Vor der Innenministerkonferenz führen Teile der Fans die Debatte durch den Einsatz von Pyrotechnik ad absurdum. Politiker warnen.

Frankfurt/Main. Pünktlich zur Innenministerkonferenz am Mittwoch hat die ohnehin emotionale Diskussion über Sicherheit im deutschen Profi-Fußball buchstäblich neues Feuer bekommen. Sowohl in der Bundesliga-Partie zwischen Fortuna Düsseldorf und Eintracht Frankfurt als auch im Spitzenspiel der 2. Liga von Energie Cottbus gegen Hertha BSC am Montagabend brannten erneut Bengalos und Feuerwerkskörper - ein Bärendienst, der die Deutsche Fußball Liga (DFL) wertvolle Argumente kostet.

Bereits vor der Tagung im luxuriösen Hotel Neptun in Warnemünde hatten mehrere Innenminister den Druck auf die DFL und das Sicherheitskonzept, das bei der Mitgliederversammlung am 12. Dezember verabschiedet werden soll, deutlich erhöht. „In Stadien, in denen Gefahren lauern, darf man nicht so lange warten, bis eine Reihe von Menschen totgetrampelt wird“, sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier der Bild-Zeitung mit Blick auf ein mögliches Stehplatzverbot. „Grundsätzlich bin ich für Stehplätze. Und zwar dort, wo es keine Probleme gibt“, sagte der CDU-Politiker: „Wenn das Leben von Menschen gefährdet ist, dann ist die Diskussion um den Erhalt von Stehplätzen zu Ende.“ Für die DFL steht die Abschaffung der Stehplätze bislang nicht zur Diskussion, die Liga bekräftigt gar immer wieder, sich für die Fans einsetzen zu wollen.

Bouffier regte zudem die Einführung eines „Sicherheits-Euros“ an. „Das heißt: Jeder Fan bezahlt freiwillig einen Euro mehr, als die Karte normalerweise kostet. Dieser Euro geht dann in die Gewalt-Prävention oder wird benutzt als Unterstützung von Maßnahmen der Polizei“, sagte der 60-Jährige, er bekam aber sofort heftigen Gegenwind seitens der Bundesliga-Vereine. Ich halte von diesem Vorschlag überhaupt nichts„, sagte Martin Bader, Manager des 1. FC Nürnberg: “Populismus und Hysterie haben noch nie geholfen. Man sollte dieses Thema bei den Leuten belassen, wo es hingehört: bei der DFL und den Vereinen.„

Auch bei den Fans kommt der Vorschlag nicht gut an. “Das ist absoluter Unsinn, nur eine populistische Nummer, um vor der Liga-Versammlung noch mal Druck auf die Vereine auszuüben„, sagte Ben Praße von “Unsere Kurve„ dem SID und ergänzte: “Jeder Besucher ist auch Steuerzahler, es ist also nicht nachvollziehbar, warum er einen Extra-Euro zahlen sollte.„ Der Politik scheint das Vertrauen in die Verbände zu fehlen. “Wenn in die Diskussion mit DFB und DFL jetzt keine Bewegung kommt, werden wir uns über andere Maßnahmen unterhalten müssen„, sagte Lorenz Caffier, der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der Passauer Neuen Presse: “Das könnten die Finanzierung von Polizeieinsätzen in Stadien sein, einzelne Stehplatzverbote oder schärfere Einlasskontrollen in Zusammenhang mit Stadionverbotsdateien.„

Caffier hatte bereits zu Beginn der Diskussion von möglichen Geisterspielen gesprochen, sollte keine zufriedenstellende Lösung gefunden werden. Niedersachsen Innenminister Uwe Schünemann kündigte an, die Vereine für ein erhöhtes Polizeiaufgebot zur Kasse zu bitten. “Sollten sich die Vereine in der kommenden Woche nicht auf ein gemeinsames Sicherheitskonzept einigen, werden wir künftig den Polizeieinsatz erhöhen und die Vereine daran finanziell beteiligen„, sagte er nach einem gemeinsamen Treffen mit DFL und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB).

Die Fanszene hatte sich an den vergangenen beiden Spieltagen mit einem bemerkenswerten Stimmungsboykott gegen das umstrittene Sicherheitskonzept zur Wehr gesetzt und gegen die in ihren Augen befürchtete Abschaffung der Fankultur demonstriert - ausgerechnet nach Ablauf der “stummen„ 12 Minuten und 12 Sekunden brannten in Düsseldorf und Cottbus Bengalos. “Es gibt Punkte, da darf es gar keine Diskussionen geben, weil die nicht anders zu lösen sind, gerade bei Pyrotechnik und Bengalos, weil es so gefährlich ist„, sagte Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler im ZDF-Sportstudio: “Der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga tun gut daran, da eine harte Linie zu fahren.„