„Der feine Unterschied“. Philipp Lahm beschädigt mit der Veröffentlichung seines Enthüllungs-Buchs das Amt des DFB-Kapitäns. Unter anderem Felix Magath wirft Lahm nun Geldgier und Profilierungssucht vor.

Frankfurt/Main. Geldgier, Profilierungssucht, schlechter Stil: Philipp Lahm hat mit seinem Buch „Der feine Unterschied“ einen Sturm der Entrüstung losgetreten und zudem sein Amt als DFB-Kapitän beschädigt. Zwar ging Lahm am Donnerstag auf Schmusekurs zu Bundestrainer Joachim Löw, doch der 27-Jährige verspürt nun heftigen Gegenwind aus der Bundesliga. Nach Bayer-Sportchef Rudi Völler kritisierten zahlreiche Trainer wie Wolfsburgs Felix Magath und Hoffenheims Holger Stanislawski das brisante Enthüllungs-Buch von Lahm und warfen dem Außenverteidiger unlautere Methoden vor.

„Ich kann dazu nur eins sagen: So wird man keine Persönlichkeit! Jeder, der ein Buch schreibt, will dieses Buch ja auch verkaufen; sprich: Geld damit verdienen. Darum muss halt etwas drinstehen, was die Leute interessiert“, sagte Magath der Welt (Freitagsausgabe) und konnte sich einen kleinen Seitenhieb in Richtung Lahm nicht verkneifen: „Bevor ich ihn nach Stuttgart geholt habe, hat er im bezahlten Fußball keine Rolle gespielt.“ Auch Bremens Sportchef Klaus Allofs kann Lahms Motivation nicht verstehen. „Es gibt einfach gewisse Regeln, die man einhalten sollte.“

Stuttgarts Manager Bobic bewertet das Buch derweil als Vertrauensbruch. „Ich würde ihm nie mehr was erzählen. Es wird ihm schaden, Gratulation dazu! Ich verstehe das nicht und kann die Aussagen von Rudi Völler nur bestätigen. Muss er als aktueller Spieler ein Buch schreiben? Welchen Nutzen hat das? Es ist das Schlechteste, was Du als Spieler machen kannst!“, sagte Bobic. Bayer-Trainer Robin Dutt schlug in die gleiche Kerbe: „Das ist ein absolutes Tabu-Thema. Man kann nur froh sein, dass man nicht Teammitglied von Philipp Lahm ist, weil man nicht weiß, was in den nächsten fünf Jahren veröffentlicht wird.“

Auch Hoffenheims Trainer Holger Stanislawski warf Lahm „schlechten Stil“ vor. „Zu erzählen, was der oder jener nachts im Hotel macht. Das macht man nicht. Diese Leute haben in meinen Augen viel zu viel Zeit, sich über andere Menschen Gedanken zu machen. Das ist unfassbar und spricht auch dafür, wie uninteressant das eigene Leben ist. Zu meiner Zeit wäre das innerhalb unserer Mannschaft problematisch geworden“, sagte Stanislawski.

Zuvor hatte Lahm neben seinen Ex-Trainern Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und Louis van Gaal auch Magath attackiert. „Seine Tricks greifen nicht mehr, man kennt sie schon“, schrieb Lahm in seinem Buch, das bereits vor der offiziellen Veröffentlichung am Montag als Vorabdruck in der Bild-Zeitung für reichlich Wirbel sorgt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kündigte für Donnerstagabend eine offizielle Erklärung an.

Denn Lahm setzt damit seine Rolle als DFB-Kapitän aufs Spiel. Schließlich gilt in der DFB-Auswahl bereits seit Jahren der Ehrenkodex, dass Internas aus der Kabine nicht in die Öffentlichkeit getragen werden dürfen. Mit seinen Aussagen über die Abläufe bei der EURO 2008 hat Lahm diesen Kodex gebrochen. Helfen könnte Lahm das vertrauensvolle Verhältnis zum Bundestrainer. Denn nach der harschen Kritik an fast allen Trainern seiner bisherigen Karriere lobte Lahm zumindest Löw.

„Jogi Löw erweist sich schon bei den ersten Trainingseinheiten als gewiefter Taktiker. Es ist interessant, was er über jede einzelne Position zu sagen weiß, vor allem für einen Spieler, dem bisher kein Trainer Anregungen gegeben hat, wie er die Position des linken Verteidigers vielleicht interpretieren könnte“, schreibt Lahm, der erst seit dem Länderspiel gegen Brasilien und der zuvor erfolgten Ausbootung von Michael Ballack offiziell DFB-Kapitän ist.

Dagegen legte Lahm noch einmal gegen Rudi Völler nach. Laut Lahm war die deutsche Nationalmannschaft unter dem damaligen DFB-Teamchef Völler im Jahr 2004 nicht mehr als ein zusammengewürfelter Haufen von Freizeitkickern. „Ich glaube, dass damals viele Playstations geglüht haben. Das Training läuft erstaunlich locker ab. Mir kommt das so vor, als würden ein paar Kumpels miteinander in die Ferien fahren, um Fußball zu spielen“, schrieb der DFB- und Bayern-Kapitän in seinem Buch, das auch Verband bereits für helle Aufregung sorgt.

DFB-Präsident Theo Zwanziger und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach beschäftigt die Frage, wie man weiteren Schaden von der Nationalmannschaft fernhalten kann. Zumindest Rudi Völler sieht Handlungsbedarf. Als Kapitän hat Lahm reichlich Vertrauen verspielt. „Ich bin nun gespannt, wie die Nationalmannschafts-Führung damit umgeht“, sagte Völler.

Ex-Nationaltorhüter Toni Schumacher (damals 1. FC Köln) wurde nach seinem Buch „Anpfiff“ 1987 aus dem DFB-Team verbannt. Auch beim 1. FC Köln musste er gehen. Direkte Reaktionen von Lahms Klub Bayern München sind in den kommenden Tagen zu erwarten. Begeistert über die neuerliche Unruhe dürften Ehrenpräsident Franz Beckenbauer, Präsident Uli Honeß und Vorstandschef Karl-Heinz-Rummenigge gewiss nicht sein.