Große Personalsorgen sollen keine Ausrede für Irland sein. Der Kulttrainer erinnert vor der Partie an das Champions-League-Finale.

Dublin. Es ist ja nicht so, dass Giovanni Trapattoni grundsätzlich etwas einzuwenden hätte gegen ein Wiedersehen mit dem deutschen Fußball. Doch nicht zu diesem Zeitpunkt, nicht jetzt. Dreieinhalb Monate nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft geht Irlands Nationaltrainer mit großen Personalsorgen in das WM-Qualifikationsspiel am Freitag in Dublin gegen die deutsche Nationalmannschaft. Gleich fünf gestandene Profis aus der englischen Premier League, die zum Stamm von Trapattonis Auswahl zählen, müssen wegen Verletzung passen.

Aber der 73-Jährige beschwert sich über solche Dinge nicht. Angeschlagene Spieler ersetzt er durch gesunde. „Ich gehe keine Risiken ein. Ich brauche die drei Auswechslungen, um im Spiel etwas ändern zu können“, sagte er. Schließlich sei Deutschland „eines der stärksten Teams in Europa, vielleicht in der Welt. Sie sind Tabellenerster, wir kennen ihr Potenzial.“ Trapattoni und sein Assistent Marco Tardelli wissen viel über den deutschen Fußball. Die frischeren Erinnerungen hat der Chefcoach selber, aus seinen drei Jahren bei Bayern München (1994-1995, 1996-1998) und der Stippvisite beim VfB Stuttgart (2005/06). Tardellis spezieller Tag gegen Deutschland liegt 30 Jahre zurück, im WM-Finale 1982 erzielte er das vorentscheidende 2:0 beim 3:1 in Madrid.

Richard Dunne, James McClean, Sean St. Ledger, Glenn Whelan und Kevin Doyle fallen angeschlagen oder verletzungsbedingt aus. Trotz voriger Entwarnung wird zudem Stürmerstar Robbie Keane definitiv fehlen. Am Dienstag war bei Irlands Rekordtorschützen im Training eine Achillessehnenverletzung wieder aufgebrochen. „Ich hatte schon länger Probleme mit meiner Achillessehne, ich habe im Training einen Tritt dagegen bekommen und es ist angeschwollen“, sagte der Profi von LA Galaxy. „Keane wird bei der Mannschaft bleiben, um sich weiter behandeln zu lassen, und dann hoffentlich am Dienstagabend gegen die Färöer zur Verfügung stehen“, teilte der irische Fußballverband FAI mit.

Irlands Kapitän Keane und Doyle hatten beim 2:1-Stotterstart in Kasachstan eine weitere Blamage nach der EM verhindert. 89 Minuten lang sah in Astana so aus, dass man die drei Pleiten bei der Europameisterschaft mit 1:9 Toren noch nicht so ganz verdaut habe. Erst in den inklusive Nachspielzeit letzten drei Minuten drehten der 121-malige Nationalspieler Keane und der eingewechselte Doyle die Partie noch zu irischen Gunsten.

„Wir suchen nicht nach Entschuldigungen, Kasachstan war nicht einfach“, sagte Trapattoni. Damit war das Thema beendet. Der einstige Profi stellt die Leidenschaft seiner irischen Fußballer heraus, die nie aufgeben. Keane steht dafür wie fast kein Zweiter. Der Stürmer erzielte bei der WM 2002 in Japan und Südkorea im Gruppenspiel gegen Deutschland in der 90. Minute das Tor zum 1:1-Endstand. Damals hatte Damien Duff auf der rechten Angriffsseite für Wirbel gesorgt, aber nach der zurückliegenden EM hat er ebenso seine Karriere beendet wie Torhüter Shay Given.

Aus dem Willen und der Begeisterung seiner verbliebenen Spieler schöpft Trapattoni Hoffnung. „Ich bin Optimist“, sagte er. Zwei, drei Spieler wären in ihrer Persönlichkeit gewachsen, sie brächten auch „frische Energie. Ich kenne die deutschen Spieler, ihre Qualität und Einstellung. Wir haben ein bisschen die gleiche Disziplin“, erklärte der Italiener. Und mit einem Rückblick auf den 19. Mai dieses Jahres fügte er an: „Ich möchte an das Champions-League-Finale erinnern: Bayern war zu 100 Prozent Favorit. 17 Chancen hatten die Bayern, drei Chelsea. Und Chelsea hat gewonnen. Das ist Fußball.“ Die Botschaft an die irischen Fans lautet: Auch unser Team kann gegen Deutschland gewinnen.