Vor dem Irland-Spiel hat sich Özil zu den Aussagen Schweinsteigers geäußert. Der Münchner hatte das Jubeln der Ersatzspieler kritisiert.

Frankfurt/Main. Der deuschen Fußball-Nationalmannschaft droht eine neue Debatte: Spielmacher Mesut Özil hat der Kritik seines Kollegen Bastian Schweinsteiger am Teamgeist in der DFB-Auswahl widersprochen. Schweinsteiger hatte behauptet, bei der EM hätten die Auswechselspieler bei Toren nicht so mitgejubelt wie bei Bayern München.

„Ich war ja mittendrin, habe eigentlich gespürt, dass wir eine Einheit waren. Da war jeder für den anderen da, jeder kämpfte für die Mannschaft. Bei der EM hat jeder Spieler Vollgas gegeben, auch wenn er eingewechselt wurde“, sagte Özil (23) im Interview mit der „Bild”-Zeitung: „Deshalb kann ich die Kritik auch nicht so verstehen.“ Schweinsteiger hatte auch nach einem Gespräch mit Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff an seiner Meinung festgehalten.

Özil, Mittelfeldspieler von Real Madrid, erteilte zudem der Forderung von Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß, der Druck auf die Nationalspieler müsse erhöht werden, eine Absage. „Den haben wir genug! Wenn du deutscher Nationalspieler bist, wird von dir erwartet, dass du jedes Spiel gewinnst, am besten noch hoch. Das ist Druck“, sagte Özil vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Irland in Dublin am Freitag (20.45 Uhr MESZ/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de).

Auch Kapitän Philipp Lahm nimmt Bundestrainer Löw in Schutz. Löw spreche „die Dinge ganz klar an. In der Halbzeit, vor dem Spiel und auch danach“, sagte Lahm in einem Interview mit „Sportbild“. „Ob das hart ist oder nicht, will ich weder beurteilen noch entscheiden. Wichtiger finde ich, dass Jogi Löw eindeutig eine klare Linie hat“, erklärte der Münchner zu den Vorwürfen von Hoeneß, dem Präsidenten des FC Bayern, in Richtung Löw. Der Bundestrainer sei nicht hart genug, hatte Hoeneß behauptet.

Lahm wird am Freitag in Dublin gegen Irland wegen zwei Gelber Karten in den letzten Spielen fehlen. „Ich war noch nie gesperrt, auch nicht im Klub“, sagte Lahm. „Es wird komisch sein, das Spiel von draußen mit ansehen zu müssen.“

Die „weiße Weste“ der DFB-Auswahl in der WM-Qualifikation soll auch noch nach den schweren Prüfungen bei den kampfstarken Iren sowie danach im Topspiel gegen Hauptkonkurrent Schweden Bestand haben. „Wir wollen beide Spiele gewinnen“, erklärte der Bundestrainer vor der Abreise nach Dublin an diesem Donnerstag.

„Wir sind sehr positiv eingestellt“, betonte Löw, der am Mittwoch beim letzten Training in Frankfurt erstmals den kompletten 20-Mann-Kader zur Verfügung hatte. Einzig der Dortmunder Mario Götze konnte wegen Oberschenkelproblemen nicht das gesamte Übungsprogramm absolvieren, der Offensivspieler ist aber ohnehin in Irland nicht für die Startelf vorgesehen. Arsenal-Profi Lukas Podolski ist dagegen nach einer Blessur am Sprunggelenk wieder belastbar und spielfähig.

Löw sucht noch die richtige personelle Mischung für das erwartete Kampfspiel gegen die von Giovanni Trapattoni betreuten Iren. „Wenn man generell die Geschichte von Irland anschaut, dann weiß man, dass die irischen Mannschaften immer mit unglaublicher Leidenschaft kämpfen – in allen Sportarten“, äußerte Löw zur Kultur des Gegners.

