Der FC Bayern München hat in der Champions League überraschend deutlich gegen FC BATE Borissow verloren. Sammer hatte zuvor gewarnt.

Minsk. Als Matthias Sammer mit den Bayern-Bossen noch beim Bankett mit gedämpfter Piano-Musik am festlich gedeckten Tisch saß, hatte sich Jupp Heynckes mit der Mannschaft längst aus dem Saal verabschiedet. Das 1:3 beim FC BATE Borissow in der Champions League war einigen bitter aufgestoßen. Mini-Lachstartar, Rindersteak oder Geflügel-Terrine hätten sich Spieler und Sponsoren lieber nach einem Sieg auf die Teller geladen. Und die Aussagen von Heynckes vor dem Spiel in Minsk über die jüngste Sammer-Kritik schmeckte ebenfalls nicht allen.

Nach einer kurzen Nacht untermauerte Trainer Heynckes am Mittwoch seine Kritik. „Ich weiß aus Erfahrung, dass es ganz wichtig ist, diese Dinge in geschlossenen Räumen zu artikulieren und nicht so nach draußen, weil das ist Populismus, und den können wir nicht gebrauchen“, erklärte Heynckes am Mittwoch am Flughafen in Minsk und mühte sich gleich zu beschwichtigen. „Ich denke, dass wir beide sehr gut zusammenarbeiten.“

Besänftigend hatte am Vorabend Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Restaurant Dolce Vita des Crown Plaza Hotels ins Mikrofon gesprochen. „Wir haben neun Spiele in Folge gewonnen, sehr überzeugend gespielt. Und ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns durch diese eine Niederlage jetzt nicht aus der Bahn werfen lassen“, sagte Rummenigge in seiner traditionellen Bankettrede. Im Hintergrund waren die Bässe aus der benachbarten Disco zu hören – zwischen Sammer und Heynckes gab es mehr als nur dumpfe Untertöne.

Nicht nur die Münchner Siegesserie war nach neun Erfolgen dahin, auch das vom Club viel gerühmte Verhältnis zwischen Trainer und Sportdirektor hatte einen ersten Kratzer bekommen. „Mit der Form, der Art und Weise war ich nicht einverstanden. Das habe ich ihm auch gesagt“, hatte der Trainer die von den Bossen gelobten Worte Sammers nach dem Sieg in Bremen beim Sky-Interview moniert. „Ich finde, dass die Kritik überzogen war. Ich finde auch, wir sollen die Kritik intern machen und nicht extern.“ Dabei hatte Sammer doch zuvor noch erklärt, dass der Auftritt mit Heynckes abgesprochen gewesen war. Davon war den Aussagen des 67-Jährigen aber nichts zu entnehmen.

Das Spiel im Liveticker

Sportvorstand Sammer war bemüht, den „Vorgang“ als „lange abgeschlossen“ und „völlig harmlos“ darzustellen. Auch die Reaktion von Heynckes könne er verstehen: „Der Trainer ist unmittelbar für die Mannschaft zuständig und muss ein starkes Bündnis bilden und die Spieler schützen.“ In Spielerkreisen hielt man sich bei dem Thema vorsichtig zurück.

„Ich kenne die Aussagen nicht, deswegen kann ich dazu nichts sagen“, meinte etwa Kapitän Philipp Lahm und fand die Sammer-Kritik vom Wochenende gar nicht schlimm. „Es ist sein gutes Recht, sich zu äußern, auch zu warnen, und so sehen wir Spieler das auch. Wir haben damit kein Problem.“ Auch nach Ansicht von Toni Kroos ist es Sammers „gutes Recht, seine Meinung zu sagen.“

Mit ernster Miene sprach Präsident Uli Hoeneß während des Banketts gleich gegenüber des Stadions kurz mit Heynckes, der beim bis dato erfolgreichen Rotieren die erste Niederlage kassierte. So war Bastian Schweinsteiger überraschend draußen geblieben, in der Zentrale konnten Javi Martínez und Luiz Gustavo dem Spiel nicht wie der Chef den Rhythmus geben. Mit Blick auf die nächste Aufgabe am Samstag gegen Hoffenheim beendeten Schweinsteiger & Co. nach einer halben Stunde ihre Bankettteilnahme.

„Wir müssen aus der Niederlage lernen, wir wissen jetzt, dass wir uns in der Champions League überhaupt nichts mehr erlauben können und punkten müssen“, sagte Heynckes am Tag nach dem bitteren 1:3 und blickte schon auf Hoffenheim am Samstag. Er verwies bei seiner Kritik an Sammers Auftritt darauf, dass man das „ganze Gebilde FC Bayern“ kennen und sehen müsse. Aber ob da sein Auftritt hilfreich war?

Im Team klangen selbstkritische Töne an. Bei den Kontern „müssen wir zusammen kompakt alle zurück und das war heute nicht der Fall“, meinte etwa Holger Badstuber. Thomas Müller riet, „die Lehren draus zu ziehen, aufmerksam zu werden und aufzuwachen“. Gerade beim schnellen Umschalten des achtmaligen weißrussischen Meisters wurden überraschende Lücken in der FCB-Defensive deutlich. „Ich denke, von der Einstellung her kann man der Mannschaft nichts vorwerfen“, betonte Manuel Neuer und forderte zwei Siege gegen Lille.

Nur auf Rang drei ihrer von Borissow angeführten Gruppe rangieren die Münchner, dagegen feierten Alexander Hleb und seine Mitspieler im Mittelkreis tanzend den ersten Heimsieg in der Gruppenphase der Champions League – und das gegen den FC Bayern. „Eine der besten Mannschaften der Welt“, wie der ehemalige Bundesliga-Profi Hleb betonte. Alexandr Pawlow (23. Minute), Witali Rodionow (78.) und Renan Bressan (90.+4) trafen für BATE. Franck Ribery (90.+1) schoss das Tor für die Münchner, die 62 Prozent Ballbesitz hatten.