Der Streit beim FC Bayern München ist beigelegt. Trainer Jupp Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer legen Unstimmigkeiten bei.

München/Minsk. Dem Streit der Worte folgte die Versöhnung zwischen Trainer Jupp Heynckes und Sportvorstand Matthias Sammer. Bei einem Krisentreffen am Mittwochnachmittag an der Säbener Straße legte das Chefduo von Bayern München seine nach der ersten Saisonpleite aufgeflammten Unstimmigkeiten bei – Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge war der Bedeutung der Angelegenheit angemessen als Moderator dabei gewesen.

„In der Sache hat zwischen uns nie Uneinigkeit geherrscht. Wir arbeiten beide mit vollem Herzen und vollem Engagement für Bayern München“, sagte Heynckes. Alle würden gemeinsam an einem Strang ziehen, fügte Rummenigge hinzu. Und Sammer sagte: „Ich arbeite mit Jupp Heynckes jetzt seit Saisonbeginn täglich und sehr intensiv zusammen. Nicht unerfolgreich, wie die Leistungen zeigen. Ich wiederhole mich: Zwischen uns passt kein Blatt. Mögliche Unstimmigkeiten haben wir heute ganz schnell beigelegt.“

Bayern-Präsident Uli Hoeneß ermahnte Sammer und Heynckes dennoch: „Sie sind gut beraten, ihre kleinen Meinungsverschiedenheiten künftig intern auszutragen“, sagte er bei Sport1. Insgesamt nannte Hoeneß die Zusammenarbeit zwischen den beiden Protagonisten aber „sehr gut“.

Hoeneß hatte sich zuvor im Zwist zwischen Trainer und Sportvorstand weitgehend auf die Seite von Matthias Sammer geschlagen. „Er ist ein Partner des Trainers auf Augenhöhe und ich bin der Meinung, dass er das absolut machen kann. Damit fällt doch dem Jupp in keinster Weise ein Zacken aus der Krone“, sagte der 60-Jährige in Interviews mit mehreren Münchner Zeitungen. Er habe in 30 Jahren als Manager des deutschen Rekordmeisters „nichts anderes gemacht“ als derartige Kritik geübt.

Hoeneß selbst würde sich über Sammers Worte („zu lätschert“, „gallig“) bezüglich der Leistung der Mannschaft beim 2:0 gegen Werder Bremen „nicht aufregen. Aber wenn man empfindlich ist, so wie es der Jupp eben manchmal ist, dann ist es klar, dass man sich darüber aufregt“, führte er fort. Hoeneß betonte allerdings auch, dass Heynckes bei Bayern „einen super Job“ mache.

Nach der Rückkehr aus Weißrussland und dem Auslaufen auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße hatten sich Heynckes und Sammer zusammengesetzt. Der Trainer hatte dem Sportvorstand noch auf dem Flughafen in Minsk „Populismus“ vorgeworfen, nachdem Sammer trotz des 2:0-Erfolgs in der Bundesliga bei Werder Bremen öffentlich Kritik an den Spielern geübt hatte. Es folgte am Dienstagabend beim 1:3 gegen BATE Borissow (Weißrussland) die erste Saisonpleite für die Bayern.

Danach war Heynckes, als er die Pleite eine kurze Nacht überschlafen hatte, auf dem Flughafen von Minsk dann doch noch so richtig der Kragen. „Er weiß, dass es wichtig ist, diese Dinge in geschlossenen Räumen anzusprechen“, sagte der Coach von Bayern München in Richtung Sportvorstand Matthias Sammer: „Das ist Populismus, und den können wir hier nicht gebrauchen.“ Die heile Bayern-Welt hat Risse bekommen, auch wenn sich jetzt offiziell wieder alle lieb haben.

Noch am Abend hatte sich Karl-Heinz Rummenigge im Bankettsaal „Dolce Vita“ bemüht, die Wogen zwischen seinen beiden Sportchefs zu glätten – freilich am Ende vergeblich. Der Vorstandsvorsitzende von Bayern München verzichtete auf das große Donnergrollen nach der überraschenden Niederlage in der Champions League.

Rummenigge schwärmte bei seiner Ansprache weit nach Mitternacht erst einmal von der Stadt Minsk, um dann „nur noch kurz“ etwas zum Spiel anzumerken. „Es macht keinen Sinn, heute zu kritisieren“, fand Rummenigge. „Wir haben große Torchancen nicht genutzt, dann passiert, was in der zweiten Halbzeit passiert ist.“ Klassisch ausgekontert wurden die Bayern von einer weißrussischen Mannschaft, die zuvor noch nie ein Heimspiel in der europäischen Königsklasse gewonnen hatte.

Die Erfolgsserie ist nach neun Siegen hintereinander gerissen. „Die Niederlage tut weh“, sagte Rummenigge noch, weil die Bayern nun nach zwei Spielen statt auf dem angestrebten ersten Tabellenplatz nur auf Rang drei liegen. „Aber ich bin überzeugt, dass wir uns am Ende des Tages fürs Achtelfinale qualifizieren werden.“ Schwerer als der sportliche Rückschlag wiegen womöglich die Differenzen zwischen Heynckes und Sammer.

Dass Sammers Sicht der Dinge jedenfalls nicht ganz falsch war, bestätigten die Bayern am Dienstagabend in Minsk. Eine Spur zu behäbig traten sie auf, dazu leisteten sie sich Unsicherheiten in der Defensive. Holger Badstuber erkannte erste Anzeichen erlahmender Bereitschaft, sich an der Defensivarbeit zu beteiligen.

Die Niederlage kann auch der berühmte Schuss vor den Bug zur rechten Zeit sein. Heynckes fand die Niederlage „nicht so tragisch, wenn es die Mannschaft versteht, im nächsten Spiel zu reagieren“, sagte Heynckes, „da müssen wir Flagge zeigen.“ Auch Rummenigge fordert, „dass jetzt eine neue Serie beginnen muss, nachdem die alte geendet ist.“

Am Sonanbend gegen die TSG 1899 Hoffenheim wird sich weisen, ob der Auftritt in Borissow nur ein Ausrutscher oder doch der Beginn der typischen bayerischen Herbst-Delle war. Und die wiederentdeckte Liebe von Heynckes und Sammer tatsächlich Bestand hat.