Der Springreiter steht nach dem Urteil des Internationalen Sportgerichtshof CAS vor den Trümmern seiner Karriere.

Lausanne. Viel Geld verloren, den Makel des Doping-Sünders wohl für immer gewonnen: Für Springreiter Christian Ahlmann wurde das Urteil des Internationalen Sportgerichtshof CAS zu einem persönlichen Desaster. Der 34-Jährige aus Marl steht am Ende eines teueren Verhandlungs-Marathons als großer Verlierer da. Seine Reiter-Kollegen sind sprachlos, der eigene Verband (FN) in Warendorf sieht sich bestätigt, weil er die Klage vor den CAS gebracht hatte.

"Für Christian Ahlmann ist es eine schmerzhafte Entscheidung", sagte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach, der einen neuerlichen Imageschaden für den Reitsport nicht ausschließen will: "Das muss man jetzt abwarten." Immerhin haben die olympischen Reiterspiele nachträglich einen Doping-Fall erhalten. "So unerfreulich es auf der einen Seite ist, so gut ist es für uns, dass wir jetzt Gewissheit haben", sagte Lauterbach.

Der Verband hatte die erste Sperre durch den Weltreiter-Verband FEI über vier Monate (21. August bis 18. Dezember 2008) als "zu milde" eingestuft. Der Fund des im Wettkampf unerlaubten Capsaicin bei Ahlmanns Pferd Cöster in Hongkong wurde von der FEI "nur" als verbotene Medikation und nicht als Doping gewertet. Die FN zog vor den CAS, der Donnerstag auf Doping entschied und Ahlmann rückwirkend vom 21. August 2008 bis zum 20. April 2009 für acht Monate sperrte.

Deutliche Worte verlor Ahlmanns Vater Georg nach dem Urteil: "Der deutsche Verband wollte unbedingt einen Doping-Fall, jetzt hat er einen", sagte er der Recklinghäuser Zeitung. Ob sein Sohn nach dem erneuten Schock seine Karriere womöglich beendet, wollte der Senior nicht ausschließen: "Ich hoffe nur, dass er den Mut hat, weiter zu machen." Allerdings kündigte er Gegenwehr an: "Ich hoffe, die Herren vom Verband werden das Echo vertragen."

"Ich bin extrem überrascht und enttäuscht und fühle mich beschissen", lautete die erste Rekation von Ahlmann, der sofort vom Turnier im italienischen Arezzo abreiste. Sein finanzieller Schaden dürfte sich auf eine satte sechsstellige Summe addiert haben. Der Doppel-Europameister von 2003 muss alle Preisgelder, die er seit dem 18. Dezember erritten hat, zurückzahlen. Hinzu kommen Anwaltskosten und die Forderungen von rund 25.000 Euro für Transport- und Übernachtungskosten von Ross und Reiter bei Olympia, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erhob.

"Das Urteil ist eine Frechheit", sagte Ahlmanns Anwalt Ulf Walz, den vor allem die fehlende Begründung empörte. Der Nachweis, das Ahlmann das Capsaicin auf die Beine zur Minderung der Schmerzempfindlichkeit seines Pferdes und nicht zur Pflege auf den Rücken auftrug, konnte laut Walz auch bei der letzten Anhörung am 5. März nicht erbracht werden. "Es gab keine neuen Erkenntnisse", sagte der Anwalt.

Das Urteil könnte noch vor dem Schweizerischen Bundesgericht angefochten werden, doch das sei laut Walz eine "sehr hohe Hürde". Fraglich ist, wie die Begründung ausfällt. Mit der Erklärung ist erst in vier Wochen zu rechnen. Hinweise, wonach die von der FEI in der Zwischenzeit vorgenommene Neu-Einstufung von Capsaicin als Dopingmittel und nicht mehr als verbotene Medikation eine rechtliche Grundlage bildet, schloss Walz aus: "Es gilt ja die Rechtslage vom 21. August 2008."

Interessant bleibt, wie mit den anderen Fällen von Hongkong verfahren wird. Neben Cöster von Ahlmann wurden vier weitere Springpferde auf Capsaicin oder einen ähnlichen Stoff positiv getestet. In allen Fällen entschied die FEI auf Medikation. Dort seien laut Walz alle Einspruchs-Fristen abgelaufen, so dass es am Ende bei ähnlichen Vergehen unterschiedliche Urteile geben könnte. Nur der Fall des Norwegers Toni Andre Hansen ist beim CAS noch anhängig, doch da gehe es laut Walz nicht um die Frage Doping oder Medikation.

Im deutschen Reiterlager herrschte Ratlosigkeit. "Ich bin völlig überrascht. Ich dachte, nach dem Urteil der FEI seien alle Fakten auf dem Tisch", sagte Otto Becker. Der Bundestrainer will weiter an Ahlmann festhalten und ihn nach Ablauf der zweijährigen Sperre durch den Verband für Nationalteams wieder einsetzen. Während sich Ludger Beerbaum zu dem Fall vor Bekanntgabe der Begründung nicht äußern wollte, meinte Marco Kutscher: "Der einzige Trost ist, dass Christian am 20. April wieder reiten kann."