Der 49-jährige Karl-Georg Altenburg spricht im Interview über die Probleme des Hamburger Turniers und die Fehler seines ersten Amtsjahres.

Hamburg. Dass Karl-Georg Altenburg viel zu tun hat, das glaubt jeder, der seinen Lebenslauf liest. Der 49-Jährige ist Chef der deutschen Dependance der US-Investmentbank JPMorgan, er hat fünf Kinder - und als Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB) ein Ehrenamt, das ihm im abgelaufenen ersten von drei Amtsjahren eine Menge Ärger einbrachte. Um darüber zu reden, nahm er sich zwischen der Präsentation des neuen Daviscup-Teamchefs Carsten Arriens und einem wichtigen dienstlichen Telefonat am Hamburger Rothenbaum Zeit fürs Abendblatt.

Hamburger Abendblatt: Herr Altenburg, nach einem Jahr Amtszeit als Präsident und mit der Expertise eines Investmentbankers: Muss der DTB unter den Rettungsschirm?

Karl-Georg Altenburg: Das denke ich nicht. Der DTB geht Schritt für Schritt in die richtige Richtung auf dem Weg, den mein Team und ich beim Amtsantritt beschrieben haben. Wir wollen das deutsche Tennis nachhaltig beleben, mehr Menschen, auch jene mit Migrationshintergrund, für unseren Sport begeistern und die bestmögliche Arbeit in der Leistungs- und Nachwuchsförderung machen. Das ist die Vision, die ist langfristig angelegt.

In Ihrem ersten Jahr ist allerdings einiges schiefgelaufen. Sie haben einen neuen Daviscup-Teamchef finden müssen, das Team ist zerstritten, Sie haben sich von Geschäftsführer Stephan Brune, den Sie mitgebracht hatten, getrennt, Ihren Medienchef entlassen, und die Mitgliederzahlen sind auch gesunken. Können Sie verstehen, dass es einige Menschen gibt, die Ihren Optimismus bezüglich Ihrer Arbeit nicht teilen?

Altenburg: Das kann ich verstehen, und ich gebe zu, dass nicht alles so gelaufen ist, wie wir es uns gewünscht hatten. Aber ein solcher Neubeginn ist ein harter Weg, der auch Rückschläge bringt und Veränderungen nötig macht. Dafür muss man erst einmal die richtigen Leute finden, und es ist ja auch kein Geheimnis, dass unsere finanziellen Mittel nicht besonders üppig sind. Jetzt haben wir die Änderungen vorgenommen, von denen wir glauben, dass sie richtig sind.

Hätten Sie den Streit im Daviscup-Team zwischen dem Spieler Philipp Kohlschreiber und dem Ex-Teamchef Patrik Kühnen früher schlichten müssen?

Altenburg: Vielleicht hätten wir den Neuanfang früher machen müssen. Aber wir waren bemüht, es in der alten Konstellation hinzubekommen, weil wir darauf vertraut haben, dass das Problem teamintern gelöst werden kann. Nachdem klar war, dass das nicht geht, mussten wir handeln. Nun glauben wir, dass Carsten Arriens der richtige Mann ist, um den Neuanfang zu schaffen.

Ist es das richtige Zeichen, dass mit Kohlschreiber einer der Verursacher des Konflikts ganz normal weitermachen darf, während Kühnen, dem Sie erst volle Rückendeckung zusagten, gehen musste?

Altenburg: Wir wollen jetzt nur noch nach vorne schauen und für die Zukunft das bestmögliche Team für Deutschland aufstellen. Ich habe mich intensiv mit Philipp Kohlschreiber unterhalten, und jeder hat die Chance für einen Neuanfang verdient. Ob er für das Spiel im Februar in Argentinien nominiert wird, entscheidet allein Carsten Arriens.

War die Personalie Stephan Brune, den Sie zum Geschäftsführer bestellt hatten und der von vielen Geschäftspartnern als überheblich und unqualifiziert wahrgenommen wurde, ein Missverständnis?

Altenburg: Ich finde, dass ein Jahr eine zu kurze Zeitspanne ist, um solch eine Bilanz zu ziehen. Fakt ist, dass ihm die Arbeit oft schwer gemacht wurde. Sicherlich hat er auch Fehler gemacht und diese eingesehen, deshalb haben wir uns im Einvernehmen getrennt, weil er dem Neuanfang nicht im Weg stehen wollte. Wir suchen nun einen Nachfolger, der konstruktiv mit allen Partnern zusammenarbeiten kann.

Ein Dauerthema bleibt der Rothenbaum. Turnierdirektor Michael Stich sagte, er erkenne beim DTB kein Konzept. Der Veranstalter HSE weiß weiterhin nicht, wie Ihre Vorstellungen für das wichtigste deutsche Herrenturnier aussehen.

Altenburg: Der Rothenbaum ist uns sehr wichtig. Wir wollen alles tun, um dieses traditionsbehaftete Turnier zu stärken und zu verbessern. Dass der Termin, im Juli in den Ferien nach Wimbledon auf Sand, nicht ideal ist, wissen wir alle. Derzeit prüfen wir alle Optionen, um eine für alle tragbare Lösung zu finden. Wir sind mit allen Partnern in intensiven Gesprächen, mit der HSE wie mit der ATP und dem Club an der Alster.

Der Club an der Alster, der das Erbbaurecht an der Anlage besitzt, würde den Centre-Court gern abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Wie stehen Sie dazu? Ansonsten müsste der DTB 2013 das mobile Stadiondach renovieren.

Altenburg: Bitte verstehen Sie, dass ich zu laufenden Verhandlungen keine Stellung nehme. Ich versichere, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten. Wir gehen ergebnisneutral in die Gespräche und wollen mit einer tragfähigen Lösung für den DTB herauskommen.

Sie haben vor einer Woche auf der DTB-Mitgliederversammlung gesagt, Sie wollen sich an Ergebnissen messen lassen. Die Frage ist: wann? Bislang können Sie keine nennenswerten vorweisen.

Altenburg: Wir sind bis 2014 gewählt und werden uns dann messen lassen. Wir machen gute Fortschritte in den wichtigen Sachthemen. Das Interesse für Tennis, das zeigen uns die gewachsenen Zuschauerzahlen und die Medienpräsenz, ist groß, und bei aller - teils berechtigten - Kritik spüre ich, dass der Rückhalt für unseren Weg groß ist.

Was haben Sie rückblickend an Ihrem Amt am meisten unterschätzt?

Altenburg: Dass die Erwartungshaltung so hoch ist und so schnell konkrete Ergebnisse erwartet wurden; und dass die unterschiedlichen Standpunkte nicht intern diskutiert, sondern in die Medien getragen werden. Auch daran muss ich mich noch gewöhnen. Ich werde aber weiter erst über Fortschritte oder Ergebnisse reden, wenn sie verkündbar sind.