den Olympiazweiten Schweden. Anwurf ist um 15.45 Uhr, das NDR Fernsehen überträgt live. Das erste Duell hatten die Deutschen am Donnerstagabend im südschwedischen Växjö 26:20 (10:10) gewonnen. Für das Rückspiel in der Arena am Volkspark waren 8600 Karten verkauft. Die Tageskassen öffnen am Sonnabend um 13 Uhr.

Die WM in Spanien ist seit Gründung des HSV Hamburg im Herbst 2002 erst das zweite Turnier, für das kein HSV-Profi für die deutsche Auswahl nominiert wurde. Nach dem Rücktritt von Kapitän Pascal Hens nach der Europameisterschaft vor einem Jahr in Serbien, Deutschland wurde Siebter und verpasste auch die letzte Olympia-Qualifikation, verzichtete Bundestrainer Martin Heuberger, 48, fortan darauf, sich beim schwächelnden Meister von 2011 zu bedienen. Michael Kraus stand als einziger Hamburger im vorläufigen deutschen 28er-Aufgebot, den Sprung nach Spanien schaffte der hochbegabte HSV-Spielmacher nicht. Ein schlampiges Genie wie Kraus passt einem akribischen Arbeiter wie Heuberger nicht ins Konzept. Der Nationalcoach setzt auf Verlässlichkeit und achtet auf Disziplin. Beide Kriterien erfüllt Kraus aus seiner Sicht offenbar nicht.

Dennoch müssen die Hamburger Zuschauer nicht auf ihnen bekannte Gesichter verzichten. Zu den Stammkräften der Schweden zählen mit Linksaußen Fredrik Petersen und Kreisläufer Andreas Nilsson weiter zwei HSV-Profis. Sie gehören zu jenen nur noch vier Spielern der Skandinavier, die vor einem halben Jahr in London das olympische Finale gegen Frankreich verloren und die Silbermedaille gewannen. Weil sich Schweden im vergangenen Jahr nicht für die WM in Spanien qualifizieren konnte, nutzt Nationaltrainer Ola Lindgren die Testserie seiner Mannschaft zum Experimentieren.

Auch Heuberger hat seine Mannschaft umgekrempelt - nach den Absagen und Ausfällen der Leistungsträger Holger Glandorf, Lars Kaufmann (beide Flensburg-Handewitt) und Uwe Geinsheimer (Rhein-Neckar Löwen) nicht ganz freiwillig. So werden in Spanien sechs von 16 Spielern ohne EM- oder WM-Erfahrung auflaufen. Kevin Schmidt aus Wetzlar, Ersatz für Linksaußen Gensheimer, feierte sogar erst am Donnerstag in Schweden sein Debüt im A-Team. Der 24-Jährige verwandelte dabei drei Siebenmeter. Das Grundgerüst des Kaders bilden die vier Weltmeister von 2007, Oliver Roggisch, Dominik Klein, Michael Haaß und Torhüter Carsten Lichtlein.

Ungewollt zügig hat Heuberger nun die unter seiner Ägide einst erfolgreichen Junioren, sie wurden 2009 und 2011 Weltmeister, in die Nationalmannschaft gehievt und seinen angekündigten Umbruch fortgesetzt. "Aufgrund des Verzichts auf Stammkräfte wie Glandorf und Lars Kaufmann hat dieser Prozess jedoch mehr Dynamik bekommen. Ich freue mich auf die sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Wir stellen einen Kader mit Perspektive", sagt der Bundestrainer. "Ich weiß um die Stärken dieser jungen Garde."

Nach Meinung seines Vorgängers Heiner Brand ist die deutsche Mannschaft bei der WM aber nur Außenseiter. "Sie zählt in Spanien sicher nicht zu den Favoriten", urteilt der DHB-Sportmanager. Optimistisch stimme ihn wiederum, dass das Team unbelastet auftreten könne. So erteilte der Bundestrainer seinen Akteuren denn auch eine klare Vorgabe: "Minimalziel muss das Achtelfinale sein für uns. Das heißt, wir müssen mindestens Platz vier in der Vorrunde belegen." Dort sind in Granollers und Barcelona Brasilien (12.1.), Tunesien (13.1.), Argentinien (15.1.), Schweden-Bezwinger Montenegro (16.1.) sowie Titelverteidiger und Olympiasieger Frankreich (18.1.) die Gegner.

Heuberger hatte seine Auswahl bereits beim ersten WM-Lehrgang unmittelbar vor der Jahreswende in Steinbach auf das WM-Ziel eingeschworen. Dort absolvierte auch Sven-Sören Christophersen wieder Trainingseinheiten mit der Mannschaft. Der Rückraumspieler der Füchse Berlin hatte zuletzt wegen eines Außenbandanrisses im Knie keine Bundesligaspiele bestritten. In Schweden kam er für 20 Minuten zum Einsatz und warf zwei Tore.

"In Växjö hatten viele Spieler gute Momente. Wenn wir dieses Niveau in Hamburg noch einmal so oder ähnlich hinbekommen, können wir mit einem positiven Gefühl nach Spanien fliegen", sagt Christophersen. "Die Deckung mit einem guten Torhüter war sehr stabil. Wir müssen zusehen, dass wir diesen Standard halten und neue Aspekte ins Auge fassen. Potenzial ist allemal da."

Den letzten Test vor der WM bestreiten die deutschen Handballer am Mittwoch (20.15 Uhr, Sport1 live) in Stuttgart gegen Rumänien.