John Terry reicht es: Obwohl er von einem Gericht freigesprochen wurde, ermittelt der englische Fußball-Verband weiter gegen ihn in der Rassismus-Affäre.

London. Verbittert und voller Vorwürfe gegen den eigenen Verband hat der ehemalige Kapitän John Terry seinen Rücktritt aus der englischen Nationalelf erklärt. „Ich habe das Gefühl, dass meine Position in der Nationalmannschaft unhaltbar geworden ist, nachdem die FA Schritte gegen mich eingeleitet hat in einem Verfahren, in dem ich vom Gericht freigesprochen worden bin“, erklärte Terry am späten Sonntagabend – was die FA zurückwies. „Ich kann nicht erkennen, warum wir seine Position im Team unhaltbar gemacht haben sollen“, sagte FA-Generalsekretär Alex Horne dem britischen Sender „Sky“.

Einen Tag vor seiner Anhörung in der Rassismus-Affäre durch die FA sorgte der 31 Jahre alte Verteidiger vom Champions-League-Sieger FC Chelsea für ein mittelschweres Erdbeben im englischen Fußball. Mit seinem Rückzug kam er wohl einem Rausschmiss zuvor.

Nationaltrainer Roy Hodgson reagierte betroffen. „Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich einen Spieler wie John mit seiner internationalen Erfahrung und seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten verliere“, sagte der 65-Jährige am Montag in einer FA-Stellungnahme. Er werde nicht versuchen, Terry umzustimmen. „Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass John vor seiner Ankündigung mit mir gesprochen hätte“, meinte Hodgson enttäuscht.

Terry gehört mittlerweile zu den Bad Boys des englischen Fußballs. Alkohol, Frauen, zuletzt die Rassismusvorwürfe: Nach 78 Einsätzen für die Three Lions ist das Kapitel Nationalmannschaft nun endgültig unrühmlich zu Ende gegangen. Zum Verhängnis wurde Terry eine Auseinandersetzung im Oktober 2011, als er seinen Gegenspieler Anton Ferdinand von Chelseas Londoner Lokalrivalen Queens Park Rangers auf dem Platz rassistisch beleidigt haben soll.

Monatelang wurde in Londons Fußball-Pubs gerätselt: Hat er es gesagt? Und wenn ja: Was hat er eigentlich gesagt? Der Westminster Magistral Court sprach den Innenverteidiger schließlich im Juli von den strafrechtlichen Vorwürfen frei. Doch Anton Ferdinand verweigerte Terry am Samstag vor einer Woche beim Aufeinandertreffen der beiden Londoner Clubs erneut den obligatorischen Handschlag.

Terrys Fazit nach fast zehn Jahren Nationalmannschaft klingt bitter. „Für mein Land zu spielen und das Team zu führen, davon hatte ich als kleiner Junge geträumt“, hieß es in seiner Erklärung. „Es war wahrlich eine große Ehre für mich.“

Bereits im Februar hatte der Verband dem Innenverteidiger die Kapitänsbinde abgenommen. Terry hatte sie erst kurz vorher vom häufig verletzten Rio Ferdinand übernommen – dem Bruder des Mannes, den er beleidigt haben soll. Weil die Entscheidung der Verbandsoberen wohl nicht ordentlich abgestimmt war, schmiss damals Nationaltrainer Fabio Capello hin.

Schon 2001 war der damals erst 20 Jahre alte Terry aus dem rauen Ost-Londoner Stadtteil Barking aufgefallen, als er betrunken am Flughafen Heathrow US-Touristen anpöbelte – kurz nach den Ereignissen vom 11. September. Ein Jahr später wurde er sogar festgenommen, nachdem er in einer Bar randalierte. Kurz vor der WM 2010 war er suspendiert worden, weil er eine Affäre mit der Ex-Freundin seines Nationalelf-Kollegen Wayne Bridge gehabt haben soll. Auf dem Fußballplatz ist der Mann mit dem Bürsten-Haarschnitt erfolgreicher. 64 Prozent der 78 Spiele, die Terry für England bestritt, gewannen die Three Lions.