Der IOC-Chef reagierte mit Unverständnis auf die Worte des “Kaisers“. Der fordert nun den Bayerischen Verdienstorden für Katarina Witt.

Durban. IOC-Präsident Jaques Rogge blickt positiv in die Zukunft seines Verbandes. Eine erfolgreiche Programmpolitik, ein verschärfter Anti-Doping-Kampf, eine prall gefüllte Kasse und ein spannendes Bewerbungsrennen um die Sommerspiele 2020 sowie um seine Nachfolge seien Themen, die dienächsten Monate und Jahre bestimmten. Im Anschluss an die 123. Vollversammlung in Durban zog Rogge ein hochzufriedenes Fazit. „Es war eine Super-Session“, bilanzierte der Belgier am Samstag in Durban. Das IOC gehe gestärkt in die Zukunft. Er begründete noch einmal die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 an Pyeongchang mit der Eroberung neuer Märkte. Die Südkoreaner seien für „ihre Geduld, Beharrlichkeit und das Konzept neue Horizonte“ belohnt worden. Pyeongchang hatte am Mittwoch den Zuschlag erhalten. Die Entscheidung hatte beim deutschen Mitbewerber München für große Enttäuschung gesorgt.

Die harsche Kritik der deutschen Fußball-Legende Franz Beckenbauer, der als Glücksbringer und Last-Minute-Stimmenfänger vergeblich für die Münchner Bewerbung gekämpft hatte, wies Rogge zurück: „Am Ende des Spiels ist immer der Schiedsrichter schuld. Man konnte von ihm keine Freudensprünge erwarten“, meinte der 69 Jahre alte Belgier. Beckenbauer hatte nach dem 25:63-Stimmendebakel vor allem gegen die Zerrissenheit der europäischen IOC-Mitglieder gewettert: „Ich klage an: Die europäischen Mitglieder des IOC haben München verraten.“ Es würden allein Eigeninteressen regieren. Das sei furchtbar, so der „Kaiser“.

Er wünscht sich nun eine besondere Auszeichnung für Katarina Witt. "Die Kati würde ich vorschlagen für den Bayerischen Verdienstorden. Wie sie sich – als Sächsin – für die bayerischen Interessen eingesetzt hat, besser kann man es nicht machen“, sagte er der Passauer Neuen Presse (Samstagsausgabe).

Derweil zeigte sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nach der gescheiterten Münchner Bewerbung selbstkritisch. „Wir hatten viele Muskeln“, sagte Seehofer am Samstag im oberpfälzischen Neutraubling über das deutsche Auftreten bei der Entscheidung in Südafrika. Zwar sei die Münchner Bewerbung exzellent gewesen, man dürfe aber nicht übersehen, „dass auch anderswo Strategien entwickelt werden“.

Von den Vertretern der deutschen Bewerbungsgesellschaft forderte Seehofer Fairness ein. „Es gehört zum politischen Format, dass man solche Entscheidungen auch erträgt“, sagte Seehofer. Er beteilige sich nicht an der Debatte um etwaige Verschwörungstheorien.

Rogge betonte erneut, Pyeongchangs Sieg sei kein Trend. „Die erste Bedingung ist Qualität. Das nächste Mal könnten wir mit den Olympischen Spielen auch wieder in ein sogenanntes traditionelles Land gehen“, erklärte der Ober-Olympier. Er freute sich zudem über 594,6 Millionen Dollar auf dem IOC-Festgeldkonto, das Verbot von Injektionsnadeln bei den Olympischen Spielen 2012 in London und zwölf neue Disziplinen bei den Winterspielen 2014 in Sotschi.

Auch der Bieter-Wettbewerb um die Sommerspiele 2020 und der Wahlkampf um Rogges Nachfolge nehmen immer mehr Fahrt auf. Nur Rom hat sich bisher offiziell als Kandidat für das olympische Sommerspektakel in neun Jahren beworben. Von Madrid, Istanbul, Tokio liegen Absichtserklärungen vor, New York soll ebenfalls Interesse bekundet haben.

Gelassen beobachtet Rogge die taktischen Spielchen möglicher Präsidentschaftskandidaten. „Ich werde mit großem Vergnügen und Interesse aus der ersten Reihe zuschauen, mich nicht einmischen“, sagte er. Derzeit gebe es „mindestens ein halbes Dutzend“ geeigneter Kandidaten. Für IOC-Finanzchef Richard Carrion, selbst ein Anwärter, ist Thomas Bach Favorit auf das höchste Amt der Ringe-Organisation. „Kein Zweifel, im Moment ist er der stärkste Kandidat, das sagt jeder“, sagte Carrion der Nachrichtenagentur dpa. Der neue IOC-Präsident wird im September 2013 in Buenos Aires gewählt.

Gunilla Lindberg kehrte unterdessen am Samstag in die Exekutive der Ringe-Organisation zurück. Die 64 Jahre alte Schwedin, von 2000 bis 2004 schon einmal in der Exekutive, nimmt den Platz des Norwegers Gerhard Heiberg ein, dessen achtjährige Amtszeit endet. Lindberg ist seit 1996 im IOC und war zuletzt Vorsitzende der Evaluierungskommission für die Winterspiele 2018.