Schnelligkeit und Erfahrung fehlen dem Polen. Dennoch gibt er sich vor dem WM-Kampf am Sonnabend in der O2-World siegessicher.

Hamburg. Als Mariusz Wach gestern rücklings auf dem Ringboden lag und ein Betreuer sich über ihn beugte, da mag so mancher Besucher des Pressetrainings in der Mercedes-Benz-Niederlassung am Friedrich-Ebert-Damm erste Zweifel verspürt haben. Machte sich der polnische Schwergewichtler vielleicht schon mit der Perspektive vertraut, in der ihn am Sonnabend (22.10 Uhr/RTL) in der O2 World bei seinem Kampf gegen Dreifachweltmeister Wladimir Klitschko die meisten Fans erwarten?

Viel ist berichtet worden in den vergangenen Tagen, dass dem 37 Jahre alten Ukrainer die größte Herausforderung seiner Karriere bevorstehe. Bezogen wurde das allerdings weniger auf Wachs sportliche Klasse als auf seine Körperlänge. Der 32-Jährige, der unter dem Kampfnamen "Wikinger" antritt, ist 202 cm groß und misst damit vier Zentimeter mehr als der Champion. Die Frage, ob ihm das allerdings etwas nützt, dürfte sich am Sonnabend von selbst beantworten.

Wer den in Krakau geborenen Hünen gestern im Training beobachtete, als er auf Klitschkos Gesicht einprügelte, das sein Trainer als Fotokopie auf seine Pratzen geklebt hatte, der sah einen technisch ordentlich ausgebildeten Sportler, dem allerdings die Schnelligkeit fehlt, um Klitschko im Normalfall ernsthaft gefährden zu können. Zwar hat Wach, der in New Jersey trainiert und dafür Frau und Sohn wegen fehlender Aufenthaltsgenehmigung in Polen zurücklassen musste, an seiner Schlagkraft gearbeitet. Seine letzten sieben Kämpfe hat er vorzeitig und mit teilweise spektakulären Knock-outs beendet. Dennoch ist seine K.-o.-Quote mit 55,56 Prozent - 15 von 27 Siegen schaffte er vorzeitig - schwach für einen, der in der Weltspitze mithalten will. Wachs Problem ist zudem die mangelnde Erfahrung: Einen Gegner, der auch nur annähernd die Qualität Klitschkos aufweist, hat er noch nie gehabt.

In seiner Anfangszeit war der Mann mit dem ausladendsten Kinn der Schwergewichtsszene einige Male als Sparringspartner im Hamburger Universum-Stall zu Gast. Wer ihn erlebte, erinnert sich an einen stets freundlichen und höflichen Menschen mit Kämpferherz, der als Trainingspartner seine Arbeit zufriedenstellend erledigte, der aber ansonsten nicht weiter auffiel. Natürlich wird Mariusz Wach, das hat er mehrfach versichert, alles geben, um die Chance seines Lebens zu nutzen. Aber es wäre ein Wunder, wenn sich am Sonnabend der Betreuer auch nur über ihn beugen würde, um ihm beim Stretching zu helfen.