Das Augenmerk in der Vorbereitung legt der 52-Jährige auf die Abwehrschulung. „Da haben wir an den Basics gearbeitet“, berichtete sein Assistent Hansi Flick. Anders als beim glücklichen 2:1-Sieg im vergangenen Monat in Österreich soll das deutsche Team im neuen Aviva-Stadion in Dublin wieder „eng und kompakt stehen, mit einer guten Ordnung“, wie Flick erläuterte: „Wir müssen alles abrufen!“

In den letzten Länderspielen „waren wir in der Defensive nachlässig“, gab Holger Badstuber zu. Der 23-Jährige, der beim FC Bayern derzeit als linker Verteidiger aushelfen muss, wird gegen die Iren wieder innen verteidigen. Für mehr Stabilität soll besonders Rückkehrer Bastian Schweinsteiger sorgen. „Er strahlt unglaublich starke Präsenz aus“, lobte Löw. Er ist zu Umstellungen in der Abwehrkette gezwungen. Lahm ist gesperrt, der zuletzt im Zentrum gesetzte Dortmunder Mats Hummels fehlt verletzt.

„Wir können es nicht ändern“, bemerkte Löw und versicherte: „Wir werden die Dinge so lösen, wie es sein muss.“ Flick benannte Jérome Boateng, Benedikt Höwedes und den nachnominierten Heiko Westermann als „Optionen“ für die Lahm-Position rechts hinten. Per Mertesacker wird wohl Hummels ersetzen, zumal bei den erwarteten „langen Bällen“ der Iren die Kopfballstärke für den England-Legionär spricht.

Löw bereitet seine Spieler auf einen rustikalen Fußball-Abend mit vielen Zweikämpfen und hohem körperlichen Einsatz vor. „Die Iren sind kampfstark und nicht die besten Techniker im europäischen Fußball. Wir müssen dagegen halten“, meinte der Münchner Toni Kroos: „Keiner fährt nach Irland und sagt, die schlagen wir jetzt mal 4:0, 5:0.“

Der letzte deutsche Sieg auf der grünen Insel liegt 33 Jahre zurück. Beim letzten Aufeinandertreffen gab es 2007 ein torloses Unentschieden, an das sich Schweinsteiger noch gut erinnert: „Es ist nicht einfach, dort zu gewinnen. Die Iren sind kämpferisch stark, spielen mit großem Herzen, haben mit Giovanni Trapattoni einen Trainerfuchs und ein leidenschaftliches Publikum.“ Aber Trapattoni fehlen auch einige verletzte Spieler.

Das letzte Siegtor gegen Irland erzielte Podolski im September 2006 mit einem abgefälschten Freistoß beim zähen 1:0 in Stuttgart. „Irland ist ein unangenehmer Gegner“, warnte der England-Profi. Im neuen Aviva-Stadion in Dublin würden die Gastgeber von „40 000 verrückten Fans“ nach vorne getrieben. „Aber wir haben die nötige Qualität, um da drei Punkte mitzunehmen“, erklärte Podolski, der wohl wieder auf der Bank sitzen wird. „Wenn man eine Joker-Rolle hat, fällt nicht gleich die Stimmung herunter“, bemerkte der in London beim FC Arsenal aufblühende Angreifer: „Mein Anspruch ist zu spielen. Aber ich werde die Trainer-Entscheidung immer akzeptieren.“

Um sich optimal zu wappnen, übten die deutschen Spieler schon in Frankfurt mit dem ungewohnten irischen Ball, der in Dublin zum Einsatz kommt. „Es ist von Vorteil, dass wir den Ball jetzt schon haben und sehen, wie er sich verhält bei Flugbällen, bei Pässen, wie er springt“, erläuterte Schweinsteiger. Am Spielgerät soll der Erhalt der „weißen Weste“ auf dem langen Weg zur WM 2014 nicht scheitern.

Die voraussichtliche deutsche Aufstellung

Neuer – Boateng, Mertesacker, Badstuber, Schmelzer – Khedira, Schweinsteiger – Müller, Özil, Reus – Klose